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1519 - Das Leichenbild

1519 - Das Leichenbild

Titel: 1519 - Das Leichenbild
Autoren: Jason Dark
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Routine betrachtete.
    Sehr oft schon hatte ich die Probe aufs Exempel gemacht, und das sollte auch in diesem Fall so laufen. Ich würde mich mit dem Kreuz an das Bild herantasten und es auf diese Art und Weise testen.
    Weder Jackson noch ich wussten, wer die Aufnahme geschossen hatte, und es hätte mich nicht gewundert, wenn dahinter irgendwelche Kräfte steckten, gegen die sich mein Kreuz auflehnte. Jacksons Frau hatte mit ihrem Mann über den Teufel gesprochen, und das war nicht einfach so dahingesagt worden.
    Ich schaute mir das Foto noch mal an. Mir fiel auf, dass es wenig Farbe enthielt. Es war insgesamt bleich, sodass man die dort abgebildete Frau als blasse Schönheit ansehen konnte.
    Ich holte mein Kreuz hervor.
    Für den Beobachter Ebby Jackson war es an der Zeit, sich zu wundern.
    Er riss die Augen weit auf. Ich hörte zudem, dass er die Luft scharf einsaugte. Er leckte seine trockenen Lippen, und ich sah auch seinen verwunderten Blick.
    »Was haben Sie denn da?«
    »Nur ein Kreuz.«
    »Und?«
    »In diesem Fall ist es ein Indikator. Es könnte sein, dass es herausfindet, welche Kraft hinter dem Foto steckt.«
    »Ja, jetzt verstehe ich es.« Er rückte etwas von mir ab, bis er wieder die Wand erreichte.
    Das Foto lag zwischen uns auf dem Bett. Ich wollte keine Zeit mehr verlieren und legte das Kreuz mit einer entschlossenen Geste mitten auf das Bild…
    ***
    Es war der Augenblick der Wahrheit, den ich mit Spannung herbeisehnte. Und auch das Gesicht des Gefangenen zeigte diesen Ausdruck. Jackson sah nur das Foto oder einen Teil davon, denn mein Kreuz war nicht durchsichtig.
    Würde etwas passieren? War das Bild von irgendeiner anderen Seite manipuliert worden?
    Ja, das war es, denn es geschah etwas, mit dem auch ich nicht gerechnet hatte. Plötzlich bewegte sich das Motiv. Das Gesicht verlor seine Starre, die Wangen fingen an zu zucken, sie blähten sich auf, sie zogen sich auch wieder zusammen, wobei sich das Papier nicht wellte, aber dennoch nicht von dem Geschehen ausgelassen wurde.
    Jackson hatte einen tiefen Schreck bekommen. »Was - was - ist das?«, keuchte er.
    Ich legte nur einen Finger auf meine Lippen, um ihm zu zeigen, dass er still sein sollte.
    Der Gefangene hielt sich daran, doch die Mimik in seinem Gesicht sprach Bände. Er war erstaunt und entsetzt zugleich. Schweiß legte sich auf seine Stirn und er schluckte mehrmals.
    Das blasse Gesicht auf dem Foto wellte sich. Es nahm ständig andere Formen an, und es sah so aus, als wollte es dem Foto entfliehen, aber das war nicht zu schaffen.
    Und dann geschah doch etwas, und es war eine Sache, mit der ich nicht gerechnet hatte.
    Am oberen Rand des Bildes und haargenau in der Mitte entdeckte ich den winzigen Riss. Mit einer hastigen Bewegung nahm ich das Kreuz weg und spürte deutlich, dass es sich erwärmt hatte. Jetzt stand für mich endgültig fest, dass eine andere Macht das Bild übernommen hatte.
    »Ich verstehe das nicht«, flüsterte Ebby Jackson. »Das ist der reine Wahnsinn!«
    Als so schlimm empfand ich es zwar nicht, aber irgendwie hatte er schon recht. Den Vorgang zu erklären war so gut wie unmöglich, das musste selbst ich einsehen.
    Der Riss verlängerte sich. Er blieb weiterhin haardünn und zog sich von oben nach unten. Dabei blieb er nicht glatt oder wie mit dem Lineal gezogen. Es gab Ausfransungen an beiden Seiten, und der Riss wanderte weiter zum unteren Rand des Fotos - bis etwas geschah, das mich leicht schockte.
    Die beiden Hälften des Bildes wichen auseinander, sodass eine Lücke entstand. Dabei hatte es der Riss noch nicht ganz geschafft, den unteren Rand zu erreichen. Dort hingen die beiden Hälften noch zusammen, und das blieb auch so.
    In der Lücke aber, die wie ein spitzwinkliges Dreieck aussah, tat sich etwas.
    Wie von einer geheimnisvollen Kraft angeschoben, erschien dort das Gesicht einer Frau. Ich hörte Ebby Jackson stöhnen und sah, wie er seinen rechten Arm zitternd anhob. Mit der Spitze des Zeigefingers deutete er auf das Bild und vor allen Dingen in die Bildmitte, wo wir beide auf das neue Gesicht schauten.
    Über Sekunden hinweg passierte nichts, bis ich mit leiser Stimme fragte: »Kennen Sie es?«
    »Was?«
    »Kennen Sie das Gesicht?«
    Jackson schaute noch mal hin, als wollte er sich überzeugen. Dann nickte er mir zu.
    »Sie kennen es also?«
    »Ja.«
    »Und wer ist es?«
    »Es gehört meiner Frau!«
    ***
    Es war für mich keine allzu große Überraschung, und ich hatte auch eine gewisse Ähnlichkeit mit
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