1588 - Das Horror-Grab
tobten die Gedanken und bildeten ein wirres Durcheinander.
Er hatte sich in Klara verliebt und war froh gewesen, dass sie einander begegnet waren. Er hatte keine Fragen gestellt. Er hatte sie so akzeptiert, wie sie war, und er hatte es nicht bereut. Er war sehr froh darüber gewesen, endlich eine Frau gefunden zu haben, mit der er so wunderbar harmonierte.
Klara hatte sein Leben auf den Kopf gestellt. Er konnte es nie erwarten, nach Hause zu kommen, wenn der Dienst beendet war. Da gab es keine leere Wohnung mehr. Es war wunderbar gewesen, wenn Klara ihn empfangen hatte. Er brauchte am Abend auch nicht mehr wegzugehen.
Die beiden waren sich selbst genug.
Und jetzt dies!
Diese wirklich grausame Überraschung, die ihn mit der Wucht eines Keulenschlags getroffen hatte. So etwas konnte es einfach nicht geben, und so ging er inzwischen davon aus, dass er unter Halluzinationen litt, und er schämte sich dafür, dass er die Polizei eingeschaltet hatte. Ein Zurück gab es nicht mehr, und so konnte er nur hoffen, dass sich alles im positiven Sinne klärte.
Jedenfalls gab es Klara noch. Er hatte sie auf dem Friedhof gesehen, doch er konnte sich nicht vorstellen, warum sie so plötzlich verschwunden war. Zeugte das nicht von einem schlechten Gewissen?
Die nächsten Tage würden es ergeben. Er musste erst mal gedanklich zur Ruhe kommen. Anschließend war immer noch Zeit, die Dinge wieder ins Lot zu rücken.
Als er das Haus erreichte, in dem er wohnte, ließ er seinen Blick an der grauen Fassade entlang in die Höhe gleiten. Dieses Gebäude war alles andere als eine Offenbarung. Der Zahn der Zeit hatte an der Fassade genagt. Die hohen Fenster hatten nur einfaches Glas, und wenn es stürmisch war, zog es in den Zimmern.
Es gab keinen Lift, nur die Treppe, die er zum Glück nicht sehr hoch steigen musste. Über seine Mitmieter wusste er so gut wie nichts. Es waren zum größten Teil Namen, die aus dem nichteuropäischen Raum stammten. Ärger mit den Leuten hatte er nie gehabt, aber er lud sie auch nicht gerade in seine Wohnung ein.
Dass Kinder in den einzelnen Etagen wohnten, störte ihn auch nicht. Nur dann, wenn sie zu laut waren, ärgerte er sich. Ansonsten sah er die Dinge recht locker.
Die Haustür musste er nicht erst öffnen. Sie stand weit auf und wurde durch einen Keil gehalten. Der sich anschließende Flur wurde von den Kindern als Rennbahn benutzt. Auf ihren Skateboards hockend glitten sie auf die Tür zu und rollten sogar über die Stufen der Treppe hinweg nach draußen.
Das alles war Fleming nicht neu. Er wich den Kindern aus und ging auf die alte Treppe zu, deren Steinstufen schon ziemlich ausgetreten waren.
Noch immer in Gedanken stieg er mit müden Bewegungen die Stufen hoch. Er sah aus wie Mensch, der unter einer schweren Bürde litt, und so fühlte er sich auch.
Fleming wusste noch nicht, was er unternehmen sollte, wenn er in seiner Wohnung war.
Am besten war es, wenn er sich hinsetzte, zur Flasche griff und sich einen Rausch antrank. Dann glitt er in einen Zustand hinein, in dem er alles vergessen konnte.
Aber es gab auch ein Erwachen, und das würde dann recht böse sein.
So etwas wollte er sich nicht antun.
Mit diesen Gedanken schloss er die Tür auf. Er hatte sie mit zwei Schlössern gesichert, schob sie nach innen und blieb auf der Schwelle stehen.
Die Wohnung war nicht groß. Ein Wohnraum, ein kleines Schlafzimmer und ein Bad mit einer nachträglich eingebauten Dusche, die man nur als Nasszelle bezeichnen konnte.
Sein Weg führte ihn in den Wohnraum. Während er die Tür aufdrückte, spielte er mit dem Gedanken, sich vor die Glotze zu setzen und sich berieseln zu lassen.
Dieser Vorsatz allerdings war wie fortgewischt, als er sah, wer da auf seiner schmalen Couch saß und ihn anlächelte.
Es war Klara Wellmann!
***
Plötzlich tobten in seinem Kopf zahlreiche Gedanken. Er öffnete den Mund und wusste nicht, was er sagen sollte. Die Gestalt seiner Freundin verschwamm zudem vor seinen Augen, als wollte sie sich bewusst auflösen. Was er da sah, war einfach verrückt, nicht zu fassen, und er konnte es auch nicht glauben.
»Hallo, Vic…«
Eine sanfte Stimme erreichte seine Ohren, und noch immer war er nicht in der Lage, die Situation zu begreifen. Mit allem hatte er gerechnet, nur damit nicht.
Er spürte, wie das Blut aus seinem Kopf wich und Schweißperlen auf seine Stirn traten.
»Du?« Mehr brachte er nicht hervor und schüttelte zudem den Kopf.
»Ja, wie du siehst!«
»Aber
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