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16 Science Fiction Stories

16 Science Fiction Stories

Titel: 16 Science Fiction Stories
Autoren: diverse
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es falsch wäre, zu gleichgültig deswegen zu sein. Und doch reizte ihn irgendwie das Zufällige; auf gar keinen Fall aber wollte er irgendwelche Aufregungen.
    Ohne einen festen Plan gemacht zu haben, stand er auf und schnippte seine halb fertiggerauchte Zigarette fort, so daß sie über das Geländer der Terrasse hinunter über die Felsen flog. Dann drehte er sich um und ging in die Villa. In seinem kühlen, sauberen Schlafzimmer zog er sich langsam und sorgfältig an. Er wählte eine leichte Sommeruniform und machte sich sogar die Mühe, die Falten unter dem Gürtel geradezuziehen und die Auszeichnungen, die er errungen hatte, an seiner Brust zu befestigen.
    Jurko Andropow war mittelgroß, blond, stark und gesund – außerordentlich gesund. Er war dreißig Jahre alt. Er hatte blaue Augen. Über seine Stirn lief eine lange Narbe, die er sich zugezogen hatte, als er vor sechs Jahren in China aus einem zertrümmerten Flugzeug geschleudert worden war. Er war Pilot der Roten Armee, Major, und hatte während des Koreakrieges Einsätze geflogen.
     
    Von der Villa aus führte eine in die Felsen gehauene Treppe hinunter auf die Hauptstraße von Aluschta. Langsam schlenderte Jurko auf ihr hinunter, während er über die weißen Häuser und die Bäume der Parks hinwegblickte. Er schritt auf ein großes Café zu, von dem aus man zum Strand sehen konnte. Hier hatte er sich für mittags mit Olinka verabredet. Jetzt war es kurz nach zehn. Er setzte sich an einen Tisch und bestellte einen Kwaß. Nach einer Weile gesellte sich ein Bekannter zu ihm, ein Arzt aus Smolensk, der zur Erholung hier war. Sie spielten eine Partie Schach. Er gewann.
    Gegen zwölf kam Olinka. Sie war so alt wie Jurko, stammte aus Uzbek und war im Vergleich zu ihm dunkel. Sie gehörte einer Gruppe von Volkstänzern an, die zur Belohnung für eine erfolgreiche Tournee durch Ungarn und Rumänien in Aluschta Ferien machte. Jurko kannte sie seit sechs Tagen. Sie waren einander sehr zugetan. Ihr Zusammensein stimmte beide fröhlich.
    Sie gingen schwimmen, und Jurko war über die bewundernden Blicke, die andere Männer dem ebenmäßigen Körper der Tänzerin zuwarfen, stolz. Danach schlenderten sie zum größten Restaurant von Aluschta und nahmen ein kostspieliges Essen ein. Dann, bevor sie müde wurden, kauften sie Karten für eine Fahrt mit dem Motorboot entlang der Küste nach Jalta, zum Botanischen Garten und einem Badestrand. Am Abend kehrten sie nach Aluschta zurück und aßen Kaviarbrötchen und tranken süßen Krimsekt. Nach einem Spaziergang durch die monddurchflutete Landschaft kehrten sie in die Villa zurück und schlichen fast lautlos in Jurkos Schlafzimmer.
    Zwei Stunden später, gegen Mitternacht, küßte Jurko Olinka zum Abschied. Sie wußte nicht, wohin er ging. Sie stellte ihm Fragen. Aber Jurko sagte nur: »Ich werde versuchen, dir zu schreiben, Olinischka.« Sie nickte und sah ihn prüfend an. Dann verließ er sie.
    Vor der Villa wartete eine dunkle Limousine. Jurko kletterte hinein. Wenige Stunden später, in einem Militärtransportflugzeug, das nach Osten über das Kaspische Meer flog, überdachte Jurko die Ereignisse des Tages, erlebte ihn in Gedanken noch einmal von Anfang bis Ende. Es war ein seltsamer Tag gewesen – ein guter Tag, entschied er. Aber warum seltsam? Dieser Tag hatte doch nichts Besonderes gebracht? Die Antwort kam mit plötzlicher Klarheit; während der letzten paar Stunden hatte er all die Dinge getan, die ein Mann tun konnte – er hatte gelebt und geatmet, gesehen, gehört und gerochen, hatte seine Muskeln und seinen Verstand gebraucht, gegessen, getrunken und geliebt – aber, und das war wohl das Geheimnis, er hatte all dies in dem Bewußtsein getan, daß es etwas Kostbares war. Das machte den Unterschied aus.
    Während er noch in Gedanken bei Olinka weilte, schlief er ein.
     
    Das Startfeld war geräumt, und der Countdown hatte begonnen. Dewjat, wossem, sem, sehest, pjat, tschetyre …
    Jurko fühlte sich unbeschwert und von allem Alltäglichen losgelöst, während er den ruhigen Worten im Kopfhörer lauschte; er fühlte, wie sein Puls schlug, fühlte, wie er hart schluckte, um die Trockenheit in seiner Kehle zu mildern, erkannte das leere Gefühl, das man bei einer ungeheuren geistigen und körperlichen Anspannung im Magen verspürt, er beobachtete, wie sich allmählich Furcht in ihm ausbreitete.
    … tri, dwa, ODIN!
    Die Beobachter in den Kontrollstationen, die durch gefärbte Glasscheiben blickten, waren benommen
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