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1482 - Clarissas Sündenfall

1482 - Clarissas Sündenfall

Titel: 1482 - Clarissas Sündenfall
Autoren: Jason Dark
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Schuld zu tilgen, und du bist ja dabei.«
    Clarissa presste für einen Moment die Lippen zusammen. Dann sagte sie: »Ich konnte heute nicht anders handeln. Es hat sich eben so ergeben. Ich musste es tun.«
    »Niemand macht dir einen Vorwurf. Wir haben dich wieder aufgenommen, und es hat auch keiner etwas bemerkt.«
    »Nur ich…«
    Die Oberin schenkte ihr ein warmes Lächeln. »Das ist kein Problem. Damit wirst du – werden wir gemeinsam fertig. Morgen ist auch noch ein Tag, meine Liebe.«
    Clarissa verstand, was damit gemeint war. Sie drückte sich von ihrem Stuhl in die Höhe und musste sich strecken, um sich wieder geschmeidig zu machen.
    Auch die Oberin erhob sich. Sie spürte, dass Clarissa Trost brauchte. Deshalb ging sie um den Schreibtisch herum, nahm die Jüngere in die Arme und drückte sie fest an sich.
    »Es wird sich alles richten«, flüsterte sie. »Schuld und Sühne liegen so dicht beieinander.«
    »Ich weiß.«
    »Dann geh jetzt bitte.«
    Clarissa wusste nicht, ob sie froh sein sollte, ihr Zimmer betreten zu können. Irgendwie war sie es schon. Sie brauchte die Einsamkeit und wollte diese Zeit mit keiner anderen Person teilen.
    Oberin Angela brachte sie noch bis zur Tür. Den weiteren Weg legte Clarissa allein zurück.
    Mit bedächtigen Schritten ließ sie den Flur hinter sich. Vor der Treppe blieb sie für einen Moment stehen, ehe sie über die breiten Stufen nach oben schritt, wo die Zimmer der Schwestern lagen. Sie ging gebeugt, als läge eine schwere Last auf ihrem Körper. Ihre Blicke waren auf die dunklen Stufen gerichtet, und später, als sie den Flur durchschritt, lauschte sie dem Klang ihrer Schritte.
    Ihr Zimmer lag irgendwo in der Mitte. Abgeschlossen war es nicht. Sie öffnete die Tür, betrat den Raum und überlegte, wie es weitergehen sollte.
    Sie hätte sich an ihren Tisch setzen können, der in der Nähe des mit Büchern bestückten Regals stand. Stattdessen öffnete sie das schmale Fenster, schaute hinaus und atmete die kühle Herbstluft ein.
    Es war dunkler geworden. Schatten glitten lautlos heran und ließen den Tag vergessen, der eine Mischung aus Sonne und Regen gebracht hatte.
    Wenn die Nacht hereinbrach, weichten die Grenzen zwischen der Realität und dem Irrealen auf. Dann kam das zum Vorschein, was sich sonst verborgen hielt. Da erlebten die Seelen der Menschen eine Veränderung. Da brach sich das Unterbewusstsein freie Bahn, um die Menschen mit Erscheinungen und Albträumen zu quälen.
    Clarissa wusste, dass sie zu den Menschen zählte, denen das immer wieder passierte. Sie konnte es nicht ändern. Es gehörte zu ihrem Schicksal. Bei diesem Gedanken schloss sie das Fenster, um die Nacht auszuschließen.
    Sie schaute auf ihr Bett. Es war eine schlichte Liegestatt. Auch wenn es ein Himmelbett gewesen wäre, sie hätte sich beim Hinlegen nicht wohler gefühlt.
    Wie lange dauerte die Nacht?
    Für sie wahrscheinlich zu lange. Aber wer eine Schuld abzutragen hatte, durfte nicht daran denken…
    ***
    »Wie heißen Sie noch?« fragte der Sergeant und schaute die blondhaarige Frau, die vor seinem Schreibtisch stand, scharf an.
    »Mein Name ist Jane Collins. Sie können alles von meinem Ausweis ablesen.«
    Der Sergeant, er hieß Mason Hall, nickte. »Steht alles superdeutlich auf dem Dokument.«
    »Eben.«
    Er nahm den Ausweis und reichte ihn Jane mit spitzen Fingern zurück. »Es gefällt mir trotzdem nicht, Miss Collins.«
    »Was gefällt Ihnen nicht?«
    »Dass Sie hier sind.«
    Jane musste schlucken. Sie schüttelte den Kopf und merkte, dass in ihrem Innern der Zorn hochstieg. Was war dieser Polizist nur für eine verbohrte Person.
    »Ich möchte Sie daran erinnern, dass dieses Land ein freies ist und jeder hingehen kann, wohin er will.«
    »Das weiß ich.«
    »Da bin ich ja beruhigt.«
    »Aber es gibt Ausnahmen«, sagte der Mann. »Manchmal ist das so. Ich kann es auch nicht ändern.«
    »Können Sie konkreter werden?«
    »Gern. Sie sind hierher gekommen, um einen bestimmten Mann zu treffen.«
    »Ja. Und zwar Curd Previne.«
    »Genau das ist unser Problem.«
    »Wieso?«
    »Curd Previne wurde gestern Abend ermordet, Miss Collins. Sie können ihn nicht mehr treffen.«
    Obwohl der Officer Jane keinen Stuhl angeboten hatte, musste sie sich erst mal setzen. Damit hatte die Privatdetektivin nicht gerechnet. »Und Sie sind sicher, dass es Previne gewesen ist?«
    »Hundertprozentig.«
    Jane Collins sagte erst mal nichts mehr. Das war ein Schlag mit dem Vorschlaghammer. Ihre Gedanken
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