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1170 - Abgrund unter schwarzer Sonne

Titel: 1170 - Abgrund unter schwarzer Sonne
Autoren: Unbekannt
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nicht nach Essen zumute, aber das Gebräu verströmte einen so appetitlichen Duft, daß ich es dem Alten nachtat: Ich setzte den Rand der Schale an die Lippen und begann zu schlürfen. Das Gericht war eine Art dicke Suppe, ein wenig sauer und höllisch scharf. Es wärmte den Körper, da hatte Yee Soong nicht zuviel versprochen. Ob es auch den Geist stärkte, mußte sich noch weisen. „Es ergibt keinen Sinn, so", lächelte Yee Soong zwischen zwei Schlucken. „Du bist ein ganz anspruchsvoller. Wünschst, daß dir die Zukunft auf einem silbernen Tablett serviert wird. Nein, so einfach ist es nicht. Du mußt dich mit Andeutungen begnügen.
    Mit der Zeit werden sie deutlicher werden."
    „Mit der Zeit?"
    „Wohl, wohl", nickte er. „Wir werden des öfteren aufeinander treffen."
    „Was bist du - ein Orakel?"
    „Oh, nein, ich bin Yee Soong, der Unstete. Immer unterwegs, heimatlos, ohne einen Freund außer diesem räudigen Köter."
    Zhu Rou hatte sein Mahl beendet. Er leckte sich die Lefzen und warf Yee Soong einen beleidigten Blick zu, als hätte er die Worte verstanden. „Welche Sterne sind das dort über uns?" wollte ich wissen. „Das mußt du noch fragen? Siehst du die drei, die eine gerade Linie bilden, und die zwei, die abseits stehen, so daß das Ganze wie ein krummes Kreuz aussieht?"
    Ich blickte auf und schirmte die Augen mit der Hand gegen die Helligkeit des Feuers. „Ich sehe sie", antwortete ich. „Sie weisen den Weg zu den Diademen ..."
    Es gab einen Blitz, und die unwirkliche Szene war verschwunden. Der Blitz erwies sich gleich darauf als ein Produkt meiner Phantasie. Es war die Beleuchtung meines Quartiers, die die dunkeladaptierten Augen blendete.
    Ich saß auf dem Boden meines Wohnzimmers und bin bis auf den heutigen Tag dem Schicksal dankbar, daß mich in diesem Augenblick niemand sah.
     
    *
     
    „Zhu Rou", schmunzelte der kleine Mann mit dem großen Schädel. „Hieß er so?"
    Mein erster Weg führte wie selbstverständlich zu Sato Ambush, dem Pararealisten, der sich bei der Lösung des Rätsels, das die erste Pforte des Loolandre darstellte, auf so bemerkenswerte Weise hervorgetan hatte. Er würde mir erklären können, dachte ich, was mein merkwürdiges Erlebnis zu bedeuten hatte. „So hörte ich es", beantwortete ich seine Frage.
    Sein Schmunzeln wurde zum Grinsen. „Ein Hund namens Schweinefleisch", sagte er. „Wer immer der alte Mann sein mag, er hat offenbar Sinn für Humor."
    „Zhu Rou heißt Schweinefleisch?" staunte ich. „Genau das."
    „Ich nehme an, der Name Yee Soong hat ebenfalls eine Bedeutung?"
    Sato Ambush schüttelte den Kopf. „Keine, die ich erkennen kann. Aber Namen sind nicht wichtig. Von Hyänen sprach er?"
    „Einer braunen und einer grauen. Ich müßte sie bekämpfen, denn sie seien dabei, Freiheit und Gerechtigkeit aufzufressen - oder so ähnlich."
    Der Pararealist neigte bedächtig den Kopf. „Noch läßt sich kein Muster erkennen", sagte er. „Ich möchte glauben, daß dir irgend jemand - irgend etwas einen Blick in eine wahrscheinliche Alternativzukunft ermöglicht hat. Aber zuerst müssen wir feststellen, auf welchem Niveau der Wirklichkeit sich dein Abenteuer abgespielt hat. Es gibt eine feine Grenze. Plausibilität nennt man sie gewöhnlich. Liegt dein Erlebnis unterhalb dieser Grenze, dann können wir es als belanglose Halluzination abtun. Liegt es dagegen oberhalb ..."
    Er vollendete den Satz nicht. „Wie willst du das ermitteln?" fragte ich. „Einfach", antwortete er und stand auf. „Hauch mich an."
    Ein wenig verwundert tat ich ihm den Gefallen. „Unverkennbar Suanlatang", stellte er fest. „Sauer und heiße Suppe."
    Ich war verblüfft. „Ich nehme an, damit liege ich über der Grenze der Plausibilität."
    „Ganz eindeutig. Dein Abenteuer hat wirklichkeitsähnlichen Charakter. Man muß es ernst nehmen. Sag mir: Was geschah in dem Augenblick, in dem du in die gewohnte Wirklichkeit zurückkehrtest? Hattest du den Eindruck, der Vorgang würde durch etwas ausgelöst?"
    „Yee Soong sprach", erinnerte ich mich. „Alles, was er sagte, klang verworren. Ich konnte keinen Sinn darin erkennen. Es ging um Sterne. Sie bildeten ein verbogenes Kreuz ..."
    „Wenn wir hier fertig sind", unterbrach mich Sato Ambush, „möchte ich, daß du hinauf ins Observatorium gehst und die Konstellation zu finden versuchst, solange dir das Bild noch einigermaßen frisch in Erinnerung ist. Weiter. Sagte er sonst noch etwas?"
    „Sie wissen den Weg, sagte er. Die Sterne,
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