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1552 - Tolots Terror

Titel: 1552 - Tolots Terror
Autoren: Unbekannt
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stolz war. Sie hatten viel geschafft in den letzten Jahren.
    Sechs Hügel bildeten die Grundfläche der Mondstadt.
    An ihren Hängen lagen in harmonischer Ordnung die Häuser, Gärten und Schalensysteme. Man konnte sich wohl fühlen, wenn man wollte, und die Einwohner, die Betreiber der Stadt, wären nie bereit gewesen, ihre Heimat zu verlassen.
    In der Mitte von Sagno Ciff erstreckte sich der Park der Lebenssträucher.
    Keiner der Gäste hatte dort Zutritt. Dies war die einzige Zone, die ganz der Umgebung auf dem Ursprungsplaneten nachempfunden war. Mehr als vierhundert Kima-Sträucher beherbergte der Park, denn nicht alle Linguiden mochten die Sträucher in der Wildnis des Mondes sehen. Viele brauchten ihre Nähe, und manche besuchten sogar täglich zur Meditation diesen stillen Ort.
    Nicht so Nan Vonantos, das wußte Prina.
    Einmal hatte die alte Frau ihr ihren Lebensstrauch gezeigt; eine große Schale aus Naturgestein, die ihr Vater für sie behauen hatte. Er hatte mit einem Meißel vier Tage und vier Nächte dafür gebraucht.
    Erst dann hatte er Erdreich herangeschafft, eine Schutzschirmkuppel installiert und Nans Kima-Strauch gepflanzt.
    Nun mußte Prina die Schlucht wiederfinden.
    Zehn oder zwölf Kilometer nördlich, wenn sie sich recht erinnerte.
    Sie brachte den Ciffton-Pfeil auf hundert Meter Höhe. Die zerklüftete Landschaft des Mondes zog still unter ihr vorbei. Formationen aus Meteoritenkratern, dazu langgestreckte Rinnen, die aussahen wie ehemalige Flußbetten. Das Auf und Ab aus Bergen und Senken wirkte beruhigend. Hier fühlte sich Prina Mauenhaudi im Frieden mit der Natur und mit sich selbst.
    Und da war auch die Schlucht.
    Die charakteristische Sichelform hätte sie noch nach zehn Jahren wiedererkannt. Mit geringer Geschwindigkeit ließ sie den Ciffton-Pfeil hinabtauchen. Aus dem Lenker fiel helles Scheinwerferlicht in die Schlucht.
    Ganz am Ende, dachte sie.
    Schwaches, silbriges Leuchten zeigte den Ort an. Umsäumt von einem Einschnitt im Fels wuchs der Lebensbaum. Der Schutzschirm hielt noch immer, nach all den Jahren, und die dünne Schicht Erde im Topf hätte keine andere Pflanze solange überleben lassen.
    Ein Kima-Strauch jedoch...
    Vielleicht wäre er sogar im Vakuum lange Zeit am Leben geblieben.
    Ein solcher Strauch war untrennbar verbunden mit dem Leben des Linguiden, den er repräsentierte. Kima-Sträucher waren Symbole des Lebens; und mehr noch. Manchmal dachte sie, ein Kima-Strauch wäre das Leben selbst. Ein Gefäß, worin die Energie eines Linguiden gesammelt war, und das nach dem Entleeren verwelkte.
    Nan Vonantos Strauch war nur noch ein Schatten einstiger Größe.
    Arme Nan, dachte sie. Aber dann: Ich weiß, daß du glücklich bist.
    Ich darf es nicht vergessen.
    Mit einem Funkimpuls schaltete sie den Schutzschirm auf Besucher-Modus.
    Prina ließ den Ciffton-Pfeil zu Boden sinken und beobachtete, wie sich das Schutzfeld auf mehrere Quadratmeter Grundfläche aufblähte.
    An einer Stelle wurde das Feld durchlässig. Vorsichtig trat sie hindurch. Die Frau klappte den Helm zurück und atmete dünne, abgestandene Luft.
    Der Strauch war fast zwei Meter hoch - und sie musterte mit Wehmut das einst vor Lebenskraft berstende Gewächs. Heute jedoch hingen die ovalen Blätter verdorrt herab. Die Äste neigten sich in Richtung Boden. Doch es war kein Bild des Jammers, eher ein Bild voller Würde.
    Prina setzte sich geduldig hin.
    Eine halbe Stunde später fiel plötzlich das erste Blatt, dann waren es ein Dutzend. Prina beobachtete reglos inmitten der Sphäre verbrauchter Luft. Erst lange Zeit später war der Lebensstrauch kahl.
    Nan war gestorben.
    Nur in Wurzelnähe sah sie noch frisches Grün. Prina schob die herabgefallenen Blätter beiseite und förderte einen lebendigen Zweig zutage. Dieser war als einziger übriggeblieben, und sie trennte ihn mit Vorsicht vom leblosen Strauch.
    Welch ein kostbarer Schatz. Die eigentliche Tragödie in Nans Tod lag darin, daß sie dies nicht mehr selbst hatte tun können.
    Prina öffnete ihren Anzug und schob den Zweig unter die Kleidung. Sekunden später verließ sie den Kima-Strauch. Hinter ihr erlosch für immer der Schutzschirm
     
    3.
     
    Der junge Aramus Shaenor war auf dem Weg hierher. Prina fühlte in sich Aufregung; als stünde die Verwirklichung eines lange gehegten Traums kurz bevor. Unsinn, sagte sie sich. Aramus war doch erst neun Jahre alt. In diesem Alter verdiente ein Linguide alle Förderung, die er bekommen konnte. Man durfte ihn
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