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1412 - Die Hellseherin

1412 - Die Hellseherin

Titel: 1412 - Die Hellseherin
Autoren: Jason Dark
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wischte sich den Schweiß vom Gesicht und atmete heftiger als normal. »Ich weiß nicht, ob ich es schaffen kann. Ich weiß zudem nicht, ob ich es will. Aber das verfluchte Serum arbeitet wieder, das merke ich verdammt deutlich.«
    »Erkennst du ein Ziel?«
    »Nein.«
    »Und was ist mit deiner Umgebung?«
    »Keine Sorge, ich sehe dich, und du bist auch nicht verzerrt, sondern völlig normal. Du sitzt auf der Couch und hast dich nicht ver ändert. Nichts hat sich verzerrt oder verzogen. Es ist schon alles okay.«
    Nun ja, das war relativ. Ich konnte nicht so einfach sitzen bleiben und sie ihrem Schicksal überlassen. Es war besser, wenn ich mich in ihrer unmittelbaren Nähe aufhielt. Deshalb stand ich auf und ging zu ihr.
    Glenda ließ es zu. Ihre dunklen Augen bewegten sich, als wüsste sie nicht, wohin sie schauen sollte. Ich ergriff ihre Hände und hielt sie fest. Sie zitterten.
    Ich selbst war nicht durch das Serum betroffen. Ich kannte nur seine Wirkung, und ihn wollte dabei sein, wenn Glenda in den fantastischen Kreislauf hineingeriete, für den es keine normale Erklärung gab.
    Fragen stellte ich keine mehr. Aber weiterhin hielt ich ihre Hände, und ich bemerkte, dass Glenda Probleme mit ihrem Gleichgewicht bekam. Sie schwankte nach hinten, konnte aber durch meinen Griff gehalten werden.
    Ihre Lippen bewegten sich. Sie flüsterte etwas, doch leider verstand ich nichts.
    Dann rutschte mir doch eine Frage über die Lippen. »Wie stark hat es dich erwischt, Glenda? Wie weit bist du?«
    »Da… ich … ich … bin fast da.«
    »Und weiter?«
    »Die Umgebung verändert sich. Ich sehe dich, aber jetzt anders. Auch die Wohnung zieht sich zusammen. Es wird eng – mein Gott, das ist… es ist so schrecklich …«
    Was Glenda sah, bekam ich nicht mit. Bei mir zogen sich die Wände nicht zusammen. Da schlug auch kein Fußboden Wellen, da sank die Decke nicht nach unten. Und doch wusste ich, dass die magische Reise dicht bevorstand. Sie war anders als die Reisen, die ich mit der Schattenhexe Assunga unternommen hatte oder mit meinen Freunden Myxin und Kara. Bei ihnen wurde reine Magie eingesetzt, hier hatte das verdammte Serum schon einen wissenschaftlichen Hintergrund.
    Dann erwischte auch mich die Kraft. Ich wurde gegen Glenda gezogen.
    Ziehende Schmerzen durchdrangen mich. Für einen Moment wurde mit der Atem knapp, und dann hatte ich den Eindruck, als würde die gesamte Welt über mir zusammenbrechen.
    Es gab keine Wände mehr, keine Decke, kein Boden, nicht einmal Glenda Perkins.
    Es gab nur noch das Nichts, und das hatte uns beide sehr schnell verschlungen…
    ***
    Die Nacht war nicht eben so verlaufen, wie es sich Dagmar Hansen und Harry Stahl gewünscht hätten. Beide hatten sie zwar im Bett gelegen, nur war an Schlaf nicht zu denken gewesen. Zu viele Gedanken und Überlegungen waren durch ihre Köpfe gehuscht, und sie alle in die Reihe zu kriegen, war verdammt schwierig.
    Harry sollte dem Teufel etwas schuldig sein. Und dabei hatte die geheimnisvolle Anna Lebrun so etwas wie eine Katalysatorfunktion übernommen.
    Dagmar und er hatten überlegt, Pläne geschmiedet, sie wieder verworfen und waren letztendlich zu keinem Resultat gekommen.
    Noch am Abend hatte Harry mit seiner Dienststelle telefoniert und Kollegen gebeten, mehr über eine gewisse Anna Lebrun herauszufinden. Sobald ein Ergebnis vorlag, würden die Kollegen anrufen, aber das war noch nicht passiert, und auch jetzt, da beide am Frühstückstisch saßen, die Müdigkeit und auch ihre innere Nervosität bekämpften, hatte sie noch immer nichts erfahren.
    »Es scheint sie gar nicht zu geben«, nahm Harry das Thema wieder auf. »Zumindest habe ich den Eindruck.«
    »Keine Sorge, sie wird sich wieder melden.«
    Stahl verzog den Mund. »Frag mich mal, ob ich das auch will? Ich weiß es nicht genau.«
    »Dann ruf in der Dienststelle an.«
    »Genau das werde ich tun.« Er legte eine Scheibe Schinken auf die Schnitte Vollkornbrot. Es gehörte für ihn einfach zum Frühstück dazu. An diesem Morgen allerdings schmeckte ihn nur wenig. Er aß zwar, war aber mit den Gedanken woanders.
    »Was könnte sie vorhaben, Dagmar?«
    »Du sollst Dankbarkeit zeigen.«
    »Und wie könnte die aussehen?«
    Dagmar lächelte etwas gequält. »Das darfst du mich nicht fragen. Ich habe keine Ahnung. Aber ich werde dich nicht im Stich lassen. Das ziehen wir gemeinsam durch.«
    »Danke.«
    Beide aßen, tranken den Kaffee und sprachen nicht mehr weiter.
    Das Radio dudelte im Hintergrund
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