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1472 - Wahnsinn in Manhattan

1472 - Wahnsinn in Manhattan

Titel: 1472 - Wahnsinn in Manhattan
Autoren: Jason Dark
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saß zu tief. Er hatte alle gelähmt. Sie konnten nur auf das Unglaubliche starren.
    Die Schlange schien sich im Gewand des Tods wohl zu fühlen, denn sie glitt in die Falten hinein und blieb dort erst einmal verschwunden.
    Auch jetzt starrten die Zuschauer nur hin. Niemand sagte etwas.
    Hin und wieder war ein leises Stöhnen zu hören.
    Die Luft verbesserte sich keineswegs im Laufe der Zeit. Sie wurde noch schlechter, verlor an Sauerstoff und lag wie eine erstickende Glocke über den Köpfen der Zuschauer.
    Plötzlich war die Schlange wieder da. Sie hatte ihren Weg gefunden und erschien unter dem Saum der Toga. Sie umringelte die Füße des Tods und blieb auch dort.
    Die Zuschauen hatten sich inzwischen an den Anblick der Schlange gewöhnt. Sie warteten darauf, dass der Tod wieder die Initiative übernahm.
    Das tat er.
    Wieder klopfte er zweimal auf den Boden, damit jeder wusste, dass man ihm zuhören sollte.
    Seine hohl klingende Stimme wurde tief in seinem Rachen geboren. Erneut erreichte sie auch die letzte Reihe, und so hörte jeder, dass die Schlange der zweite Hauptakteur war.
    »Aber sie ist noch mehr«, erklärte der Tod. »Sie ist diejenige, die ich losschicken werde, um sich jemanden auszusuchen, der in meinem Stück mitspielt. Ich will den Wahnsinn in Manhattan nicht allein erleben. Es sollen noch andere mitspielen, denn wir müssen die Bühne bevölkern. Wenn der Tod auftrat, war er stets von viel Volk umgeben, und genau das soll auch hier der Fall sein. Der Mensch, der Untergang und der Tod. Es sind drei Dinge, die zusammengehören, und ich sorge dafür, dass sie stets zusammenpassen.«
    Die Zuschauer hatten jedes Wort gehört, doch kaum jemand begriff die Botschaft. Zwischen dem Sprecher und ihnen schien eine Wand zu stehen, die nicht durchbrochen werden konnte. Erst Tatsachen würden das ändern.
    Die Gestalt auf der Bühne sprach weiter.
    »Meine Schlange ist schlau genug, um sich einen Mitspieler auszusuchen. Wenn sie das geschafft hat, wird sich für einen von euch das Leben ändern. Es hat keinen Sinn, sich dagegen wehren zu wollen. Die Schlange wird ihren Weg finden und einen bestimmten Zuschauer oder eine bestimmte Zuschauerin auswählen. Den oder die begleitet sie dann zu mir auf die Bühne, wo die Apokalypse hautnah zu spüren ist.«
    Jetzt wäre spätestens der Zeitpunkt gekommen, an dem einige der Zuschauer hätten aufstehen müssen, um das Theater zu verlassen.
    Doch keiner reagierte. Jeder blieb auf seinem Platz hocken, und die Spannung hing weiterhin als dicht gewobenes Netz über dem Zuschauerraum.
    Man hätte meinen können, dass die Menschen hypnotisiert worden wären. Sie blieben stumm, sie blieben starr, aber es gab wohl kein Augenpaar, das den Weg dieses Tiers nicht verfolgt hätte.
    Es verließ jetzt den unmittelbaren Bereich des Tods und kroch auf den nicht weit entfernten Rand der Bühne zu.
    Nichts war zu hören. Ein lautloses Gleiten, wie man es von einer Schlange gewohnt war.
    Sie verließ die Bühne und ließ sich über den Rand hinweg nach unten gleiten.
    Kaum hatte sie den Boden erreicht, als sie sich aufrichtete wie eine Kobra, ohne allerdings den Kopf zu blähen. Sie hielt nur Ausschau nach dem Menschen, der für sie infrage kam.
    Der Tod griff nicht ein. Er überließ ihr die Wahl, genau wie er es versprochen hatte. Zuckend ringelte das Tier parallel zur ersten Reihe über den Boden.
    Manchmal hielt es kurz an und richtete sich auf, um eine bessere Sicht zu haben.
    Niemand schrie. Niemand wich den Blicken der Schlange aus. Die Menschen schienen zu wissen, dass sie gegen die andere Macht nicht die Spur einer Chance besaßen.
    Und dann war es geschafft.
    Die Schlange verharrte an einem bestimmten Punkt. Auch jetzt stieg sie in die Höhe, aber es passierte etwas, was zuvor nicht eingetreten war.
    Die Schlange bewegte ihren Kopf nicht seitlich, sondern mal nach vorn, dann wieder zurück.
    Sie fixierte ein Opfer.
    Es war eine Frau!
    Ungefähr zwanzig Jahre alt. Sie trug ein enges T-Shirt mit tiefem Ausschnitt und einen geblümten Rock. Sie bewegte sich nicht. Sie gab auch keinen Schrei ab. Stattdessen stand sie mit einer ruckartigen Bewegung auf, hielt sich dabei sehr gerade und den Kopf erhoben, sodass sie auf die Bühne schauen konnte.
    Der Tod hatte seine linke Hand noch frei. Er nickte und winkte ihr zu. »Freue dich darüber, dass du es bist, die in meine Welt kommen darf. Du wirst erleben, wie man sich fühlt, wenn die Apokalypse nahe ist. Es wird immer ein besonderes
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