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1254 - Welt ohne Hoffnung

Titel: 1254 - Welt ohne Hoffnung
Autoren: Unbekannt
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gegenüber hegte. Eile war also angebracht. Zweitens konnte Ne Nudruv die Gehirnzelle aufsuchen und ihr Meldung erstatten, oder er konnte seine Meldung über einen der technischen Kommunikationskanäle vermitteln. Von daher drohte Or Mendin weniger Gefahr; denn Ge Allini war für seine Untergebenen nur zu gewissen Zeiten ansprechbar, und die nächste Möglichkeit für Ne Nudruv, mit der Gehirnzelle zu kommunizieren, lag noch etliche Stunden entfernt.
    Or Mendin traf seine Vorbereitungen. Undeutlich wurde ihm bei seiner Tätigkeit bewußt, daß er sich nun endgültig außerhalb von Recht und Ordnung stellte. Was er tat, stellte eindeutig einen Akt des Verrats dar.
    Er nahm sein Leben in die eigene Hand. Er verließ den Verband, den man den Körper nannte. Von nun an würde er ein Ausgestoßener sein. Die Gedanken eilten in rascher Folge durch sein Bewußtsein. Er schenkte ihnen kaum Beachtung - teils, weil sie ihm unangenehm waren, teils, weil er zu sehr mit; der Gefahr beschäftigt war, die von Ne Nudruv ausging.
    Als er fertig war, ließ er die Tür nach oben schnellen und trat hinaus auf die Leiste, die seinen Arbeitsraum mit zahlreichen anderen, auf demselben Niveau liegenden verband. Ne Nudruv würde irgendwo in der Nähe auf Lauer liegen, denn er hatte seine übliche Arbeitszeit um mehr als eine halbe Stunde überschritten. Das war untypisch für Or-Typen. Sie gingen nach Hause, sobald es die Arbeitszeitregelung erlaubte.
    Or Mendin zögerte kurz, als sei er nicht sicher, wohin er sich zu wenden habe. Sein Blick glitt die hellerleuchtete, gewaltige Höhlung entlang, in deren Wände die Arbeitsplätze der Informationstechniker eingelassen waren wie die Nester der Kliffschwalben in den Felsen entlang der See. Alles wirkte ein wenig primitiv. Früher war ihm das nie aufgefallen. Aus dem Naturgestein gehauene Felsstege führten, oftmals gewunden und mit unterschiedlichen Neigungen, an Gruppen von fünfzig bis achtzig Türen vorbei, von denen jede in den Arbeitsraum eines Informationstechnikers führte. Die Höhlung hatte, vom Boden bis zur Decke gemessen, eine Höhe von weit über einhundert Metern. Beleuchtet wurde sie von Heliolampen, die unter der gewölbten Höhlendecke schwebten und das Licht der natürlichen Sonne nachahmten. Die Höhle war achthundert Meter lang und besaß eine Weite von zweihundert Metern. Mehr als dreitausend Informationstechniker taten hier Dienst. Im Augenblick gab es kaum Verkehr. Die erste Zwölfstundenschicht des sechsunddreißigstündigen Tages hatte sich längst auf den Heimweg begeben, die zweite Schicht die Arbeit inzwischen angetreten. Leer und verlassen lag der gewaltige Hohlraum, achtzehnhundert Metern unter den Bergen der Krone, vor Or Mendins Blicken.
    Wir hätten Besseres verdient, dachte er, während er den schmalen Felssteig entlangschritt, in Richtung eines der blinkenden, roten Schwebezeichen, das ein abwärts führendes Antigravfeld auswies. Sie brauchten uns hier nicht einzuquartieren wie Höhlenbewohner. Wir beherrschen die überlichtschnelle Kommunikation. Was für einen Sinn hat es, hochwertige Techniker in Löchern wie Schwalbennestern unterzubringen? Früher waren ihm solche Gedanken nie gekommen. Er hatte die Beschaffenheit seines Arbeitsplatzes ebenso kommentarlos akzeptiert wie die Tausende anderer Informationstechniker, die hier arbeiteten. Er war von klein auf darauf vorbereitet worden, vom Leben nicht allzu viel zu erwarten.
    Einfachheit schafft Stärke, lautete der Slogan. Wir rüsten zur Letzten Schlacht.
    Was für ein Blödsinn, dachte er verächtlich. Und plötzlich überfiel ihn mit Macht der ketzerische Gedanke: Habe ich mein ganzes bisheriges Leben vergeudet, indem ich an solchen Unsinn glaubte?
    Er schwang sich in das künstliche Schwerefeld und sank in die Tiefe. Eine der kleinen, einsitzigen Gleitkapseln, die auf der Sohle des riesigen Höhlenraums scheinbar wahllos verteilt standen, bemerkte seine Annäherung und kam auf ihn zu. Mit behendem Schritt schwang er sich über die Wandung des Fahrzeugs. Er war annähernd zwei Meter groß. Er besaß kräftige Arme und muskulöse Beine, seine Haut war von gesunder, horniger Textur, und der Rüssel, der ihm aus der Leibesmitte wuchs, glänzte von dem Talg, den er durch seine Poren absonderte. Der halbkugelige Schädel mit den 36 Augen hatte einen Durchmesser von gut vierzig Zentimetern. Ohne es zu wissen, verkörperte Or Mendin den Urtyp des Cloreonen in nahezu reiner Form. Er war wie alle, mit denen er
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