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1429 - Totenkopf-Ballade

1429 - Totenkopf-Ballade

Titel: 1429 - Totenkopf-Ballade
Autoren: Jason Dark
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Erstes ein Geräusch, das mich an ein Seufzen erinnerte, und vernahm anschließend so klar und deutlich eine Frage, als stünde der Sprecher direkt neben mir.
    »Willst du mich vertreiben, Fremder?«
    Ich schloss die Augen für einen winzigen Moment. Dann spürte ich die Kälte auf meinem Rücken. Sie rieselte dort wie ein Strom eisiger Körner hinab.
    »Es ist gut, dass ich dich höre. Gesehen haben wir uns ja schon.«
    »Das stimmt.«
    »Du bist tot, nicht wahr?«
    »Das sagen die Menschen.« Auch weiterhin vernahm ich die Antworten nur in meinem Kopf.
    »Und du heißt Malinka.«
    »Den Namen gab man mir.«
    »Eine Malinka, die sich an der Menschheit versündigt hat«, flüsterte ich fast pathetisch.
    »Versündigt? Nein, ich bin nur einen anderen Weg gegangen.«
    »Ja, den, der in die Hölle führt. Du hast dich doch mit dem Teufel verbündet?«
    »Ich weiß nicht, was du meinst. Er ist eben ein Gott und…«
    »Er ist kein Gott«, widersprach ich. »Er ist ein Götze. Ein widerlicher, abstoßender Götze. Er kann in vielen Gestalten auftreten. Welche immer er auch annimmt, er bleibt abgrundtief schlecht. Er kann nicht freundlich sein. Er ist mit dem Bösen verwachsen, und er bringt die Menschen dazu, Böses zu tun. Dafür bist du das beste Beispiel, denn man hat dich hier als Mörderin verscharrt. Du hast dich nicht gescheut, Kinder zu töten. Das Unschuldigste, was es gibt. Deshalb bist du ebenso verachtenswert wie der Teufel selbst.«
    Ich setzte darauf, dass meine Worte sie provozierten. Ich wollte, dass sie sich zeigte, damit ich ein Angriffsziel hatte.
    Aber sie blieb verschwunden und antwortete mir aus ihrer geisterhaften Dimension.
    »Er wollte die Seelen. Ich habe sie ihm gegeben. Er wollte die Unschuld, und er hat sie bekommen.«
    »Was gab er dir?«
    »Meine Existenz. Auch das Feuer. Ich durfte damit spielen. Ich kann es beherrschen. Ich kann meine Feinde damit verbrennen, und das habe ich getan. Ich bin noch da, obwohl mich die Menschen für eine Legende halten. Nur die sehr alten Leute wissen über mich Bescheid.«
    »Wie der Pfarrer, nicht?«
    »Ja, er wusste es noch. Aber er hat stillgehalten. Über lange Jahre hinweg ist sein Mund verschlossen geblieben, bis ihn eines Tages eine Frau besuchte, die aus der großen Stadt kam. Sie hat sich mit ihm getroffen, und dann fing er damit an, sein Gewissen zu beruhigen. Gesprochen hat er nicht, aber er schrieb sein Wissen auf, um es der fremden Frau zu übergeben. Doch dazu kam es nicht mehr.«
    »War die Fremde die Frau in der Wanne?«
    »Das war sie. Ich musste ihr das Feuer schicken, das sie verkohlte. Und ich habe auch die zweite Spur gelöscht.«
    »Jetzt gibt es eine dritte«, sagte ich.
    »Du bist die Spur.«
    »Genau. Ich weiß ja nicht, was Anita Koller von dir wollte, aber ich verspreche dir, dass du mit mir kein leichtes Spiel haben wirst, Malinka.«
    Ich hörte ein Geräusch, das sich wie ein Lachen anhörte.
    »Du bist ein stärkerer Gegner, das habe ich gespürt und auch erlebt. Letztendlich jedoch werde ich gewinnen. Die Frau in der Wanne war so hilflos. Mit ihr hatte ich leichtes Spiel. Ich schickte ihr meine kleinen Brandbomben und vernichtete sie. Ich hätte sie auch normal töten können, aber ich wollte den Menschen hier ein Rätsel aufgeben. Sie sollen sich fürchten. Sie sollen vor Angst vergehen. Aber zunächst mache ich reinen Tisch.«
    »Bei mir.«
    »Auch.«
    Ich wollte noch mehr über Anita Koller wissen, deshalb erkundigte ich mich, was sie genau hier gewollt hatte.
    »Die Vergangenheit wieder zurückholen. Ihre Großmutter hat mal in dieser Stadt gewohnt. Sie verlor ein Kind. Ich habe es ihr genommen. Die Eltern lebten nicht hier. Sie waren Bauern und recht arm. So konnten sie nicht all ihre Kinder aufziehen und gaben eines zur Großmutter.«
    »Verstehe. Dann ist Anita Koller eine Schwester deines Opfers gewesen.«
    »Ja. Aber sie war zu neugierig. Sie hätte die Vergangenheit ruhen lassen sollen. Sie ist einfach zu neugierig gewesen, und genau das war ihr Todesurteil. Sie hat nicht damit rechnen können, dass ich einen großen Partner an meiner Seite habe, der mich nicht richtig sterben ließ. So habe ich mich in ein Zwischenreich retten können, in die Welt der Geister. Es ist nicht die der Erlösung, wie viele Menschen glauben. Es ist auch nicht die der Engel, es ist nur eine Welt von vielen, zu der der Teufel Zugriff hat.«
    Da erzählte sie mir nichts Neues. Ich hatte so etwas oft genug erlebt. Und es öffneten sich mir
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