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1546 - Voltago der Diener

Titel: 1546 - Voltago der Diener
Autoren: Unbekannt
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legen. Er schob die Tür auf und wies mit einem rasch gebildeten Tentakelarm hinein. „Man hat sich größte Mühe gegeben. Die Zeit war knapp."
    Gesil trat über die Schwelle. Den Truillauer wies sie an zurückzubleiben. Sie fand drei geräumige Zimmer vor: eines zum Schlafen eingerichtet, zwei weitere als Wohnräume mit allem nur erdenklichen Luxus.
    Natürlich gab es eine Naßzelle, dazu eine kleine Kammer mit Regalen und verschließbarer Tür.
    Durch die transparenten Wände erkannte sie Conn-Y-Spreik. Ihr Leibdiener hielt sich tatsächlich zehn Meter von der Tür entfernt auf. Der weitere Blick fiel auf angrenzende Korridore, verschwommen sogar auf die Stockwerke unter und über ihr.
    Ab einer gewissen Entfernung bildeten Lichtreflexionen das erste Hindernis.
    Alles war genauso, wie sie es sich vorgestellt hatte. Unglaublich, all das innerhalb von zwei Stunden aufzubauen. Aber sie konnte nichts wirklich prüfen, dachte Gesil. Gewiß, die leeren Räume unter ihr waren sichtbar. Ob sie aber tatsächlich existierten oder ob es sich um Projektionen handelte, das wußte sie nicht. Egal.
    Die Hauptsache war, daß sie den Bewahrer von Truillau jetzt ein wenig ärgern konnte. Oder jedenfalls hatte sie ihr Bestes getan. Weitere Pläne reiften gerade erst in ihrem Geist.
    Sie wollte diesen Fremden sehen. Und sie spürte, daß darin der Schlüssel für das ganze Rätsel lag. „Conn-Y-Spreik!" rief sie probeweise, „Du kannst hereinkommen."
    Der Truillauer reagierte nicht, offenbar drang kein Wort nach draußen. Auch das gefiel ihr, es verschaffte ihr das Gefühl, eine gewisse Privatsphäre zu haben.
    Und so trat sie zu ihm hinaus und sagte: „Ich bin zufrieden. Nur eine Frage beschäftigt mich noch: Wann erhalte ich endlich Kontakt mit dem Bewahrer?"
    Sie hörte einen Laut, als habe der andere antworten wollen. Dann aber entschied sich Conn-Y-Spreik für Schweigen. „Nun komm schon. Sage es mir. Oder willst du, daß ich mich über dich beschwere?"
    Wider Erwarten hatte die Taktik Erfolg. „Wenn die Zeit reif ist."
    „Höre jetzt auf, dich herauszuwinden!" Sie dachte nicht im Traum daran, lockerzulassen. „Ich will konkrete Daten hören! Heraus damit!"
    Der Truillauer wand sich vor Verlegenheit. „Den genauen Zeitpunkt kann ich nicht nennen! Ich bin nur ein Leibdiener, Gesil. Ich bin so niedrig, ein Staubkorn gegen dich, nichts gegen den allmächtigen Bewahrer."
    „Aber du weißt etwas. Jetzt ist es zu spät für dich."
    Der Truillauer brauchte ein paar Sekunden, bis aus seiner ledrigen Körperhülle wieder Worte drangen. „Ein Zeitpunkt ist mir nicht bekannt", erklärte er widerstrebend. „Wohl aber der Ort. Meliserad. Das Zentrum der Macht. Dort wird der Bewahrer von Truillau dir entgegentreten."
    Conn-Y-Spreik sprach mit so großer Ehrfurcht, daß sie nicht auf den Gedanken kam, sie werde hingehalten. „Na also", meinte sie triumphierend. „War das so schwer für dich? Was habe ich schon erfahren, das man mir nicht ohnehin gesagt hätte ..."
    Der Ort stand fest. Nur die Zeit noch nicht.
    Was allerdings nicht hieß, daß sie sich mit dieser Ungewißheit abzufinden bereit war.
     
    *
     
    Erneut wurde ihr Leibdiener ausgetauscht. Anhand kleinster Zeichen bemerkte sie, daß schon wieder ein neuer Truillauer die Rolle des Leibdieners übernommen hatte. Wahrscheinlich war der alte zu schwatzhaft gewesen - obwohl sie nicht mehr als diese mageren Worte aus ihm hervorgelockt hatte.
    Monate vergingen. Sie beschäftigte sich wieder intensiv mit Farben und Staffelei. Mit einem Pinsel auf synthetischer Leinwand drückte sie ihre Gefühle aus. Dabei lernte sie nebenbei, mit sich selbst ins reine zu kommen.
    Was sie anfänglich an vager Zuneigung für den Bewahrer empfunden hatte, war längst erloschen.
    Nur ... was blieb übrig?
    Haß, Ablehnung? Oder womöglich im entscheidenden Moment Neutralität, ein gewisses Verständnis? Den Ausschlag mußte die persönliche Begegnung geben, und sie hoffte, daß sie diese Stunde überleben würde.
    Eines Nachts war es wieder soweit.
    Sie schreckte aus tiefem Schlaf auf. Da war der Bewahrer, irgendwo in der Nähe. Sie spürte den tastenden Geist, fast sensorische Berührungen in ihrem Denken. Und nicht nur dort - auf eine schwer bestimmbare Weise drang der Bewahrer tiefer vor. Sein Interesse galt Dimensionen, die Gesil nicht einmal selbst bekannt waren.
    Etwas steckte in ihr. Sie wußte nicht, was es war; doch sie wußte, daß es dem Bewahrer nicht genügte.
    Allmählich gewöhnten
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