Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1455 - Das Gewissen des Henkers

1455 - Das Gewissen des Henkers

Titel: 1455 - Das Gewissen des Henkers
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
gute Ware an.
    Keine Chips mit Fisch, sondern Eintöpfe, die seine Frau kochte.
    Gerichte aus seiner Heimat. Dazu gab es Sandwichs, die immer gut belegt waren und die er nicht zu teuer verkaufte. Das hatte sich herumgesprochen, und so wusste man bald in der ganzen Umgebung, dass es bei Sean Rifkin gutes und preiswertes Essen gab.
    Allerdings waren auch Sean und seine Frau Iris nur Menschen.
    Eine Pause brauchten sie, und so wurde der Imbiss am frühen Nachmittag für zwei Stunden geschlossen. Danach konnte man noch etwas kaufen, bekam aber keine warmen Mahlzeiten mehr.
    Dem Verkaufsraum war eine Küche angeschlossen. Es war das Reich von Iris Rifkin, einer hellblonden Frau, die von einer deutschen Nordseeinsel stammte. Aus Liebe hatte sie die kleine Insel Borkum verlassen und war zusammen mit ihrem Mann auf die große jenseits der Nordsee gezogen. Wenn das Geschäft weiterhin so gut lief, wollten sie Kinder bekommen, aber daran dachte Sean in diesem Augenblick nicht, als die beiden Männer bereits den Gehsteig betraten.
    Rifkin schaute noch immer unter dem Saum der halblangen Gardine hinweg, als seine Frau den Raum betrat. Sie trug einen mit Wasser gefüllten Eimer in der rechten Hand. Über dem Rand des Eimers lag ein Lappen. Iris wollte die Tische abwischen.
    Sean hatte seine Frau nicht gehört, deshalb erschrak er, als er ihre Stimme vernahm.
    »Was schaust du so nach draußen?«
    Sean zuckte zusammen und drehte sich um. »Ich – ich…«
    »Himmel, du bist ja ganz blass!«
    »Ja, das bin ich.«
    »Warum?«
    »Sie sind wieder da!«
    Die Frau mit den hellblonden und kurz geschnittenen Haaren brauchte nicht lange, um den schlichten Inhalt der Antwort zu begreifen. »Meinst du die Erpresser?«
    »Ja, genau die.«
    Für einen Moment presste Iris ihre Hand gegen das hart schlagende Herz unter der Brust.
    »Wo?«
    »Vor dem Laden!«
    Iris setzte den Eimer ab und lief zum Schaufenster. Das Bücken, der schnelle Blick. Er reichte aus, um die beiden Männer ebenfalls zu erkennen.
    Sie gehörten einer Gang an, die in der Gegend mehr als berüchtigt war. Halunken und Verbrecher, die sich zusammengeschlossen hatten, um Geschäftsleute zu erpressen. Da traf es den Imbissmann ebenso wie den Lebensmittelhändler oder den Fischverkäufer. So gut wie alle zahlten, nur sprachen sie nicht offen darüber, aber Rifkin hatte an ihren Reaktionen erkannt, dass es so war. Nur er hatte sich bisher geweigert und zwei Warnungen ignoriert. Zu einer dritten würde es nicht mehr kommen. Die beiden Schläger würden Nägel mit Köpfen machen.
    »Und jetzt?«, flüsterte Iris.
    Sean hob die Schultern.
    »Soll ich die Polizei anrufen?«
    »Nein. Sie haben uns ja nichts getan. Noch nicht. Man würde dich auslachen, wenn du sagst, dass zwei Typen vor dem Lokal stehen, die uns nicht geheuer sind. Die Polizei kannst du erst anrufen, wenn wirklich etwas passiert ist.«
    »Aber dann ist es zu spät.«
    »Hoffentlich nicht.«
    Vor der Tür waren die Besucher stehen geblieben. Da sie einen großen Glaseinsatz hatte, waren sie gut zu erkennen. Sogar ihre grinsenden Gesichter.
    Sean hatte abgeschlossen. Er wusste, dass er ein Eindringen der Kerle damit nicht verhindern konnte. Die Hundesöhne würden die Tür einschlagen und verschwinden. Aber sie würden in wenigen Stunden wieder zurück sein und sein Geschäft verwüsten. Das Spiel kannte er von einem Trödler, der ein paar Häuser weiter seinen Laden hatte. Drei Blocks kontrollierte die Bande, und wer ihnen einmal in die Hände geriet, der hatte nichts mehr zu lachen.
    Durch das Glas sah Sean Rifkin ihre grinsenden Fratzen. Einer deutete auf das Schloss, und Sean wusste, dass er ihnen die Tür öffnen musste. Vielleicht konnte er sich mit ihnen einigen, denn eine Zerstörung des Ladens würde ihren Ruin bedeuten.
    »Ich bleibe bei dir, Sean!«
    »Nein!«
    »Sie werden keine Frau schlagen.«
    »Hast du eine Ahnung. Die immer.«
    »Trotzdem.«
    Sean wusste, dass seine Frau einen ebenso starken Dickkopf hatte wie er. Sie würde eingreifen, wenn es nötig war. Sie würde sich den Typen entgegenstellen und versuchen, ihnen die Augen auszukratzen, aber das würde nichts bringen.
    »Schließ auf, Sean!«
    »Okay.«
    Er drehte sich nicht um. Hätte er es getan, dann hätte er das Messer in der rechten Hand seiner Frau gesehen. Iris hatte noch nie einem Menschen auch nur die geringste Gewalt angetan, doch sie war bereit dazu, diesen Graben zu überspringen, denn jetzt ging es um ihre Existenz.
    Sean Rifkin
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher