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1225 - Bastion im Grauland

Titel: 1225 - Bastion im Grauland
Autoren: Unbekannt
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sie grau sind. Aber wenn ich dir ein Lied vorsinge..."
    Der Arkonide traute seinen Sinnen nicht. Twirl begann zu singen. Es war ein Lied ohne Worte, mit einer fröhlichen, beschwingten Melodie. Und plötzlich begannen die Blätter und Früchte der Pflanze, sich zu verfärben. Das Grau wich und machte einem satten Gelb Platz, das schließlich einen strahlenden, goldenen Farbton annahm. Von der seltsamen Veränderung wurden auch die Früchte erfaßt, die auf den Boden gefallen waren. Das Unglaublichste aber war, daß der häßliche Geruch plötzlich verschwand. An seine Stelle trat der Duft reifer, saftiger Früchte.
    Immer noch summend, trat Twirl näher zu der Pflanze hin und pflückte drei Birnen. Er schickte sich an, sie mit großem Appetit zu verzehren, aber selbst während des Kauens fuhr er fort zu summen. Er fürchtete offenbar, daß seine Ernte sich wieder in Grauleben zurückverwandeln würde, wenn er vorzeitig sein Lied beendete.
    Atlan zog sich zurück. Der Junge besaß die Fähigkeit, Grauleben vorübergehend zu echtem Leben zu machen. Wahrscheinlich hatte er sich die ganze Zeit über schon auf diese Weise ernährt. Warum er daraus ein Geheimnis machte, verstand der Arkonide nicht. Er hatte jedoch nicht die Absicht, Twirl dadurch in Verlegenheit zu bringen, daß er sich in seine Heimlichkeiten mischte. Langsam und vorsichtig, während der Junge noch hungrig kaute und mit vollem Mund die Laute seines fröhlichen Lieds erzeugte, zog er sich zurück.
    Er erreichte die Lichtung auf der Kuppe des Hügels und legte sich an seinem alten Platz nieder. Bevor er sich erneut zur Ruhe bettete, warf er einen Blick in Richtung des Pflanzenstrunks, vor dem Lethos-Terakdschan gesessen hatte. Der Hathor war verschwunden; vielleicht hatte er sich auch nur unsichtbar gemacht. Auch ihm lag offenbar nichts daran, Twirls Geheimnisse zu diskutieren.
     
    *
     
    Domo Sokrat behielt recht. Zwanzig Stunden später sahen sie aus dem Dunst der Ferne den Tafelberg auftauchen, auf dessen Plateau die Kolonie Korzbranch lag. Der Berg war ein wuchtiger Felsklotz von ca. 200 Metern Höhe. Das Plateau besaß nach den Angaben des Haluters eine Ausdehnung von fünf mal zehn Kilometern. Sechs steile, aus dem Felsen gehauene Aufstiege führten zur Platte des Tafelbergs empor. Entlang der Ränder des Plateaus erhoben sich in unregelmäßigen Abständen Wachtürme, von denen aus das umliegende Tiefenland beobachtet wurde.
    Der Rest der Strecke, bis zum Fuß des Tafelbergs, gehörte mit zu den beschwerlichsten Teilen des gesamten Marsches. Es ging über Hügel und durch tief eingeschnittene Täler.
    Zwei Flüsse mußten durchquert werden. Twirl ermüdete rasch. Am Ufer des zweiten Flusses faßten ihn die beiden TIRUN-Träger an den Händen des unteren Armpaars und trugen ihn im Antigravflug über den Wasserlauf.
    Von der Höhe eines Hügels aus war zu sehen, daß der Fuß des Tafelbergs von einer Fläche mäßig steil ansteigenden, fast unbewachsenen Geländes umgeben wurde. Hatten sie erst diese Halde erreicht, dann waren sie so gut wie in Sicherheit. So wenigstens sah es Domo Sokrat. Aber Atlan machte sich Sorgen.
    Es war, nach terranischen Zeitmaßstäben gerechnet, der fünfte Tag ihres Marsches.
    Konnte es sein, daß Lord Mhuthan tatsächlich jede Hoffnung aufgegeben hatte, die Flüchtigen wieder einzufangen? Seit jenem Kampf auf der Dschungellichtung war kein einziger Ratan mehr aufgetaucht. Hatte die Niederlage seiner Truppen den Lord so beeindruckt, daß er auf die weitere Verfolgung der Entflohenen verzichtete?
    Schwer zu glauben, bemerkte der Extrasinn. Mir scheint, er wartet nur auf eine günstige Gelegenheit.
    Es war nicht schwer, die Gedankengänge des Lords Mhuthan nachzuvollziehen. Die Fliehenden hatten die Gondel aufgeben müssen, weil sie im Niemandsland zwischen Mhuthan und Schätzen nicht mehr zu gebrauchen war. Sie schlugen sich zu Fuß durch den Dschungel. Zwar gab es zwei unter ihnen, die flugfähige Schutzanzüge besaßen, und einen weiteren, der sich unsichtbar machen konnte. Aber Lethos-Terakdschan und die beiden TIRUN-Träger würden ihre Gefährten nicht im Stich lassen. Lord Mhuthan konnte sich ausrechnen, daß die Flüchtigen, nachdem ihnen die Gondel den Dienst aufgesagt hatte, sich in Richtung Korzbranch wenden würden. Er hatte inzwischen in Erfahrung gebracht, daß seine Truppen den Fliehenden im Dschungelkampf unterlegen waren.
    Wenn er die Ritter der Tiefe und ihre Begleiter überwältigen wollte, dann mußte der
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