Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1453 - Die ruhelosen Engel

1453 - Die ruhelosen Engel

Titel: 1453 - Die ruhelosen Engel
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
oft nicht aus, sie wollen immer einen Schritt weiter gehen.«
    »Und wohin?«, fragte Suko.
    »In andere Welten, andere Dimensionen, denn ihre Neugierde treibt sie voran.«
    »Wie dich, oder?«
    Die Voodoo-Mutter richtete ihren Blick auf Suko. »Bei mir ist das etwas anderes«, flüsterte sie. »Ich habe ein Erbe übernommen. Ich bin diejenige, die den Kontakt zu einer Göttin hergestellt hat. Ich kenne die Geister und deren Welt, und ich bewege mich darin wie ihr in der normalen. So muss man es sehen.«
    »Was bedeutet das genau?«, wollte ich wissen.
    »Alles und nichts. Ich kann Grenzen aufheben. Ich habe die Kunst des Voodoo gelernt, doch darum geht es mir in diesem Fall nicht. Es ist etwas anderes geschehen.«
    Wir waren gespannt und fragten uns auch, was das mit Johnny Conolly zu tun hatte.
    »Es war in der vergangenen Nacht, als ich das Treffen erlebte. Ich habe mich in Trance versetzt, um meinen Geist auf Wanderschaft gehen zu lassen, und in dieser Trance ist es dann passiert, denn mir öffnete sich eine andere Welt. Ich schaute hinein in eine dieser Welten, die uns unsichtbar umgeben, und so erhielt ich einen Kontakt mit Menschen, die schon längst als tot galten.«
    »Waren es wirklich Menschen?«, fragte Suko.
    »Ja, sogar recht junge Menschen.«
    »Hast du deshalb Johnny erwähnt?«
    »Ja und nein.«
    »Wir verstehen nicht«, sagte Bill.
    Die Voodoo-Mutter hob die Hand. »Bitte, nicht so voreilig. Ihr werdet schon noch begreifen.« Sie lächelte breit. »Ich muss euch den Weg zwischen dem Diesseits und dem Jenseits öffnen. Ich habe eine Brücke bauen können und Informationen erhalten.«
    »Wir sind gespannt«, sagte Bill.
    Erzulie lehnte sich zurück. Sie schloss die Augen zur Hälfte, und wir sahen, dass ihre Augendeckel ebenfalls dunkel geschminkt waren. Sie schlief natürlich nicht ein und fing an, mit leiser, jedoch intensiver Stimme zu sprechen.
    »Ich baute die Brücke. Ich sah die Menschen, und ich wusste, dass sie auf dem Weg zurück in unsere Welt waren. Sie hatten es sich anders vorgestellt, aber sie wurden enttäuscht. Sie fanden keine Ruhe, wie sie angenommen hatten. Das Reich der Engel gab ihnen nicht das, was sie sich erhofften.« Die Mutter seufzte. »Und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als den Rückweg anzutreten.«
    »Den Rückweg?«, wiederholte ich leise. »Wohin?«
    »Wieder in diese Welt. Sie kehrten zurück als die ruhelosen Engel, und ich weiß nicht, wie sie sich hier verhalten werden.«
    »Kennst du ihre Anzahl?«
    Die Voodoo-Mutter nickte mir zu. »Es sind genau sechs. Drei Frauen und drei Männer. Sie haben sich als Paare zusammengefunden, und es kann sein, dass sie wieder an ihren alten Platz zurückkehren, weil sie nicht wissen, wohin sie gehen sollen.«
    »Wo wäre der denn?«, flüsterte Bill. Er war ebenso gespannt wie Suko, Johnny und ich.
    »Es ist ein bestimmter Platz hier in London. Ein bekannter sogar. Die Universität.«
    Das war bisher die größte Überraschung. Es gab keinen von uns, der nicht zusammengezuckt wäre. Aber wir sahen auch, dass die Voodoo-Mutter den Kopf drehte, um Johnny Conolly anzuschauen.
    Sie hatte vorhin ihn besonders erwähnt, und nun schien sich allmählich etwas herauszukristallisieren.
    »Ich bin doch auf der Uni«, sagte Johnny leise.
    »Eben.« Erzulie nickte.
    Johnny war etwas durcheinander. Kein Wunder. Er schaute mal uns an, dann wieder Erzulie, die sich noch mit einer Erklärung zurückhielt und es weiterhin spannend machte.
    »Es waren sechs junge Leute«, sagte sie.
    »Ja – und?«
    »Erinnerst du dich nicht?«
    Johnny zuckte mit den Schultern.
    »Wie lange studierst du schon?«
    »Vier Semester.«
    »Dann kannst du es nicht wissen, weil du zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf der Universität gewesen bist.«
    Es blieb weithin ein Zwiegespräch zwischen Johnny und der Voodoo-Mutter.
    »Was bedeutet das?«, fragte Johnny.
    »Dass es ein Jahr vor deiner Zeit passiert ist.«
    »Was denn?«
    »Der Tod oder das Verschwinden der sechs Studenten. Man hat ihre Leichen nie gefunden, und irgendwann ging man davon aus, dass sie nicht mehr am Leben sind.«
    Wir hatten genau zugehört. Es ging Johnny deshalb etwas an, weil er Student auf der Uni war, und jeder von uns sah, wie es in ihm arbeitete.
    »Ja«, sagte er nach einer Weile des Nachdenkens. »Ja, da ist etwas gewesen. Jetzt erinnere ich mich wieder.« Er räusperte sich und schaute auf die weiße Tischdecke. »Man hat davon erzählt, das ist alles. Da sind sechs Studenten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher