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1577 - Der Engelssohn

1577 - Der Engelssohn

Titel: 1577 - Der Engelssohn
Autoren: Jason Dark
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ich. Aber das ist der reine Wahnsinn. Das kann ich nicht fassen.«
    Matthias hatte sich so weit umgedreht, dass er den Jungen anschauen konnte. Es war lächerlich, wenn man die Größe der beiden verglich.
    Die beiden schauten sich an. Eigentlich hatte ich erwartet, dass Matthias anfangen würde zu lachen, doch das tat er nicht. Er schien in dem Jungen einen Feind zu sehen, der ihm gefährlich werden konnte.
    Gabriel streckte ihm beide Hände entgegen. Er hielt sie schräg hoch, damit er auch verstanden wurde.
    »Was willst du?«
    »Dich holen!«
    »Wohin?«
    »Dorthin, wo du hingehörst. In das andere Feuer und nicht mehr in das der Hölle.«
    »Lächerlich, du Wurm. Das ist wirklich lächerlich. Denkst du denn, du kannst mich aufhalten?«
    »Nicht ich, aber meine Kraft. Du dienst Luzifer, der mal ein Engel gewesen ist, und ich gehöre zur anderen Seite. Ich bin ein Schutzpatron, auch wenn ich für dich lächerlich aussehe und die Menschen mich ebenfalls nicht ernst nehmen. Aber in meiner Welt gelten eben andere Regeln.«
    Matthias hatte seine Überraschung verdaut. Er amüsierte sich sogar und ging danach auf den Vorschlag des Kindes ein.
    »Gut, ich tue dir den Gefallen.« Auch er streckte die Arme aus und umfasste mit einem Klammergriff die beiden kleinen Hände und die Gelenke.
    Es war genau das, was der Engelssohn gewollt hatte. Plötzlich löste sich aus seinem Mund ein schrilles Lachen, und es geschah etwas, das uns den Atem raubte…
    ***
    Es war der Urkampf der Urgewalten, denn hier trafen zwei gegensätzliche Kräfte aufeinander, und es konnte dabei kein Unentschieden geben, nur einen Sieger.
    Beide hielten sich gegenseitig fest. Sie waren praktisch aneinander geklammert, und für uns Zuschauer sah es so aus, als würden sie beide explodieren.
    Da war zum einen Luzifers blaues Licht.
    Aber es gab die Gegenkraft, und sie ging von einem kleinen Kind aus, das für uns nicht mehr zu sehen war, denn der kleine Körper löste sich in einem gewaltigen Lichtblitz auf, der wie ein Speer in die Bläue hineinraste.
    Von Matthias war noch der Körper zu sehen, von Gabriel nicht mehr. Der Engelssohn war in eine andere Energieform verwandelt worden, und dieses helle Licht überdeckte das andere.
    Plötzlich fing es an zu rotieren. Es verwandelte sich in einen Ball, der sich um die eigene Achse drehte, sich erhob und schwungvoll gegen die Decke raste.
    Ich rechnete damit, dass er zurückprallen würde, aber es gab für ihn keinen Widerstand. Er jagte einfach hindurch. Er verschwand, aber er war in dem Sinn nicht richtig weg, denn wir hörten noch den gellenden Schrei, der uns aus der Unendlichkeit zu erreichen schien.
    Als Echo tobte er noch länger durch den Gang. Dann sank er in sich zusammen, und es wurde still.
    Beide waren nicht mehr zu sehen…
    ***
    Sophie Blanc bewegte sich als Erste. Sie drehte sich um und hob die Schultern an. In ihren Augen schimmerten Tränen.
    »Er hat es geschafft«, flüsterte sie, »er hat es tatsächlich geschafft. Gabriel hat sich für uns geopfert. Ja, das hat er.«
    Godwin und ich wussten auch nichts anderes zu sagen. Jedenfalls war die Gefahr gebannt. Ob Matthias überlebt hatte, wusste keiner von uns.
    Godwin nahm seine Frau in die Arme. Eng umschlungen standen sie da.
    Obwohl sie flüsterten, hörte ich, was sie sagten.
    »Ich hätte ihn so gern behalten, Godwin.«
    »Ja, das glaube ich dir.«
    »Aber er war so anders. Ich glaube auch nicht, dass die menschliche Gestalt seine richtige gewesen ist. Gabriel stammt aus einer anderen Welt, und er hat mir das Gefühl eines Schutzengels gegeben.«
    »Vielleicht war er auch dein Schutzengel.«
    »Ja, so sehe ich es auch.«
    Ich ließ die beiden allein.
    An der Leiche des Templers ging ich vorbei in Godwins Büro. Ich setzte mich hinter den Schreibtisch und schloss für eine Weile die Augen. Die Ruhe brauchte ich jetzt, um mein inneres Gleichgewicht wiederzufinden.
    Der zweite Angriff Luzifers war abgewehrt worden. Leider nicht durch mich, aber das spielte im Endeffekt keine Rolle.
    Ob Matthias nochmals zurückkehrte, wer konnte das wissen? Ich für meinen Teil hoffte, dass er für immer verschwunden blieb.
    Nach diesem Gedanken öffnete ich die Augen wieder.
    Ich musste telefonieren. Nicht mit London. Zunächst war Rom an der Reihe, wo mein alter Freund Father Ignatius bestimmt auf eine Nachricht wartete.
    Dieses Mal konnte er zufriedener sein als bei meiner ersten Begegnung mit dem abtrünnigen Agenten der Weißen Macht…
    ENDE
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