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1552 - Tolots Terror

Titel: 1552 - Tolots Terror
Autoren: Unbekannt
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gefärbten Behaarung. „Ich freue mich so, daß du da bist. Niemandem vertraue ich mehr als dir. Weißt du das?"
    „Ja, Nan."
    Was für dünne Lippen Nan bekommen hatte. Prina schämte sich.
    Arbeit war eine gute Entschuldigung - doch sie hätte sich mehr Zeit für ihre Freundin nehmen müssen. Sie setzte sich an den Rand des Bettes und nahm die heiße Hand der anderen. Schwache Finger zitterten, und auf dem Handrücken klebte halb getrockneter Schweiß. „Es ist soweit", flüsterte Nan. „Bleibt bei mir."
    Durch den angeschwollenen Leib liefen Krämpfe, die Geburtswehen setzten mit Macht ein. Prina sah aus den Augenwinkeln Pero, Nans Lebensgefährten. Der andere wand sich vor Hilflosigkeit, und sie sah ihm an, daß er kurz davor stand, irgendeine Dummheit zu begehen.
    Prina warf ihm einen warnenden Blick zu.
    Nicht Pero. Nimm dich zusammen. Dafür ist später Zeit.
    Nans Finger krümmten sich.
    Niemand konnte helfen; zur Welt bringen mußte sie das Kind allein.
    Früher hatte es Bestrebungen gegeben, jeder Linguidin zur Geburt einen Medorobot zur Seite zu stellen. Heute jedoch griff praktisch niemand mehr auf diese Lösung zurück. Sie war einfach unnatürlich.
    Alles daran verletzte das Geborgenheitsgefühl, das eine Mutter braucht. „Mir ist kalt", hauchte Nan.
    Pero stürzte zum Thermostaten und pegelte die Temperatur auf achtundzwanzig Grad ein. Wenigstens etwas, was er tun konnte. Indessen verstärkten sich die Krämpfe. Nans Bauchmuskeln traten vor Anspannung hervor, und das Körperfell war plötzlich naß vor Schweiß. „Du schaffst es", sprach Prina mit sanfter Stimme. „Denke an das Kind. Es wird dein Kind sein, ein gesundes Kind. Es wird seinen Platz im Leben finden."
    „Ja, das ... das wird es."
    Im Augenblick darauf fand die Geburt statt. Der ganze Vorgang dauerte weniger als eine Minute. Nan preßte unter Einsatz letzter Kräfte das Kind aus ihrem Leib hervor. Zuerst tauchte ein flaumbedeckter Schädel auf, dann die dünnen Arme, zuletzt der Rest des kleinen Körpers. „Ein Junge, Nan", sagte Prina.
    Sie nahm das Neugeborene auf und legte es der alten Frau auf die Brust. Jetzt erst ertönte zerbrechliches Geschrei; ein Laut, der sofort verstummte, als Nan ihr Baby mit zitternden Fingern streichelte. „Er wird Hunger haben." Nan lächelte glücklich. „Pero. Bitte gib du ihm zu essen."
    Der Linguide trat zaghaft vor, nahm das Neugeborene auf den Arm und verschwand mit ihm im Nebenraum. „Wie geht es dir jetzt, Nan?"
    „Nicht gut, das weißt du doch." Im Gesicht der alten Frau breitete sich eine Blässe aus, die selbst durch das dünne Haar deutlich sichtbar war. „Prina, ich möchte dich um etwas bitten."
    „Alles, was du nur möchtest."
    „Das habe ich gewußt. Und es ist viel, was ich dir abverlangen will. Du hast Pero gesehen. Er ist viel jünger als ich. Aber wir beide, das ist viele Jahre lang eine Einheit gewesen. Und nun, da meine Lebensspanne fast abgelaufen ist, habe ich ein Kind bekommen. Das ist zuviel für Pero. Er kann der Belastung nicht standhalten."
    „Das muß er aber", antwortete Prina. „Er ist der Vater. Das Kind ist sein Sohn. Wenn du nicht mehr da bist, wer sonst sollte für das Baby sorgen?"
    „Sieh ihn dir noch einmal mit Verstand an", bat Nan Vonantos. „Ich werde sterben, vielleicht habe ich noch eine oder zwei Stunden. Und Pero wird mir folgen, das weiß ich genau. Doch du hast genau die richtige Frage gestellt. Wer soll für das Baby sorgen?"
    Nans Blick ruhte voller Vertrauen auf Prina.
    Und mit einemmal begriff sie. „Du denkst, daß ich das übernehmen soll?"
    „Ja. Jemand anderen habe ich nicht. Du selbst bist ungebunden, Prina. Du hast keine eigenen Kinder."
    „Ich habe die Stadt zu leiten", gab sie zu bedenken. „Allein Sagno Ciff übersteigt oft meine Kräfte."
    „Du wirst Kräfte finden, meine Freundin. Ich will, daß du dich noch heute zu meinem Kima-Strauch aufmachst. Ich habe ihn dir einmal gezeigt, weißt du noch?"
    „Ja", sagte sie, „ich werde ihn wiederfinden."
    „Das ist gut." Nans Stimme wurde immer schwächer, und ihre Hände lagen kraftlos auf der Brust. Ein Lid zuckte, der Atem ging rasselnd und schnell. „Du mußt einen Strauch für meinen Sohn pflanzen. Wirst du mir das versprechen?"
    Prina ballte die Fäuste und starrte zu Boden. So konnte sich das Leben eines Linguiden von einer Stunde zur anderen verändern - doch das Universum war in stetem Fluß. Niemand durfte ewig am selben Ort stehenbleiben.
    Kurz entschlossen sah sie
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