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1476 - Drei gegen Karapon

Titel: 1476 - Drei gegen Karapon
Autoren: Unbekannt
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Beleidigung."
    „Ehrlich gesagt, ich halte nichts von Wahrsagerei. Ich habe da meine ganz persönlichen Erfahrungen."
    Ernst Ellert vermutete, daß sich „Pokerface" Zjumandiok bei ihm mit seinen angeblichen Fähigkeiten einschmeicheln wollte, weil er vermutete, daß es sich bei dem Mitgefangenen um einen Verbündeten des Supremrats handelte. „Ich kann dir natürlich beweisen", antwortete der Waistokyer, „daß ich zu den fähigsten Wahrsagern meines Volkes gehöre. Mein Ruf hat den Supremrat erreicht, sonst hätten mich die Karaponiden ja nicht hierher eingeladen."
    „Eingeladen." Ellert lachte ironisch. „Das ist das richtige Wort für den Besuch in diesem Kerker. Selbst mit deinem Pokerface wirst du diese Feliden nicht täuschen können. Sie mögen sich noch so sehr nach irgendwelchen Voraussagen sehnen, die Zukunft ist etwas, das gestaltet wird. Niemand weiß besser als ich, daß man mögliche Versionen der Zukunft nicht nur berechnen, sondern auch erspüren kann. Aber das hat mit Wahrsagerei nichts zu tun."
    „Ich sehe deine Zukunft." Wieder erklang eine neue Modulation in den Worten des Glockenwesens. Das hörte sich wie gespielter Triumph an. „Wenn du dich allerdings weiterhin so gegen mich stellst, werde ich schweigen. Dann wirst du unwissend bleiben."
    Der Terraner empfand Mitleid mit dem kleinen Burschen. Er konnte ihn sogar irgendwie verstehen, auch wenn er die näheren Umstände seiner Entführung nicht kannte. Jedenfalls stand für Ellert fest, daß mit Pokerface kaum ein sachliches Gespräch zu führen sein würde. „Dann erzähle mir von meiner Zukunft, weiser Wahrsager", sagte er. „Deine Einsicht ist ein weiterer Beweis für deine Großmut." Pokerface sprach jetzt so schnell und eindringlich, daß Ellert das Gefühl hatte, ihn mit seiner Aufforderung erst richtig aktiviert zu haben. „Diese Großmut habe ich längst ebenso erkannt wie deinen Weitblick. Du siehst dich und deine Zukunft, aber du erkennst sie noch nicht. Meine bescheidene Hilfe naht. Ich werde dir helfen, die Erkenntnisse zu deuten, denn ich beherrsche die Künste der Deutung. Ich kann in den Sternen lesen, die dein Schicksal beeinflussen. Sogar aus der Form der Nahrung oder der Flüssig' keit in der Schale vor dir kann ich die Zeichen deines Werdens ersehen. Und wenn das alles nicht reichen sollte, so werde ich die Geister befragen, die in deiner Nähe sind. Wenn dann immer noch Fragen oder Zweifel bestehen sollten, so habe ich in der Palette der Takte in die persönliche Zukunft noch mehr zu bieten. Wirf Steine oder Stöckchen, und aus dem Bild, zu dem sie fallen, werde ich dir die Zukunft deuten."
    „Bis jetzt", sagte Ernst Ellert, „höre ich nur allgemeines Geschwafel. Was hältst du von konkreten Aussagen?"
    „Du hast dich erwartungsgemäß über meine Einleitung entrüstet." Aus dem Hautlappenkranz an der Oberseite erklang ein unwilliges Schnaufen. „Das ist verständlich, aber bedauerlich, denn überflüssig.
    Ich habe das vorhergesehen, aber meinen eigenen Kräften nicht ganz geglaubt."
    „Du redest weiter in allgemeinen Plattheiten." Ellert kratzte mit dem Löffel die Reste im Eßnapf zusammen. „Dabei wolltest du mir doch etwas über meine Zukunft vorhersagen. Oder habe ich mich da verhört?"
    „Deine Zukunft!" Zjumandiok wechselte wieder den Tonfall. Die Monotonie schien nur eine Masche bei ihm gewesen zu sein, denn jetzt trillerte er melodiös vor sich hin. „Ich präsentiere sie dir, Freund Ernst Ellert."
    Der Terraner rülpste, um seinen Unwillen zu bekunden, denn er erwartete keine sachlichen Informationen. Fast bedauerte er, daß er diesem Kontakt zugestimmt hatte. „Du stehst vor sehr bedeutsamen Entscheidungen." Pokerface redete nun wie ein Dorfbürgermeister, der genau wußte, daß er die nächste Wahl nicht überstehen würde. „Deine Suche gelangt in die entscheidenden Phasen. Ja, Ernst Ellert, du suchst. Du bist der ewige Sucher, der eine ganz wichtige Person, die dir und deinen Freunden sehr nahesteht, finden will. Nein, du mußt sie finden, denn das allein zählt. Deine Zukunft ist von diesem Ziel bestimmt. Du weißt bereits, wie du es erreichen wirst, aber noch weigert sich dein Verstand, diese Erkenntnis in Worte zu fassen."
    Ernst Ellert blickte kurz auf. Er war durchaus etwas verblüfft ob dieser Prophezeiungen, die sicher einen Kern Wahrheit enthielten. Aber er sortierte seine Gedanken sehr schnell und schwieg. „Deine Heimat ist unendlich fern", fuhr der Waistokyer fort. „Die
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