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1509 - Standbild des Grauens

1509 - Standbild des Grauens

Titel: 1509 - Standbild des Grauens
Autoren: Jason Dark
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Wind strömte kalt in ihr Gesicht, obwohl die Sonne schien, doch so etwas bemerkte die Cavallo nicht. Auch wenn sie aussah wie ein Mensch, sie war es in Wirklichkeit nicht.
    Natürlich hätte sie gern das Blut eines Menschen getrunken, aber die Spannung in ihr war größer als die Gier. Da verhielt sie sich fast menschlich.
    Sie rollte an der Kirche und einem kleinen Friedhof vorbei, denen sie keinen Blick gönnte, aber es war ausgerechnet ein Pfarrer, der aus einem kleinen Seitenweg auftauchte und ihr entgegentrat.
    Justine musste bremsen, um den Mann nicht zu überfahren, der schon älter war und einen schwarzen Mantel übergestreift hatte. Dass er Pfarrer war, sah sie an seinem Kragen.
    »He, nicht so stürmisch! Hier haben noch Fußgänger die Vorfahrt.«
    Justine hob das Visier an. Es war nur ein Ausschnitt ihres Gesichts zu sehen, in das der Pfarrer hineinschaute. Er sah sich die Augen nicht lange an, da ging er einen schnellen Schritt nach hinten.
    »Wer sind Sie?«, flüsterte er.
    »Wieso? Was meinen Sie?«
    »Ihre Augen!«
    »Und?«
    Der Pfarrer hob beide Hände. »Von ihnen strahlt etwas ab, das ich nicht gutheißen kann.«
    »Warum? Was habe ich an mir?«
    »Den bösen Blick«, flüsterte der Mann, der schon über die normale Pensionsgrenze hinaus war. »Sie haben den Blick der Hölle, die in Ihnen wohnt.«
    »He, das ist verdammt hart, was Sie da sagen.«
    Sie erntete ein Kopf schütteln. »Fahren Sie wieder weg. Fahren Sie so schnell wie möglich.«
    »Klar, das hatte ich auch vor. Aber eine Auskunft können Sie mir doch geben.«
    »Nein, auch das nicht. Ich will Sie nicht länger hier sehen. Dieser Ort ist sowieso schon verflucht. Da haben Sie gerade noch gefehlt.« Er machte auf dem Absatz kehrt und rannte mit schnellen Schritten auf seine Kirche zu. Dabei hielt er mit einer Hand den breitkrempigen Hut auf seinem Kopf fest.
    Justine Cavallo schaute ihm nach. Sie war leicht nachdenklich geworden. Eigentlich hatte sie sich auf ihre Weise in die menschliche Gemeinschaft integrieren wollen, indem sie sich gab wie sie. Das war ihr nicht gelungen.
    Der Pfarrer hatte sich nicht von ihrem perfekten Äußeren täuschen lassen. Es mussten ihre Augen gewesen sein, die ihn praktisch in die Flucht getrieben hatten.
    Es war ihr also doch nicht gelungen, wie ein normaler Mensch auf andere Menschen zu wirken. So gab sie zu, noch an sich arbeiten zu müssen, und das würde sie auch tun, ohne dabei ihre Herkunft zu vergessen.
    Als zu tragisch sah Justine es nicht an, keine Auskünfte erhalten zu haben. Hier im Ort würde sie noch andere Personen finden, die ihr bestimmt weiterhelfen konnten.
    Einen weiteren Menschen sah sie nicht in ihrer Umgebung. Und so stieg sie wieder in den Sattel der Maschine und lauschte dem Geräusch des Motors, der einen satten Sound abgab.
    Es war nicht mehr weit von der Kirche bis zum eigentlichen Ort. An Feldern und eingezäunten Weiden fuhr sie entlang, sah Schafe, auch Rinder und kleine Bauernhöfe. Ein Hund lief kläffend vor ihr weg, und nach einer Kurve rollte sie direkt auf den kleinen Ort Bodorgan zu.
    An der linken Seite fiel ihr ein Haus deshalb auf, weil seine Fassade so hell strahlte. Wahrscheinlich war sie erst vor Kurzem gestrichen worden.
    Und sie sah auch an der Seite die Zufahrt zu einer Garage, deren Tor offen stand.
    Vor ihm werkelte ein junger Mann an einem Roller herum. Werkzeug breitete sich um ihn herum aus. Justine hörte die leisen Flüche. Sie lächelte und hatte dabei das Gefühl, genau auf den Richtigen getroffen zu sein.
    Der kurze Schwenk nach links, und sie fuhr auf die Zufahrt. Gleich darauf bremste sie ab. Da hatte der junge Mann sie schon gesehen und hatte sich aus seiner hockenden Haltung aufgerichtet. Er schaute Justine an, ohne etwas zu sagen.
    Möglicherweise ahnte er, dass sich eine besondere Person unter dem Helm und der Kleidung verbarg. Er schaute jedenfalls gebannt zu, wie die Frau ihren Kopf vom Helm befreite und harmlos lächelte, ohne ihre Zähne zu zeigen. »Hi«, sagte sie.
    Der junge Mann nickte. Mehr schaffte er nicht. Justines perfektes Gesicht und die hellblonden Haare hatten ihn aus dem Konzept gebracht.
    »Ich bin Justine.« Sie gab sich burschikos und streckte ihm die rechte Hand entgegen.
    Er zögerte für einige Augenblicke. Dann schob er sich an die Blonde heran und schlug ein. Dass sich ihre Haut dabei völlig neutral anfühlte, fiel ihm nicht weiter auf.
    »Wie heißt du?«
    »Lucius Clay.«
    »Okay. Auch
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