Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
147 - Stunde X

147 - Stunde X

Titel: 147 - Stunde X
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
meiner Macht steht.«
    »Wie erkenne ich den Abgesandten?«
    »Er wird Sie erkennen. Sorgen Sie nur dafür, dass er Sie außerhalb des Tagungsortes kontaktieren kann. Sagen wir, an der Westminster Bridge.«
    Sie beendeten das Gespräch. Crow schloss das Funkgerät wieder in der Schreibtischschublade ein. Danach stand er auf und ging zur Weltkarte. Seine Augen wurden weich, als er den Kratersee betrachtete. Irgendwo an dessen Ufer glaubte er den Menschen zu wissen, an dem sein Herz hing. »Es ist tatsächlich so weit. Halt noch ein wenig durch, Liebes…«
    ***
    Aarachne, Anfang September 2521
    Sie waren zu sechst. Wenn man die drei Andronen mitrechnete, zu neunt. Über den Ruinen dämmerte die Nacht herauf, als sie nach Aarachne zurückkehrten. Dornenhecken zwischen Mauerresten glitten unter ihnen hinweg, von Brennnesselfeldern gnädig bedeckte Schutthalden, eingestürzte Dächer und von Bäumen zurückeroberte Straßenzüge. Vor ihnen ragte der Dom mit seinen vielen Spitztürmen aus der abendlichen Trümmerlandschaft wie ein starres Stacheltier aus Moos, Efeu und schwarzem Gestein. Im dichten Geflecht der Hängebrücken zwischen dem Hauptturm und den Seitentürmen verfing sich erstes Mondlicht.
    Vier von ihnen – vielbeinige, kindsgroße Kreaturen mit blaugrau schimmernden Chitinpanzern und spitzen schwarzen Schädeln – teilten sich zwei Flugandronen. Ein Fünfter flog aus eigener Kraft. Sein Körper war schlank und rötlich, nicht länger als ein menschlicher Unterarm, und mit einem Quartett großer Flügel ausgestattet.
    Der Sechste hockte allein auf einer Androne, denn sein dreigliedriger, schwarzgelb gestreifter Leib war groß und massig und entsprechend schwer. Sein grauer Schädel – fast so groß wie sein Brustkorb – wirkte trotz seiner klobigen, dreieckigen Form menschlich. Er hieß Chorr’nizz und war der Führer der sechs Späher. Sie kamen aus dem fernen Osten. Neun Tage und acht Nächte lang waren sie unterwegs gewesen.
    Sie überquerten die Dächer der ringförmigen Siedlung aus bewohnbaren, wenngleich von Pflanzenwuchs überwucherten Behausungen rund um den Dom. Auf dem Platz zwischen den Häusern und dem Dom landeten sie neben dem alten Brunnen.
    Dutzende von Wesen krochen, flogen, sprangen oder krabbelten aus den Toren der Häuserfront. Einige glichen den sechs Spähern oder ähnelten ihnen zumindest, andere hatten menschliche Züge. Wie auch immer: Alle miteinander gehörten sie zum Volk von Aarachne, alle dienten sie derselben Königin.
    Zirpen, Schaben und Brummen erhob sich – die insektoiden Kreaturen aus den Behausungen wechselten einige Worte mit den Heimkehrern. Die Späher übergaben ihnen die Andronen und folgten ihrem Anführer Chorr’nizz Richtung Dom.
    Chorr’nizz liebte es auf Reisen zu sein, noch mehr jedoch liebte er es, nach Hause zurückzukehren. Am meisten aber liebte er seine Königin. Seine Fühler vibrierten vor Erregung, während er an der Spitze seines Spähtrupps die Phalanx der spinnenartigen Torwächter passierte und die königliche Residenz, den Dom, betrat.
    Schummriges Licht aus unzähligen Öllampen erhellte die zerklüfteten Wände und Säulen im Inneren. In der Mitte des großen Saales saß die Königin auf ihrem Thron aus Marmorblöcken, Leder und Fellen. Ein Ring von Lichtquellen auf hohen Metallmasten umgab ihn, und der innerste Zirkel der königlichen Leibgardisten, elf pelzige Großspinnen, bildete einen Wall aus Leibern um ihn.
    Unter dem Torbogen blieben die Späher stehen. »Chorr’nizz, dein ergebener Diener und seine Späher sind zurück, o Ch’zzarak, meine Königin.« Er bediente sich einer Sprache aus Klack- und Schnarrlauten.
    »Tritt zu mir!« Die Königin winkte mit der Rechten. Ihre langen Finger ähnelten denen der Menschen, waren jedoch mit schwarzen Krallen bewehrt. Fünf Späher ließen sich auf der Schwelle nieder, Chorr’nizz ging allein zum Thron. Weil er dabei beide Flügelpaare benutzte, legte er mit jedem Schritt mehrere Meter zurück. Vor neun Generationen noch hatten seine Vorväter die Kunst des Fliegens beherrscht. Dafür jedoch war bereits sein Ururgroßvater viel zu schwer gewesen.
    Immerhin konnte er die sechs Stufen zum Thronsessel hinauf noch mit einem Schwung nehmen. Die Gardisten äugten ihm grimmig hinterher; die gefürchteten Spinnenwesen mochten es nicht, wenn man einfach über sie hinweg sprang. Chorr’nizz gehörte zu den wenigen Insektoiden in Aarachne, die nicht übermäßig viel Respekt vor ihnen hatten.
    Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher