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1455 - Das Gewissen des Henkers

1455 - Das Gewissen des Henkers

Titel: 1455 - Das Gewissen des Henkers
Autoren: Jason Dark
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einer dämonenfreien Zone sprechen.
    Ich stand in einem älteren Haus. Hier war noch viel mit Holz gearbeitet worden. Irgendwo entstanden immer leise Geräusche, die mich allerdings nicht störten.
    Wohl aber der Schrei!
    Ihn hatte Fiona ausgestoßen, und er hing noch als Echo in der Luft, da befand ich mich schon auf dem Weg zu ihrem Zimmer…
    ***
    Wuchtig öffnete ich die Tür.
    Ich wusste nicht, was mich erwartete. Etwas Erfreuliches würde es bestimmt nicht sein, sonst hätte Fiona Lester nicht so zu schreien brauchen.
    Als ich die Tür zu ihrem Zimmer aufstieß, zuckte Fiona zusammen und drehte sich heftig um.
    Ich fragte: »Was ist passiert? Warum haben Sie geschrien?«
    Sie gab mir keine Antwort. Stattdessen ging sie auf einen Sessel mit Holzlehnen zu und ließ sich auf die Sitzfläche fallen. Erst jetzt sah ich, dass sie einen Wisch oder Schrieb in der Hand hielt. Sie hielt ihn hoch. Mir fiel auf, dass ihre rechte Hand, in der sie das Papier hielt, leicht zitterte.
    Ich setzte mich in einen zweiten Sessel, der dem ersten schräg gegenüber stand.
    »Und jetzt sollten Sie mir sagen, Fiona, was geschehen ist.«
    »Ja, natürlich. Ich habe nicht geschrien, weil ich angegriffen wurde. Es war der Schock.«
    »Was war der Grund?«
    »Der Brief. Die Nachricht, Mr Sinclair. Lesen Sie. Ich habe sie hier auf dem Tisch liegend gefunden. Das ist schon nicht mehr nachvollziehbar. Ich jedenfalls finde keine Erklärung.«
    »Wer hat ihn denn geschrieben?«
    »Der Henker. Und er ist wohl an mich gerichtet, was ich aber auch nicht so genau weiß.«
    Diese Antwort war auch für mich eine Überraschung. Geschockt zeigte ich mich zwar nicht, aber ich nahm den Brief gern entgegen, strich ihn glatter und murmelte den Text halblaut vor mich hin.
    »Wer immer diesen Brief findet, sollte darüber informiert werden, dass auch Henker ein Gewissen haben. Ich habe viele Menschen getötet, es war mein Beruf. Ich bin darum verachtet worden und bei jeder Hinrichtung kam ich der Hölle einen Schritt näher. Ich stellte mich auch nicht dagegen, ich fühlte mich in meiner Rolle sogar wohl, denn ich wurde gut bezahlt. Aber das war mir nicht genug. Ich ließ mich dingen. Man konnte mich auch als Mörder mieten. So habe ich dreimal zugeschlagen und Menschen umgebracht. Ich bekam dafür viel Geld, aber ich habe vergessen, dass auch Henker ein Gewissen haben können. Es meldete sich erst nach meinem Tod. Ich weiß nicht genau, was mit mir geschah, aber meine Seele fand keine Ruhe. Der Teufel lachte mich aus, die andere Welt wollte mich nicht. Ich schwebte in einem ungewissen Zustand, und genau das war das Schreckliche. Ich weiß nicht, ob ich im Fegefeuer steckte, aber mein Gewissen verbrannte nicht. Ich fühlte mich nicht tot und nicht lebendig, aber ich wollte nicht ewig so existieren. Ich musste mein Gewissen erleichtern, und zwar bei denen, die durch mich so viel Leid erfahren haben. Es sind längst die Nachkommen dieser Familien auf der Welt, die Einzigen, bei denen ich mich entschuldigen kann, um dann den normalen Weg gehen zu können. Ich möchte die Erlösung finden. Auch ein Henker hat ein Recht darauf, und deshalb werde ich zu den Nachkommen gehen, um Abbitte zu leisten…«
    Bis hierher hatte ich gelesen. Da war die Seite voll geschrieben. Ich schaute Fiona Lester an, die wie schockgefroren im Sessel hockte und mich anstarrte.
    »War es das…«
    »Ja, ja, Mr Sinclair. Deshalb habe ich mich so erschreckt. Für mich ist der Brief der Beweis, dass es Lincoln Lester gibt. Er ist wieder unterwegs, wie auch immer.«
    »Er will sein Gewissen erleichtern«, sagte ich. »Ja.«
    »Aber wie?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Wird er sich entschuldigen?«, sprach ich vor mich hin.
    »Darauf könnte es hinauslaufen.«
    »Bei drei Nachkommen«, sagte ich leise. »Nur kennt keiner von uns die Namen.«
    »Doch«, sagte Fiona schnell und rieb ihre Augen. »Die Namen sind schon bekannt. Drehen Sie bitte das Blatt um.«
    Ich tat es sofort. Da las ich sie. Die Namen waren sogar in Druckbuchstaben geschrieben worden, damit man sie deutlich lesen konnte.
    Wieder las ich sie laut vor.
    »Warren, Rifkin und Morrow!«
    »Ja, das sind sie.«
    »Und, Fiona? Sagen Ihnen diese drei Namen etwas? Kennen Sie einen von Ihnen?«
    »Nein, ganz und gar nicht. Ich habe mir darüber schon den Kopf zerbrochen. Die Zeit war zwar nur sehr kurz, aber ich weiß, dass ich sie nicht kenne.«
    Und ich kannte sie auch nicht. »Jedenfalls hat er außerhalb seines Dienstes für Geld
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