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1270 - Belials Liebling

1270 - Belials Liebling

Titel: 1270 - Belials Liebling
Autoren: Jason Dark
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jetzt wollte er abwarten, was passierte. Es musste doch eine Reaktion von ihrer Seite aus geben.
    »Du musst weggehen!«
    Tino lachte krächzend. Er fasste es nicht. Es war einfach verrückt. Er schlug gegen seine Stirn. Die Worte hatten sich angehört wie eine Warnung.
    »Warum soll ich denn gehen, Julie?«
    »Du könntest sterben!«
    Es war eine sehr schlichte Antwort gewesen, doch die Worte hatten ihn tief getroffen. Tino spürte, wie das Blut in seinen Kopf stieg und sich die Haut rötete. Ihm war eigentlich nie der Gedanke an den Tod gekommen, und so etwas aus dem Mund eines Kindes zu hören, war der große Hammer.
    »Ich könnte sterben?«
    »Ja.«
    »Wie denn?«
    »Es wird passieren, wenn du nicht gehst. Es wird wirklich passieren. Geh lieber. Du musst flüchten.«
    Sie sagte nichts mehr. Noch einmal traf ihn ein Blick ihrer hellen Augen, und der sah in der Tat aus wie eine optische Warnung. Er merkte sogar, dass ihm kalt wurde und sich die Haut auf seinem Rücken wieder zusammenzog.
    »Ein Überfall?« Es war seine Version einer Geschichte, die er sich vorstellen konnte, doch Julie gab ihm keine Antwort mehr. Sie drehte sich weg, und er schaute auf ihren Rücken. Dann ging sie auf die Treppe zu, die nach oben führte, und ließ einen Menschen zurück, der sich nicht bewegen konnte und erst mit dem fertig werden musste, was ihm in den letzten Minuten widerfahren war.
    Tino Caresi glaubte an einen Traum und doch wieder nicht daran. Er strich über seine Stirn. Er stierte dorthin, wo die blonde Julie gestanden hatte, aber sie war nicht mehr zu sehen und tatsächlich gegangen. Die Treppe mit den breiten Stufen führte in die Höhe. Eigentlich hätte er das Echo ihrer Schritte dort hören müssen, nur drang von dort nichts an seine Ohren.
    Er streifte seine Handflächen an seinem Kittel ab und bekam sie so trocken. Dann hielt ihn nichts mehr auf dem Fleck. Er hatte das Kind gesehen, doch er konnte es nicht vergessen und konnte es vor allen Dingen nicht einfach so laufen lassen. Dagegen musste er etwas tun. Ob Julie die Wahrheit gesagt hatte oder nicht, das spielte für ihn im Moment keine Rolle. Er musste sie noch sehen und mit ihr reden, denn er hatte auch das Gefühl, dass sie ihm die Wahrheit gesagt hatte. Julie war derartig ernst gewesen, dass er nicht an eine Lüge glaubte.
    Der Gang mit den Fliesen und dem hellen Licht kam ihm jetzt noch kälter und abweisender vor als sonst. Die Treppe bestand aus einem dunklen Gestein. Sie war recht lang. Tino hoffte, Julie noch zu sehen, als er die unterste Stufe erreichte.
    Pech gehabt - Julie war verschwunden!
    Tino blieb stehen und dachte nach. Wohin konnte sie gelaufen sein? Es gab nur eine Lösung. Ins Rasthaus oder auf den großen Parkplatz, der die Raststätte ebenso umgab wie eine Tankstelle. Normalerweise verließ Tino seinen Arbeitsplatz nicht. In diesem Fall hatte er einen besonderen Grund, und deshalb eilte er Julie nach. Er lief mit langen Schritten die Stufen hoch und nahm zwei auf einmal. Die Sorge um Julie war für ihn wie ein Motor, und dann dachte er auch an ihre Warnung, dass ihm etwas passieren könnte.
    Genau das trug dazu bei, dass er seine Schritte noch mehr beschleunigte. In seinem Reich hätte er sich zu sehr eingeschlossen gefühlt. Da war es schon besser, wenn er ins Freie lief und sich dort genauer umschaute. Es lagen ihm noch so verdammt viele Fragen auf der Zunge, und nur Julie konnte die Antworten geben.
    An Vorahnungen hatte er nie so recht geglaubt, nun aber änderte er seine Meinung, und das bereitete ihm schwere Sorgen…
    ***
    »Sinclair«, meldete ich mich, und meine Stimme klang etwas gehetzt, weil ich vom Flur her erst in meine Wohnung gelaufen war, um dort den Telefonhörer abzuheben.
    »Sina Franklin hier.«
    »Ach, Sie sind es.«
    »Bitte, John, entschuldigen Sie die Störung. Ich wollte Sie nicht auf der Dienststelle anrufen. Sie haben sicherlich genug zu tun, und so habe ich mir eben den frühen Abend ausgesucht.«
    »Unsinn, Sina, Sie hätten auch am Vor- und Nachmittag anrufen können.«
    »Danke, dass Sie das sagen.« Ich hörte ein seufzendes Geräusch. »Können Sie sich denken, weshalb ich Sie kontaktiert habe?«
    »Es geht um Julie Wilson - oder?«
    »Genau.«
    Diesmal seufzte ich. Innerlich und unhörbar. Sina Franklin hatte mich an einen Fall erinnert, den ich als eine verdammte Niederlage einstufte.
    Julie Wilson, das achtjährige Mädchen, das als Waise in einem Heim lebte, war von Visionen überfallen worden. Es
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