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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel
Autoren: Ursula Bruns
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drehte und sie anstierte.
    »Dieser Müller ist — ist mein Ruin«, ächzte er, sich mit der Hand auf den Tisch stützend. »Da hat er den Wagen also losgekoppelt, und der Zug ist seit ‘ner Stunde fort. Und jetzt, nach einer geschlagenen Stunde, kommt der Kerl auf die glorreiche Idee, in den Waggon zu gucken. Weil das Stroh so ‘nen Radau macht, sagt er. Ha!« Sein Kopf schoß vor, der rechte Zeigefinger wies auf den Pastor. »Nun frag’ ich Sie: Was, glauben Sie, ist in dem Waggon ?«
    Pfarrer Winkelmann wehrte mit der langen Pfeife ab. »Arnos sieben, vierzehn: Ich pin kein Prophet, sondern ein Hirt pin ich und züchte Maulpeerfeigen !«
    »Ha !« sagte Bennekamp gequält und sah die anderen an. Angestrengt, mit gekrausten Stirnen und geröteten Gesichtern, brüteten sie über dieser wichtigen Frage. Bis Don Chaussees vielfach gespaltenes Gesicht sich in die Breite zog.
    »Zwei Millijohnen Rrrinder !« triumphierte er.
    Aller Augen ruhten gespannt auf Bennekamp. Der winkte ab. »Irrtum«, sagte er dumpf, »dreizehn alte Esel !«

2. Kapitel

    Der nächste Morgen war ein Sonntag, mit hellgefegtem Himmel, auf dem eine gelbe Sonne schwamm.
    Don Chaussee hielt den Kopf in die Wasserschüssel, rubbelte ihn trocken, als sei er aus Glas, und zog dann, alle Falten schmerzverzerrt, den Kamm durch die Haare, wobei sein Blick auf einen gerahmten Spruch über dem Spiegel fiel: »Morgenstund’ hat Gold im Mund .«
    Ein gurgelndes Stöhnen entrang sich seiner Brust. Seine Schläfen hämmerten, und der Magen war ihm bis an die Kehle gerutscht und würgte dort höchst widerlich.
    »Luft«, sagte er, beide Fensterflügel weit aufstoßend. Draußen klebten, vom Regen heruntergepeitscht, die ersten gelben Blätter auf den Steinen. Don Chaussee starrte einen Augenblick lang trübe darauf hin, dann zu den Haaren im Kamm, von denen ein paar silbern schimmerten. »Herbst«, seufzte er, »da kann man nichts machen .«
    Und nachdem er zu der Einsicht gelangt war, daß gegen seinen Kater im Moment ebensowenig zu machen sei, vervollständigte er seinen Anzug und begab sich, ein wenig bleich noch, jedoch entschlossen, vor Frau Martha und den Kindern Haltung zu bewahren, auf die Terrasse.
    Im Hinausgehen fiel sein Blick auf zwei weitere Sprüche rechts und links der Tür. »Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen« stand auf dem einen, und der andere lautete: »Müßiggang ist aller Laster Anfang .« Er schüttelte benommen den Kopf: eine ungewöhnlich liebenswürdige Idee, diese Aufforderung zum tätigen Leben ausgerechnet ins Gastzimmer zu hängen! Alle Wände des Heims wiesen als Schmuck zahllose, mit schwarzer Tusche auf weißes Kartonpapier geschriebene und mit schwarzem Kaliko gerahmte Sprüche und Bibelzitate auf, doch da er schon ohne Kater nicht hinter die Merkwürdigkeiten dieses Hauses kam, schob er die Frage nach ihrem Sinn nun als völlig unlösbar beiseite.
    Gepeinigt durchquerte er den riesigen, achteckigen Wohnraum, der die ganze Mitte des ebenerdigen Hauses einnahm. Draußen war das Sonntagsfrühstück in vollem Gange. Ein eisiger und elf unverhohlen neugierige Blicke empfingen ihn. Nur Schwester Monika, die eilig — nach Frau Marthas Ansicht ein wenig zu eilig — mit der Kaffeekanne aus der Küche kam, giggelte albern beim Anblick seines Leidens.
    »Möchten Sie vielleicht einen Hering ?« fragte sie anzüglich. Schadenfrohes Grinsen huschte über ein paar Gesichter.
    »Danke, meine Liebe, nein.« Don Chaussee sagte es entwaffnend höflich, und die kleine Schwester Monika, die ihn eigentlich ganz gern leiden mochte, errötete.
    Schweigend frühstückten alle weiter. Das Klappern der Emaillebecher war der einzige Laut, der die morgendliche Stille durchbrach; selbst der zweijährige blonde Uwe auf Schwester Monikas Schoß pappte lautlos in seinem Brei herum. Don Chaussee fand diese Mahlzeiten immer beklemmend. »Gräßlich, gräßlich«, murmelte er in sein Butterbrot und ließ die Augen über die trostlose Gesellschaft schweifen.
    Ihm gegenüber, am Kopfende des langen, wachstuchbedeckten Tisches, saß Frau Martha Krapp, seine Frau, die er vor einer Woche hier plötzlich aufgesucht hatte. Ihre kräftige Gestalt war in einen makellos weißen Kittel gehüllt; das lackschwarze Haar war in der Mitte gescheitelt, straff zurückgekämmt und zum Knoten geschlungen. Noch immer eine ungewöhnlich schöne Frau, dachte er bewundernd: prick und energisch und fähig — da gab’s nichts auszusetzen! Und mächtig
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