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1600 - Willkommen im Hades

1600 - Willkommen im Hades

Titel: 1600 - Willkommen im Hades
Autoren: Jason Dark
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wollen.
    Noch war es dunkel, und das würde auch in den Dolomiten nicht anders sein, obwohl dort die Zeit schon um eine Stunde weiter war. Das konnte nur von Vorteil für uns sein.
    Der Gerechte streckte mir seine Hand entgegen.
    »Komm bitte.«
    Ich fasste ihn an. Magische Reisen waren für mich beinahe schon Routine geworden und trotzdem immer wieder etwas Neues. Bei Glenda Perkins und Assunga lief der Vorgang anders ab als hier.
    Ich wusste, dass Raniel zu dem Zeitpunkt, wenn es sein musste, seine zweite Gestalt annahm. Dann würde er sich in einen Engel verwandeln und die Gesetze der Physik überwinden.
    Das geschah auch jetzt. Wir gingen die wenigen Schritte auf die Schlafzimmerwand zu und hätten eigentlich an einem bestimmten Punkt stehen bleiben müssen.
    Ich jedenfalls zuckte zurück. Das war eine normale menschliche Reaktion.
    Raniel ging weiter. Er zog mich einfach mit wie der Vater seinen kleinen Sohn.
    Ich prallte nicht gegen die Wand, denn sie löste sich plötzlich auf. So kam es mir vor.
    Und so ging ich auch den nächsten Schritt, der mich Hunderte von Kilometern entfernt an das neue Ziel brachte…
    ***
    Anna Eichler schlief. Manchmal wachte sie auf, öffnete die Augen, dachte nach und schlief irgendwann wieder ein.
    Es war ein ständiges Wechselspiel, das ihr alles mögliche brachte, nur keine Ruhe. Genau die wünschte sie sich herbei.
    Aber Anna konnte nicht schlafen. Im Sommer wäre es längst hell gewesen. Um diese Jahreszeit lastete die Dunkelheit noch über dem Land, aber es war nicht finster. Zwar schien draußen kein Licht, aber es gab eine weite, dicke und vor allen Dingen grelle Schneefläche, die den anbrechenden Morgen nicht so dunkel erscheinen ließ.
    Anna sah es, denn sie war aufgestanden und ans Fenster ihres Zimmers getreten. Es lag in der ersten Etage des Hauses. Die Wände waren dort leicht schräg und ließen den Raum relativ klein erscheinen. Aber er war auch gemütlich. Die Möbel waren rustikal. Bunte Gardinen hingen vor den Scheiben, deren untere Hälften jetzt mit Schneeresten beklebt waren.
    Annas Blick glitt über die Schneefläche hinweg. Die Aussicht war recht gut, und so konnte sie einen Teil des Ortes überblicken. Erst vor wenigen Minuten hatte es aufgehört zu schneien, und jetzt breitete sich eine tiefe Stille aus, wie man sie nur bei einem derartigen Wetter erlebte.
    Es war einfach wunderbar, und Anna hatte sich auf diesen Ausblick gefreut.
    Das war nun vorbei.
    Sie konnte die Vorgänge des vergangenen Abends und der letzten Nacht einfach nicht vergessen. Sie wusste leider auch, dass es nur der Anfang gewesen war. Es würde weitergehen, daran änderte niemand etwas.
    Sie fühlte sich plötzlich so klein, weil sie in den Kreislauf des Bösen geraten war. Und das trotz der Helfer oder Unterstützung.
    Dabei dachte sie an Bill Conolly, den Reporter. Er hatte ihr Hoffnung gemacht. Er hatte den Namen eines Freundes erwähnt, den Anna nicht vergessen hatte. John Sinclair.
    Ein Mann, der in London lebte und sich mit derartigen Phänomen auskannte.
    Aber der Weg von London bis nach Südtirol war weit. Es würde lange dauern, bis Sinclair hier eintraf. Zudem war bei diesen Schneemassen ein Durchkommen sowieso problematisch.
    Das ging also kaum.
    Aber da gab es einen zweiten Helfer. Diese Gestalt, die ihre Mutter vor dem Tod bewahrt hatte. Für Lisa war dieser Mann ein Engel, und Anna wollte sie in dem Glauben lassen. Es wäre auch zu schön gewesen, wenn die Engel ihre Region verlassen würden, um die Menschen zu unterstützen.
    Sie konnte nicht glauben, dass der geheimnisvolle Fremde zu diesen Wesen gehörte. Aber wer wusste da schon Genaueres? Sie hätte auch nie daran gedacht, in der Tiefe der Felsen eine derartige Entdeckung zu machen.
    Das war die Unterwelt. Das war der Hades. Oder zumindest ein Teil davon. Als sie daran dachte, empfand sie einen Schauer. Die Müdigkeit oder die Schwäche in ihrem Körper war wie weggeblasen. Anna fühlte sich in diesen Augenblicken wacher als zuvor, und sie beschloss, sich nach dem Duschen anzukleiden.
    Immerfort drehten sich ihre Gedanken um das Erlebte. Es war so real, aber zugleich so unwirklich, weil sie es sich einfach nicht erklären konnte.
    Hades, die Hölle, die Unterwelt. Ja, das gab es. Das war auch alles okay, wenn es sich um die Theorie handelte. Darüber hatte sie auch einiges lesen können. Aber in der Praxis?
    Sie wusste keine Antwort. Die Dusche hatte zwar ihre Lebensgeister zurückgeholt, das war aber auch alles
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