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1203 - Der Zeitgänger

Titel: 1203 - Der Zeitgänger
Autoren: Unbekannt
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in der Grenzzeit Werden die Zeitspuren unklar und veränderbar. Jeder, der sich dorthin begibt, muß ein Held sein.
    Oder ein Narr. Das wolltest du doch sagen.
    Nun ja - aber in aller Freundschaft.
    Abesch lachte. Er amüsierte sich offenbar köstlich, zumal er beobachten konnte, wie in seiner Nähe einige Männer im eisigen Wasser ertranken, nachdem sie vergeblich versucht hatten, ein besetztes Rettungsboot zu erreichen.
    Narr oder Held - ich habe jedenfalls den Vorstoß in die Grenzzeit gewagt, und wie du siehst, bin ich unversehrt zurückgekehrt.
    Es muß faszinierend gewesen sein.
    War es auch. Und ich habe einen Zweiling entdeckt.
    Einen - Zweiling?
    So habe ich ihn genannt, weil er sich sowohl räumlich als auch zeitlich bewegen kann.
    Nisel war beeindruckt.
    Willst du damit sagen, daß dieser Raumling sich ohne die Hilfe von Maschinen räumlich und zeitlich bewegen kann?
    Genau das.
    Das finde ich erstaunlich. Es muß sich um eine überragende Intelligenz handeln. Mir ist so einer noch nie über den Weg gelaufen. Ich wußte lediglich, daß es Wesen gibt, die mit Hilfe von Maschinen die Zeit befahren, doch derartige Experimente haben sich für raumorientierte Wesen stets als verhängnisvoll erwiesen.
    Ja, du hast recht. Immer waren die Folgen zerstörte Zeitspuren oder die Beschädigung ganzer Abschnitte der Zeitstraße.
    Und diese Gefahr besteht bei diesem Zweiling nicht?
    Nein, ich glaube nicht Er ist nicht nur ein potentieller Zeitgänger, sondern er hat sich auch die Fähigkeit bewahrt, durch den Raum zu reisen.
    Ich muß zugeben, daß ich neugierig geworden bin.
    Abesch lachte.
    Das sollte mich wirklich freuen, Nisel. Warum machst du dich nicht auf in die Grenzzeit, um dir diesen Zweiling anzusehen? Nichts ist gefährlicher als die Grenzzeit, aber du wirst deinen Spaß haben.
    Ich bin schon unterwegs, Abesch.
    Viel Vergnügen!
     
    *
     
    Nisel folgte der klaren Linie eines Planeten. Das tat er besonders gern, da eine solche Spur klar zu erkennen war.
    Jedes Objekt im Universum - ob nun Staubkorn, Mensch oder Sonne - hinterließ eine Spur in der Zeit. Die Spur eines lebenden Wesens beispielsweise begann mit der Zeugung und endete erst nach dem Tod mit dem völligen Zerfall der Leiche. Die Klarheit und die Stabilität dieser Zeitspuren war von der Größe des Objekts abhängig. So war die Spur einer Sonne wesentlich kräftiger als die eines lebenden Wesens, eines Steins oder eines einzelnen Atoms.
    Nisel sah diese Zeitspuren als eine Folge von Einzelbildern, die jeweils eine Dauer von einem Chronon, also zwei billionstel Sekunden, hätten. So wie sich Einzelbilder in einem Film, der durch einen Projektor läuft, als Bewegungsablauf darstellen, konnten auch die Zeitgänger die Spur eines Menschen als eine Art Film sehen, wenn sie die Spur abfuhren. Wollten sie bestimmte Abschnitte auf der Zeitspur genauer verfolgen, konzentrierten sie sich auf eines der Einzelbilder - stoppten den Strom der Bilder, klinkten sich auf diese Weise in die Zeitspur ein - und gelangten in die Welt derer, die Abesch Raumlinge genannt hatte.
    Dabei mußten sie allerdings einen Nachteil hinnehmen. Sobald sie sich eingeklinkt hatten, konnten sie ihre räumliche Position nicht mehr ändern. Es war kein Problem für sie, subjektiv etwa für ein ganzes Jahr in einem dieser Einzelbilder zu bleiben, doch dabei sahen sie nur das, was sich in unmittelbarer Nähe des Objekts befand, dessen Spur sie abfuhren.
    Das Glück war Nisel zur Seite gewesen, als er das Ende der Schlacht beobachtet hatte. Wären die beiden Kämpfer bei ihrem Gefecht hinter einem Hügel verschwunden, hätte er sie nicht länger beobachten können.
    Dazu hätte er die gewählte Zeitspur, die eines Baumes, verlassen müssen. Diese war ihm aufgefallen, weil in ihrer unmittelbaren Nähe so außerordentlich viele andere Zeitspuren abrupt endeten. Er hätte auf die Zeitspur des Hügels überwechseln müssen, was mit einiger Mühe möglich gewesen wäre.
    Wichtig war dabei, daß die neue Zeitspur nicht zu dünn war. Nur in Ausnahmefällen wagte sich Nisel beispielsweise auf die Spur eines Photons, das bereits seit Milliarden von Jahren unterwegs war. Dadurch konnte er seine räumliche Beweglichkeit zwar außerordentlich verbessern, indem er an der Spur entlang raste, riskierte aber gleichzeitig, den Halt zu verlieren und irgendwohin abgetrieben zu werden - etwa in Richtung der gefährlichen Grenzzeit, der man sich nur mit einem Höchstmaß an Disziplin und Kontrolle nähern
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