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1519 - Das Leichenbild

1519 - Das Leichenbild

Titel: 1519 - Das Leichenbild
Autoren: Jason Dark
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dem Gesicht auf dem normalen Foto gesehen, nur stand ich trotzdem vor einem Rätsel, denn das neue Gesicht sah nicht so aus wie das erste. Es war vor allen Dingen nicht so bleich, aber die Farbe konnte ich auch nicht als normal ansehen. Sie hatte einen Gelbstich, es war viel deutlicher und es schien zusammengepresst worden zu sein. Die Nase kam mir zwar dicker vor, der Mund war irgendwie gleich geblieben, aber die Augen und deren Brauen hatten nicht mehr die normale Breite, sondern waren in die Höhe gezogen.
    »Also haben wir Ihre tote Frau doppelt?«, fragte ich. »Ja.«
    Ich fragte weiter: »Ein Irrtum Ihrerseits ist ausgeschlossen?«
    »Klar ist er das.«
    Plötzlich konnte er nicht mehr an sich halten. Er schlug die Hände vors Gesicht und fing an zu stöhnen. Das zweite Antlitz auf dem Foto hatte nicht so ausgesehen wie das einer toten Person. Es schien sogar noch Leben darin zu sein.
    Ich wusste auch nicht, wie ich es einordnen sollte und was mein Kreuz da aufgewühlt hatte, aber das Gesicht war eine Tatsache. Es war nicht zum Anfassen, es war geisterhaft, möglicherweise ein Gruß aus dem Reich der Toten, aber man konnte es nicht wegdiskutieren.
    Es verschwand von allein.
    Uns kam es vor, als hätte uns der Besuch aus dem Totenreich verlassen, weil er hier keine Heimat gefunden hatte.
    Als Ebby Jackson seine Hände wieder vom Gesicht nahm und nach unten sinken ließ, da war kein zweites Gesicht mehr zu sehen. Da schaute er nur auf ein in zwei Hälften zerrissenes Foto.
    Ich sagte erst mal nichts und schaute zu, wie der Gefangene die Augen schloss. Es würde nicht gut sein, wenn ich ihn jetzt ansprach, ich wollte ihn erst mal in Ruhe lassen und wartete darauf, dass er selbst etwas sagte, denn einen Kommentar musste er abgeben.
    Noch dachte er nach, und schließlich - ich hatte das Kreuz wieder verschwinden lassen - bewegte er die Lippen und fing an zu sprechen.
    Seine Stimme klang leise und war kaum zu verstehen. Ich musste mich schon anstrengen, alles mitzubekommen.
    »Meine Frau ist tot. Ich habe sie durch einen unglücklichen Umstand umgebracht, doch jetzt…«, er schüttelte den Kopf, »… jetzt glaube ich nicht mehr daran.«
    »An was?«
    »Dass Amy wirklich tot ist.«
    Er hatte gesagt, was er fühlte, und ich konnte ihn gut verstehen. Ich wollte auch nicht fragen, ob er sich wirklich sicher war, und ließ ihn deshalb weiterreden.
    »Ich habe sie doch erschossen«, flüsterte er. »Ich habe gesehen, wie sie tot im Zimmer lag, verdammt noch mal! Später hat man die Leiche nach Blackwater überführt, um Amy dort zu begraben.«
    »Sie waren nicht dabei.«
    »Natürlich nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Jetzt kommen mir schon Zweifel, ob sie wirklich tot ist oder ob das alles nur getürkt war und man mich reinlegen wollte.«
    »Das sicherlich nicht auf diese Weise«, sagte ich. »Aber ungewöhnlich ist es schon.«
    »Das können Sie laut sagen.« Jackson starrte auf das zerrissene Bild und schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich jetzt noch mehr am falschen Platz als sonst. Ich sitze in der Zelle. Ich kann nicht weg, verflucht noch mal, und dabei wäre es wichtig für mich, dorthin zu reisen, wo meine Frau begraben liegt.«
    »Ja, das sehe ich nicht anders.«
    »Danke, Mr Sinclair. Nur können wir es nicht ändern. Ich muss hier acht Jahre abhocken für einen Unglücksfall und nicht für einen kaltblütig begangenen Mord, wie man ihn mir unterstellt hat.«
    »Bitte, Mr Jackson, regen Sie sich nicht auf. Ich weiß, wie Ihnen zumute ist, und ich weiß auch, dass meine Worte Sie nicht trösten können, aber die Tatsachen sind nun mal so, und wir können sie auch nicht mehr verändern.«
    »Nein, nein, so sehe ich das nicht, Sir. Glauben Sie nicht, dass hier einiges verkehrt gelaufen ist und mit nichts zusammenpasst, was normal ist?«
    »Doch, es ist einiges verkehrt. Nur nicht auf dem normalen Weg, denn hier wirken Kräfte, die für mich sehr interessant sind. Das muss ich Ihnen sagen.«
    »Danke.«
    Ich winkte ab.
    »Können Sie denn etwas tun?«, fragte Jackson nach. »Ich meine, für mich und auch für meine verstorbene Frau?«
    »Ich will ehrlich zu Ihnen sein, Mr Jackson. Im Moment ist das schlecht, aber ich weiß auch, dass es ein Fall für mich ist.«
    »Das ist gut.«
    »Für mich ist auch der Ort Blackwater wichtig. Ich denke, dass man nur dort eine Lösung finden kann.«
    Seine Augen glänzten plötzlich. »Meinen Sie wirklich?«
    »Ich wüsste nicht, wo ich hier in London ansetzen sollte. Ihre
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