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1349 - Lilians tödlicher Blumenzauber

1349 - Lilians tödlicher Blumenzauber

Titel: 1349 - Lilians tödlicher Blumenzauber
Autoren: Jason Dark
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andere so mitreißen kannst.«
    »Was bleibt mir anderes übrig?«
    »Klar.« Maxine reckte sich und drehte sich anschließend um, weil sie den Weg in die andere Richtung schauen wollte. Ich sah, dass sie über etwas nachdachte, und glaubte auch, den Grund zu kennen.
    »Denkst du an Carlotta?«
    »Leider, John. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie im Wagen sitzt und wartet.«
    Unwillkürlich warf ich einen Blick zum Himmel. Dort war nichts zu sehen. Keine Bewegung. Weder von einem Vogel noch von einem fliegenden Menschen.
    Wir mussten weiter.
    Maxine Wells blieb wieder hinter mir. Auch auf dem Weg mussten wir uns sehr vorsichtig weiter bewegen. Er war nicht glatt. Er war buckelig und wies auch Rillen auf, in denen das Wasser zu Eis gefroren war. Über uns bildete quer stehendes Astwerk ein Dach, das sich aus weißen Stäben zusammensetzte. Es fiel nichts zu Boden. Kein Eiskrumen. Keine Schneeflocke, und es brachen auch keine Äste in der Nähe ab.
    Es war mir zu dunkel. Ich wollte Licht haben und zupfte wieder die Lampe aus der Tasche.
    Bevor es dazu kam, tippte mir Maxine auf die Schulter. Ich drehte mich nicht um, weil ich das Gleiche gesehen hatte wie sie.
    Die Gestalt war wie aus dem Nichts erscheinen. Sie stand auf dem Weg und schaute uns an.
    Es war Lilian!
    ***
    Im ersten Augenblick waren wir beide überrascht und reagierten auch nicht. So nah hatten wir die Frau noch nicht gesehen, und sie schien auch innerlich zu leuchten, denn wir sahen sie als heller an, als die übrige Umgebung es war. Deshalb konnten wir sie auch so gut erkennen.
    Schwarze Haare. Das stimmte. Dazu ein helles Kleid. So hell beinahe wie frischer Schnee. Trotzdem war ein bläulicher Farbton zu erkennen, der die Gestalt umschmeichelte. Sie trug kein weiteres Kleidungsstück. Wir stellten sogar fest, dass sie barfuß lief. Das war so gut wie nicht zu erklären, nicht mit dem normalen Menschenverstand.
    Ihre Lippen fielen durch das kräftige Rot auf. Und an der linken Hälfte des Gesichts fiel das schwarze Haar wie ein dichter Vorhang nach unten, der so weit reichte, dass er die Schultern berührte.
    Es gab kein neues Licht. Ich strahlte die Person auch nicht mit meiner Lampe an, und trotzdem war sie für uns eine helle Erscheinung, als hätte sie sich aus einer anderen Welt gelöst, um der unsrigen einen Besuch abzustatten.
    Dann fiel mein Blick auf ihr Wahrzeichen. Sie hielt die Lilie fest.
    Zwischen den beiden Händen steckte die Blume. Unterhalb der Brust waren die Finger zusammengelegt, und aus ihnen ragte die frische und helle Blüte hervor.
    Sie schaute aus dunklen Augen zu uns hin. In ihnen bewegte sich nichts. Starre Pupillen, insgesamt düster.
    Sie versperrte uns den Weg. Waffen entdeckte ich nicht an ihr. Es malte sich auch nichts unter dem Kleiderstoff ab, was darauf hingedeutet hätte. Und sie tat nichts, um das Schweigen zwischen uns zu brechen.
    »Jetzt sind wir an der Reihe«, flüsterte Maxine hinter mir. »Soll ich sie fragen oder willst du es tun?«
    »Fang du an.«
    »Okay.«
    Die Kälte hatten wir beide vergessen. Auch mich hatte die Frau in ihren Bann gezogen. Während sich Maxine an mir vorbeischob, dachte ich wieder über die Person nach.
    Wer war sie? Woher kam sie? War sie überhaupt ein Mensch aus Fleisch und Blut?
    Sie sah so aus. Dennoch hegte ich gewisse Zweifel, und in meinem Kopf formierte sich ganz allmählich eine Idee, die auch auf dem Besitz der Blume aufbaute. Ich hielt sie noch zurück und wollte Maxine den Vortritt lassen.
    »Wer bist du?« Mit erstaunlich fester Stimme hatte die Tierärztin die Fremde angesprochen.
    »Ich bin Lilian Wood.«
    »Wo kommst du her? Spürst du nicht die Kälte?«
    »Nein.«
    »Und eine Blume? Was hat sie bedeuten? Warum bringt sie andere Menschen um?«
    Sie antwortete wieder mit einer recht tiefen Stimme. »Ich bin einsam geworden. Ich wollte in diese Welt wechseln, und ich habe die Lilie mitgebracht, die meine Blume ist. Sie ist für mich die Blüte der Hoffnung. Ich liebe sie.«
    »Aber sie tötet!«, hielt Maxine ihr entgegen.
    »Nein, nein, so kann man das nicht sehen. Sie tötet nicht nur. Sie sorgt auch für neues Leben. Sie kann sich vermehren, denn sie macht das Abgestorbene wieder fruchtbar.«
    Wer die Hintergründe nicht kannte, der hätte jetzt seine Probleme gehabt. Ich jedoch dachte anders darüber, denn mir fiel wieder ein, was ich bei der Leiche des jungen Mädchens gesehen hatte. Da waren die kleinen Lilien aus der Haut gewachsen. Sie hatten den
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