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116 - Der Mitternachtsteufel

116 - Der Mitternachtsteufel

Titel: 116 - Der Mitternachtsteufel
Autoren: Dämonenkiller
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Gebäude des Alexander-Newskij-Instituts.
    Als ich mich geduscht und angekleidet hatte, kam Kiwibin. Er trug eine Rubaschka, ein buntbesticktes Hemd, darüber eine kittelartige Jacke mit Pelzbesatz unten an den Ärmeln, Hosen und ziemlich derbe Schuhe. Diese Tracht paßte zu ihm.
    Er führte Tirso an der Hand und lachte freundlich. Tirso schien einen Narren an Kiwibin gefressen zu haben.
    „Na, wie fühlen Sie sich, Mr. Flint? Hungrig, wie? Kommen Sie! Wir gehen gleich ins Restaurant." „Was ist mit Phillip?"
    „Er bekommt sein Essen auf dem Zimmer. Es geht ihm gut. Er ist nur ein wenig scheu, verstehen Sie? Ich halte es für besser, wenn er für sich bleibt."
    „Was ist mit Tirso?"
    „Der Junge kommt mit."
    Ich hatte mich warm angezogen. In einem meiner beiden Koffer befand sich meine gesamte Ausrüstung zur Dämonenbekämpfung. Ein solches As wie Dorian Hunter oder Coco Zamis war ich nicht, aber ich kam zurecht und hatte mich schon bewährt; auf der Paradiesinsel zum Beispiel, als der Erzdämon Luguri wiedererweckt worden war. Unter der Jacke trug ich in einer Schulterhalfter meine Pistole, die Prophorkugeln verschoß. Mit Glut und Feuer konnte man einen Dämon erledigen, wenn es sich nicht gerade um Luguri selbst oder einen seiner Oberen handelte. Auch ein Mensch starb, wenn er von einem Pyrophorgeschoß getroffen wurde.
    In meinen Jackentaschen hatte ich eine Gnostische Gemme und ein paar Dämonenbanner. Der Dämonenkiller selbst hatte mir gezeigt, wie man damit umgehen mußte.
    Wenn Kiwibin die Ausbeulung in meiner Achsel bemerkte, so sagte er jedenfalls nichts.
    Wir sahen nach Phillip. Er saß am Fenster und schaute ins Schneetreiben hinaus. Die ganze Nacht hindurch hatte es ununterbrochen geschneit, und es würde noch weiter schneien, bis das ganze Land unter einer Schneedecke von einem Meter und mehr lag.
    Ich sprach Phillip an, aber er reagierte kaum. Er richtete seine golden schimmernden Augen auf mich. Sein glattes Gesicht war einen Ton blasser als sonst.
    Phillip war ein Meter siebenundachtzig groß und grazil. Er hatte langes, goldblondes Haar und ein hübsches Gesicht, das sehr mädchenhaft wirkte; Phillip wirkte ätherisch, von innen heraus verklärt. Manchmal entwickelte er mädchenhafte Brüste, die dann wieder verschwanden. Ich wurde nicht klug aus ihm. Er war eben ein Orakel. Aber seine Fähigkeiten, wenn auch nicht kontrolliert, waren enorm.
    Sein Essen stand unberührt auf einem Tisch vor ihm.
    „Geht es dir gut, Phillip?" fragte ich.
    Er antwortete nicht, gab auch kein Zeichen; aber wenigstens ließ er auch nicht erkennen, daß es ihm nicht gutging.
    Ich beschloß, erst einmal etwas zu essen, denn mein Magen knurrte schon, und Tirso zerrte an meiner Hand. Phillip war gern und oft allein; ihm machte das nichts aus.
    Kiwibin führte uns zum Fahrstuhl. Vor dem Ausgang zogen wir unsere Mäntel über. Tirso bekam eine Russenmütze auf seinen kahlen blauen Kopf.
    „Die hat Onkel Kiwibin mir geschenkt", sagte er stolz.
    Auch Kiwibin setzte eine Mütze auf. Ich hielt das nicht für nötig, denn ich trug grundsätzlich nichts auf dem Kopf. Als wir im Schneetreiben über das Institutsgelände gingen, froren mir jedoch fast die Ohren ab.
    Wir begegneten ein paar vermummten Gestalten, die hastig an uns vorbeieilten. Dann betraten wir das Restaurant, das sich an der Westseite des Verwaltungsgebäudes befand. Natürlich gab es Kantinen; das Restaurant war für die gehobenen Ansprüche der Institutsleitung und der Gastdozenten, die aus Moskau und allen Teilen des Landes, ja, auch aus anderen Ostblockstaaten nach Akademgorodok kamen.
    Es war ein großes Restaurant mit ein paar Räumen. Im Westen hätte man gesagt, es sei ein wenig rustikal eingerichtet. Aber es wirkte sehr anheimelnd. Ein großer künstlicher Kamin in der Mitte des Hauptraumes verlieh dem Restaurant eine besondere Note.
    Für uns war ein Ecktisch freigehalten worden. Kiwibin half Tirso, sich aus dem Mantel zu schälen. Der Zyklopenjunge plapperte munter über die vielen Eindrücke, die er hier empfing. Sonst kam er nie oder nur ganz selten von Castillo Basajaun weg. Die Reise war für ihn ein Fest.
    Ich merkte, wie er in dem vollbesetzten Restaurant angestarrt wurde, wie die Gespräche verstummten. Tirso achtete nicht darauf; er war zu jung dazu. Unser Tisch war auf der einen Seite durch eine Garderobe abgeschirmt. Auf der andern befand sich die Wand. So konnte man uns nur von ein paar Tischen gegenüber sehen, sobald wir saßen. Die
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