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1280 - Der Engel und sein Henker

1280 - Der Engel und sein Henker

Titel: 1280 - Der Engel und sein Henker
Autoren: Jason Dark
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Lavinia und die beiden Kugellöcher in ihrer Kleidung. Aber diese Löcher waren nicht in ihrem Körper gewesen, und damit hatte sie irgendwie Recht. Sie war getroffen und doch nicht getroffen worden. Sie lebte. Sie saß putzmunter vor mir und versuchte, mich sogar durch ihr Lächeln aufzuheitern.
    »Dann hat der Engel sie als Mensch praktisch abgelöst.«
    »Im Augenblick der Gefahr!«
    »Wahnsinn«, flüsterte ich.
    Lavinia Kent musste lachen. »Guter Kommentar, John. Jugendliche hätten jetzt gesagt, echt cool.«
    »Das ist es im Prinzip auch. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Wenn ich dann ein Fazit ziehen kann, würde ich sagen, dass Sie unverletzbar sind.«
    »Nein, nicht immer, John. Nur in dem Moment allerhöchster Lebensgefahr. Dann erscheint mein Engel und schiebt sich in meine menschliche Gestalt hinein oder schiebt sich darüber. Er übernimmt mich praktisch. Anders kann man es nicht sehen. Von diesem Phänomen weiß auch Purdy Prentiss. Sie ist diejenige, die wollte, dass Sie ebenfalls davon erfahren, John. Den Grund brauche ich Ihnen nicht zu sagen, denn auch ein John Sinclair ist ein Phänomen.«
    »Nun ja, so sehe ich das zwar nicht, aber irgendwie haben Sie schon Recht.«
    »Man nennt Sie nicht grundlos Geisterjäger.«
    Ich griff wieder zum Glas und trank einen Schluck. »Klar, das ist mein Spitzname, aber auch Sie haben etwas Geisterhaftes an sich, wenn ich das so sagen darf. Da hat die gute Purdy schon einen bestimmten Blick gehabt.«
    »Kann man sagen.«
    Ich lächelte vor meiner nächsten Frage. »Aber was hat die gute Purdy nur geritten, dass sie uns beide zusammengebracht hat? Und dann noch auf diese ungewöhnliche Art und Weise. Darüber muss ich auch nachdenken.«
    »Sie wollten mich in Aktion erleben. Wir haben Ihnen praktisch den Beweis dafür geliefert, dass ich mich von den anderen Menschen schon ein wenig unterscheide.«
    »Ein wenig ist gut«, murmelte ich. »Ich weiß nicht, wie ich es sonst ausdrücken soll.«
    »Stimmt auch wieder.« Ich streckte meine Beine aus. »Aber wie soll es weitergehen? Was ist der Sinn der Sache gewesen? Soll ich sie der Staatsanwaltschaft abwerben, damit Sie zu uns zu Scotland Yard kommen und dort einen Job übernehmen?«
    »Nein, das nicht. Außerdem fühle ich mich in meinem Job als Psychologin sehr wohl.«
    »Okay, akzeptiert. Und wie geht es weiter?«
    »Ich habe da schon einige Probleme«, gab sie zu. Ihr Lächeln verschwand, und das Gesicht nahm einen sehr ernsten Ausdruck an. »Ich bin ja nicht unbesiegbar. Das dürfen Sie nicht glauben.«
    »Hätte ich auch nicht gedacht, Lavinia. Denn kein Mensch ist unbesiegbar.«
    »Eben.«
    »Wo ist das Problem?«
    Lavinia Kent schaute zu Boden und hob die Schultern. »Ich kenn es und kenne es trotzdem nicht. Um es mal knapp zu sagen, meine ich Folgendes: Ich werde verfolgt.«
    »Oh!«
    »Sie wollen nicht wissen, wer mich verfolgt, John?«
    »Sie werden es mir sagen.«
    »Stimmt. Ich werde von einem Wesen verfolgt, das mich töten will. Von einem Henker. Von einer muskulösen, halb nackten, schrecklichen Gestalt, die über ihren Kopf eine schwarze Kapuze gestreift hat und mit einem mächtigen Beil bewaffnet ist.« Ihre Stimme hatte immer mehr an Kraft verloren, und als sie endete, da war sie nur noch ein Flüstern. Sie musste sich erst fassen, bevor sie wieder sprach. »Obwohl ich unter dem Schutz des Engels stehe, habe ich Angst. Sehr große Angst sogar. Ich weiß einfach nicht, wohin damit. Ich… ich… weiß, dass der Henker stärker ist und dass er mich irgendwann erwischen wird.«
    Ich lächelte etwas kantig. »Haben Sie sich schon mal gefragt, warum Sie von diesem Henker verfolgt werden?«
    »Ja, natürlich.«
    »Und?«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Ich kenne den Grund nicht. Und ich habe den Eindruck, dass es eine alte Schuld ist, die er begleichen will.«
    Ich trank wieder Wein und leerte das Glas. »Wie kommen Sie darauf?«
    Lavinia rieb die Hände gegeneinander. Sie war nervös geworden. »Weil ich immer ein bestimmtes Bild vor mir sehe. Ich knie mit Handschellen gefesselt auf irgendwelchen Stufen und habe meine Hände erhoben und sie gegen die Augen gedrückt. Hinter mir steht dann der Henker, den ich Ihnen beschrieben habe. Er hat sein mächtiges Beil zum Schlag erhoben, und in dieser Haltung wäre er in der Lage, mir mit einem Schlag den Kopf vom Körper zu hacken. So ist es. Jetzt wissen Sie Bescheid.«
    Das wusste ich tatsächlich. Es war
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