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1593 - Der Hexentöter

1593 - Der Hexentöter

Titel: 1593 - Der Hexentöter
Autoren: Jason Dark
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sah sie die Quelle.
    Die Lampe hing von der Decke. Sie erinnerte an einen auf den Kopf gestellten Kelch, der mit Stoff bespannt war und durch seine Form dafür sorgte, dass dieses Licht nur auf eine bestimmte Stelle fiel.
    Es war der runde Tisch. Er bildete so etwas wie den Mittelpunkt des großen Raumes, und sie sah auch, dass der Tisch leer war und eine schwarze Oberfläche hatte, auf der sich das Licht allerdings nicht spiegelte. Es sah mehr so aus, als würde es von der Fläche geschluckt werden.
    Sprechen konnte sie nicht. Ihre Kehle war dicht. Und der Grund dafür saß bewegungslos auf einem Stuhl am Tisch.
    Sie sah eine Gestalt, deren Körper nach hinten gedrückt war und von einer hohen Lehne gehalten wurde.
    Das auf den Tisch fallende Licht reichte nicht ganz bis zu der Gestalt, aber Emily Spencer stellte trotzdem fest, dass es eine Frau war, die auf dem Stuhl saß, und das konnte nur die Hexe Melinda sein.
    Sie sagte nichts.
    Sie saß nur still.
    Es gab nicht das geringste Zeichen einer Begrüßung, obwohl Emily nicht unangemeldet kam.
    Ihr innerliches Zittern übertrug sich auf ihre Gliedmaßen. Sie verspürte plötzlich ein intensives Gefühl der Abwehr. Sogar der Gedanke an Flucht kam ihr, doch sie konnte ihn nicht in die Tat umsetzen. Etwas hielt sie in den Klauen, und plötzlich hatte sie das Gefühl, einen leichten Stoß in den Rücken zu bekommen, der sie nach vorn trieb.
    Sie räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen, und hoffte, dass sich die Frau am Tisch bewegte, die eingeschlafen zu sein schien.
    Das zumindest nahm die Besucherin an. Sie wollte bewusst nicht an eine andere Möglichkeit denken, obwohl sie nicht die Augen davor verschließen konnte, denn als sie nahe der Frau stehen blieb, wunderte sie sich, dass sie von ihr nichts hörte. Kein Atmen oder Schnarchen, was bei einer Schlafenden normal gewesen wäre.
    Zwangsläufig wurde die böse Ahnung in ihr stärker. Es war schrecklich, und sie hörte sich selbst laut atmen.
    Ein letzter Schritt, und sie stand so dicht vor dem runden Tisch, dass sie seine Kante berührte.
    Sie sah jetzt besser.
    Aus ihrem Mund drang ein leises Stöhnen. Das Licht reichte zwar nicht ganz aus, um das Gesicht der Frau zu beleuchten, aber auch in diesem schwachen Muster aus Helligkeit und Schatten, das den Körper er Hexe überfloss, war das Grauen zu sehen.
    Unterhalb des Kinns zeichnete sich etwas Dunkles ab. Gut zu erkennen, weil der Kopf in den Nacken gelegt war. Es sah aus wie ein an den Rändern zerfranster Schal.
    Ein echtes Mordopfer hatte Emily noch nie in ihrem Leben zu Gesicht bekommen. So etwas kannte sie nur aus dem Fernsehen, und jetzt stand sie vor einer Toten, was sie nicht begriff. Es war schrecklich, denn dieses dunkle Streifengebilde an ihrem Hals konnte einfach kein Schal sein. Zudem sah Melinda aus wie eine Puppe. Keine Bewegung, kein Atmen.
    Was sie in den folgenden Sekunden tat, darüber wunderte sich Emily selbst. Sie hatte die Gedanken ausgeschaltet, sie reagierte wie ein Automat. Sie ging auf leisen Sohlen und war so gut wie nicht zu hören.
    Als wollte sie die Ruhe des Todes nicht stören.
    Neben der Frau blieb sie stehen.
    Melindas Haar war rötlich gefärbt. Ein bleiches, starres Gesicht. Ein Umhang als Kleidungsstück.
    Das nahm sie alles wie nebenbei wahr, denn sie starrte unentwegt auf die Stelle unter dem Kinn. Als sie sich bückte und den Kopf vorstreckte, da erkannte sie die ganze grausame Wahrheit.
    Melinda lebte nicht mehr, weil ihr jemand die Kehle durchgeschnitten hatte…
    ***
    Obwohl sie in den vergangenen Sekunden damit gerechnet hatte, war sie trotzdem geschockt. Es konnte die unmittelbare Nähe der Toten sein, aber auch die Tatsache, wie man sie umgebracht hatte.
    Sie hörte, wie ein fremd klingender Laut aus ihrem Mund drang. Dann schüttelte sie den Kopf und trat einen Schritt zurück. Es war mehr ein Zufall, dass sie dabei die Wange der Toten berührte und eine erneute Feststellung machte, mit der sie nicht gerechnet hatte.
    Die Haut fühlte sich noch warm an. So wie bei einem lebendigen Menschen.
    Die Frau war erst vor Kurzem ums Leben gekommen, das stand für sie fest. Und wenn der Mörder nicht durch eines der Fenster geflohen war, hätte sie ihn sehen müssen, es sei denn, es gab in diesem Haus noch eine Hintertür.
    Das waren zwei Möglichkeiten. Aber es gab noch eine dritte. Und die konnte Emily Spencer gar nicht gefallen. Es war möglich, dass sich der Mörder noch im Haus aufhielt.
    Dieser Gedanke sorgte
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