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1193 - Das Templerkind

1193 - Das Templerkind

Titel: 1193 - Das Templerkind
Autoren: Jason Dark
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er mich jetzt zum ersten Mal sehen. Sein Atem brachte den Geruch von Calvados mit. »Also gut, ich will es Ihnen sagen. Sie müssen durch Cauville fahren und dann nach rechts abbiegen. Nicht zum Meer. Da ist ein Hügel. Auch etwas Wald. Das Heim steht auf dem Hügel. Können Sie nicht übersehen.«
    »Ich bedanke mich, Monsieur.«
    Er winkte ab. »Ist schon gut.«
    »Darf ich Sie fragen, warum Sie das Heim nicht mögen?«
    In seinem Gesicht zuckte es. »Hören Sie auf.« Nach dieser Antwort zog er sich zurück.
    Mir war es zwar nicht egal, aber ich wollte auch nicht drängen oder an der Tür klopfen. Man kann unterschiedliche Meinungen haben, was Kinderheime angeht. Auch konnte ich mir schlecht vorstellen, dass in einem Heim in dieser Gegend die moderne Erziehung in die Tat umgesetzt wurde.
    Ich ging zu meinem Wagen zurück. Im Freien befanden sich nur wenige Menschen. Eine Gruppe von Halbwüchsigen fiel besonders auf. Sie kamen aus irgendeiner Ecke hervor, und plötzlich schien Krieg in Cauville ausgebrochen zu sein, denn die krachenden Geräusche hörten sich an wie Schüsse.
    Ich duckte mich unwillkürlich und suchte auch nach einer Deckung, aber das Lachen hielt mich davor ab. Erst jetzt fiel mir ein, dass in zwei Tagen Silvester war. Da knallten Jugendliche immer schon vorher, das war auch hier nicht anders.
    Sie rannten weg. Verfolgt von irgendwelchen Beschimpfungen der Bewohner, die ihre Fenster aufgerissen hatten, um zu sehen, was da geschehen war.
    Ich stieg wieder in meinen Peugeot und startete. Viel hatte mir der Mann nicht mitgeteilt. Da ich nicht blind war, musste das Wenige reichen.
    Cauville hatte ich schnell verlassen und konzentrierte mich auf die rechte Seite der Straße. Dort zeigte die Vegetation tatsächlich eine Veränderung. Hecken und Buschwerk milderten den Wind.
    Dahinter wuchsen Bäume hoch, und flach war das Gelände auch nicht. Es wurde zu einer hügeligen Landschaft.
    Gemächlich fuhr ich weiter. Bald sah ich die Gruppe der Knaller wieder. Die vier Jugendlichen bewegten sich in die gleiche Richtung, in die auch ich fuhr. Vermutlich gehörten sie zum Heim. Für einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, sie einsteigen zu lassen, aber das verwarf ich schnell wieder. Den Weg würde ich auch allein finden. Außerdem drehten sie plötzlich ab und gingen querbeet.
    Ich wartete, bis an der rechten Seite der Weg auftauchte, der mich zum Ziel brachte. Die Strecke führte in die Höhe. Sie war schmal, buckelig und keine Freude für die Stoßdämpfer.
    Es war ein lichter Wald ohne Unterholz, der fast bis zum Ende des Hügels reichte. Dort sah ich schon aus einer gewissen Distanz die Mauern des Heims durch die Lücken zwischen den Bäumen schimmern.
    Oft ist der erste Eindruck der richtige. Hier hoffte ich, dass dem nicht so war. Schon bei einem kurzen Hinschauen stellte ich fest, dass das Heim nichts anderes war als ein grauer Kasten, der sich in seiner Farbe der Gegend angepasst hatte. Auf mich wirkte er mehr wie ein Gefängnis.
    Die letzten Bäume verschwanden, und ich sah eine freie Fläche vor mir, die erst am Haus endete.
    Dort hielt auch ich an. Mein Leihwagen stand neben zwei anderen Autos, die von einer grauen Staubschicht bedeckt waren und mal hätten gewaschen werden müssen.
    Der Blick zum Himmel sagte mir, dass sich das Wetter so schnell nicht ändern würde. Von den vier Jugendlichen sah und hörte ich nichts mehr.
    Auch hier fiel mir das graue Gestein auf. Die genormten Fenster, deren Scheiben mir dunkel vorkamen. Ein schräges Dach, dessen Pfannen dunkelgrau aussahen. Schornsteine, aus denen der Rauch in dicken Schwaden quoll und sich mit der Feuchtigkeit in der Luft vereinigte. Schwarze Vögel segelten durch die Luft, und hin und wieder hörte ich ihr wildes Kreischen.
    Die nächsten Bäume standen so schief, als hätten sie vergessen, sich aufzurichten. Hier oben wehte ein recht scharfer Wind, und in der Ferne, im Westen, schmolzen Himmel und Meer zusammen.
    Der Vergleich mit dem Gefängnis setzte sich immer stärker in meinem Kopf fest, aber ich wollte nicht direkt alles schlecht machen, denn das Innere des Gebäudes hatte ich noch nicht gesehen.
    Es gab einen Eingang und natürlich auch eine Tür, die so aussah, als würde sie niemand so schnell aufbrechen können.
    Mag der Job auch noch so hart sein, ich hatte es mir angewöhnt, stets auf meine Gefühle zu achten.
    Das war auch hier so. Ich horchte auf meine innere Stimme und darauf, was sie mir wohl sagte. Eine Freude war es
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