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1564 - Wenn die Toten sprechen

1564 - Wenn die Toten sprechen

Titel: 1564 - Wenn die Toten sprechen
Autoren: Jason Dark
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einen normalen Satz von sich gegeben, aber in dieser Situation kam er mir schon recht bedeutungsvoll vor. Ich war gespannt, wie es weitergehen würde.
    Maria fasste mich an der rechten Hand.
    »Gehen wir?«
    »Wenn du willst.«
    »Bis später!«, sagte Suko. Er zwinkerte mir zu, und Maria und ich gingen los. Ich hatte keine Ahnung, wohin sie mich bringen würde.
    Ich rechnete damit, den Friedhof zu verlassen, doch das traf nicht zu, denn wir blieben auf dem Gelände. Wir gingen dorthin, wo Buschwerk und Bäume fast aussahen wie ein Dschungel.
    »Und jetzt?«, fragte ich.
    »Lass dich überraschen.«
    »Ich bin gespannt.«
    Sie drückte meine Hand fester. »Das kannst du auch.«
    Und so gingen wir weiter auf das Dickicht zu. Schon bald musste ich mich bücken, um überhaupt weitergehen zu können.
    Dann waren wir am Ziel.
    Es war ein Grab, und es war auf den ersten Blick nicht zu erkennen.
    Eine Steinplatte lag auf dem Boden. Sie war von Pflanzenresten befreit worden, und ich konnte es kaum glauben, es war sogar ein Name zu lesen.
    Kalt rann es mir den Rücken hinab. Ein leichter Schock hatte mich erwischt, aber ich hatte mich nicht verlesen.
    Maria Conti, las ich.
    »Hier wohne ich«, sagte sie und ließ meine Hand los…
    ***
    Es war wirklich eine Überraschung, mit der ich nicht gerechnet hatte.
    Und ich glaubte ihr, ich nahm es hin. Maria war eine Tote, die lebte, doch ich stufte sie nicht in die Rubrik Zombie ein. Sie war etwas anderes, etwas völlig anderes.
    »Glaubst du mir?«, fragte sie.
    Ich musste reagieren, hob die Schultern und kam mir irgendwie völlig daneben vor. Doch ich fing mich schnell und sagte mit leiser Stimme: »Du bist tot und doch nicht tot?«
    »Ja, so ist es.«
    »Soll ich weiterhin Fragen stellen?«
    »Nein, John, das ist nicht nötig. Ich werde dir aber eine Erklärung geben, denn ich habe nicht alles gesagt. Als man mich aus dem Kloster entführte, geriet ich in die Hände dieser Teufelsanbeter. Und ich entkam ihnen nicht. Sie haben mich dem Satan geopfert. Meinen Körper konnten sie vernichten, meine Seele jedoch nicht. Und das haben auch die himmlischen Mächte gewusst, zu denen ich immer gebetet habe. Sie haben durch ihre Macht für meine Rückkehr gesorgt. Aber sie haben mich nicht wieder lebendig machen können. Ich bewegte mich in einem Zwischenstadium, und auch nicht für immer. Ich habe meine Pflicht getan. Ich habe Menschen retten können. Sogar recht viele, von denen du nichts weißt. Auf der ganzen Welt ist dies geschehen. Ich fühlte mich schuldig, und nun habe ich meine Schuld abgetragen. Mein Gewissen ist wieder rein. Ich werde jetzt dorthin gehen, wo man bereits auf mich wartet, und es wird mich niemand aufhalten können. Und so wird das unser Abschied sein, John. Es war toll, und es hat mir viel gegeben, dich getroffen zu haben. Nun aber ist es für mich Zeit zu gehen. Lebewohl…«
    Sie ging einfach davon.
    In meiner Kehle steckte ein Kloß, sodass ich es nicht fertigbrachte, auch nur ein Wort zu sagen.
    Obwohl sich Maria nicht mehr umdrehte, hob ich mit einer schwachen Bewegung die rechte Hand und winkte ihr nach.
    Sie ging dorthin, wo man eigentlich nicht hingehen konnte, weil das Gesträuch zu dicht war. Es störte sie nicht. Es gab keine Hindernisse für sie.
    Maria ging hindurch und verschwand.
    Diesmal für immer…
    ***
    Obwohl ich die Sirene des Krankenwagens hörte, ging ich nicht gleich zurück.
    Ich blieb vor dem Grab stehen, schaute auf die Schrift und sah die Buchstaben vor meinen Augen verschwimmen.
    Hier war sie also vor langer Zeit ermordet worden, aber dann hatte man sie wieder zurück in diese Welt geschickt. Welch ein Phänomen!
    Ich musste mir eingestehen, dass es immer noch wieder Neues für mich gab. Die Mächte und die Welten, die man nicht sah, waren letztendlich doch so stark, dass sie manchmal unser Leben bestimmten.
    Wie lange ich vor dem Grab gestanden und Abschied genommen hatte, wusste ich nicht. Irgendwann rief mich die Pflicht wieder dorthin, wo ich gebraucht wurde.
    Mein Kopf steckte noch voller Gedanken und Überlegungen.
    Das sah auch Suko mir an, der bei den Kollegen stand und auf mich zukam, nachdem er mich entdeckt hatte.
    »Wo ist Maria?«
    »Nicht mehr da.«
    »Warum das denn?«
    Ich schlug ihm auf die Schulter und sagte leise: »Das, mein Freund, ist eine lange Geschichte…«
    ENDE
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