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1149 - Begraben, aber nicht vergessen

1149 - Begraben, aber nicht vergessen

Titel: 1149 - Begraben, aber nicht vergessen
Autoren: Jason Dark
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hast du Recht.«
    »Habe ich doch immer. Zumindest hier in meiner Heimat.« Sie wollte noch etwas hinzufügen, aber im gelben Licht der Scheinwerfer erschien plötzlich eine sehr glatte Fläche, so dass Karina gezwungen war, vorsichtiger zu fahren. Spikes besaßen die Reifen nicht, nur ein gutes Profil, und die Schneeketten lagen hinten bei unserem Gepäck. Wir schafften auch diese Strecke, atmeten beide auf, und Karina konnte wieder lachen. »Das ist Russland, John. Auch wenn du den Kopf schüttelst, ich mag dieses Land trotzdem.«
    »Das glaube ich dir.«
    »Es kann so schön sein im Sommer. Wenn alles blüht, wenn die Sonne scheint und all das Traurige wegwischt, das sich leider hier auch noch gehalten hat.«
    »Wie diese Leichen.«
    »Du sagst es. Ich weiß nicht einmal, wie es möglich ist, dass sie überhaupt entstehen konnten. Sie müssen irgendetwas mit dem See zu tun gehabt haben, aus dem sie immer wieder ans Ufer geschleudert werden.«
    »Du bist noch nie dort gewesen?«
    »Nein. Aber das Gewässer ist ziemlich groß. Himmel, wenn ich daran denke, welche Ausmaße dieses Land hat, da musst du schon hundert Leben haben, um alles erkunden zu können. Du kannst ja wochenlang durch die Einsamkeit fahren, ohne je einem Menschen zu begegnen. Da ist diese Gegend hier noch relativ stark besiedelt.«
    »Na danke.«
    »Doch, John. In Sibirien sieht das anders aus. Lass dir das gesagt sein. Ich bin über das Land geflogen und habe gesehen, was sich dort in der Einsamkeit verbirgt. Nämlich nichts. Tiere, aber keine Menschen. Hier stoßen wir hin und wieder sogar auf einen Ort. Da kannst du mit den Menschen sprechen, aber nicht in der Einöde Sibiriens.«
    So musste man das wohl sehen, um Gefallen an diesem Land finden zu können. Ich hatte da meine berechtigten Zweifel. Meine Gedanken drehten sich auch mehr um den vor uns liegenden Fall. Es gab keine große Ablenkung für mich, denn der Schnee hörte einfach nicht auf, und so etwas wie eine Straße oder einen Weg sahen wir auch nicht. Das gelbe Licht schnitt hinein in die Einsamkeit der Winternacht.
    Ich war wieder fit. Die kurzen Ruhepausen hatten mir gut getan, und als ich dann den Blick auf die Uhr warf, sah ich, dass es etwa eine Viertelstunde vor Mitternacht war.
    Karina strich ihre dunkelbraunen, halblangen Haare zurück. Sie hatte meinen Blick bemerkt und fühlte sich bemüßigt, eine Antwort zu geben. »Ich denke, dass wir in einer Stunde am Ziel sind.«
    »Wie heißt der Ort?«
    »Ach - vergiss ihn.«
    »Wieso?«
    »Er ist nicht wichtig.«
    »Und der See?«
    »Der schon.«
    »Hat er denn einen Namen?«
    »Ja, aber auch ihn kannst du vergessen. Wir kümmern uns einfach um die Dinge, die anliegen. Was die Umgebung angeht, schlag ein Ei darüber. Namen und Entfernungen sind hier wirklich wie Schall und Rauch. Selbst die Bewohner hier können sich manchmal nicht daran erinnern.«
    »Das hört sich an, als wärst du schon einmal hier gewesen?«
    »Nein, war ich nicht. Aber ich kenne andere Landstriche, da ist es ähnlich.«
    Wahrscheinlich musste man so denken wie Karina, wenn man hier lebte. Russland war eben nicht mit normalen Maßstäben zu messen. Hier verloren Namen und auch die Zeit ihren Begriff. Man lebte in den Tag hinein, sah zu, dass man satt wurde, und alles andere kümmerte die wenigen Menschen hier nicht.
    Sollte man zumindest meinen. Doch jetzt war etwas passiert, das sich bis in die Hauptstadt herumgesprochen und uns auf den Plan gerufen hatte. Wir hofften beide, dass es keine Finte war.
    Tote wurden aus dem See gespült.
    Welche Toten? Warum waren sie gestorben? Waren sie wirklich tot? Oder existierten sie wie die lebenden Leichen, auch Zombies genannt?
    Leider wussten wir zu wenig, um darauf eine Antwort geben zu können. Vielleicht bekamen wir sie noch in dieser Nacht.
    Das Auto war mit einem Radio ausgestattet. Zweimal hatte ich versucht, Musik zu holen. Nur ein Rauschen war aus den Lautsprechern gedrungen. Als ich es wieder versuchte, hörte ich die Stimme eines Mannes, der sehr schnell sprach, so dass ich nichts verstehen konnte. Kein Wunder, denn die russische Sprache beherrschte ich nur rudimentär.
    »Was sagt er?«
    Karina hob kurz die Schultern. »Er spricht über das Wetter.«
    »Und?«
    »Der Schnee wird noch bleiben.«
    »Das geht ja. Solange es nicht erneut zu schneien beginnt, kann man es aushalten.«
    »Das wird uns erst in zwei bis drei Tagen erwischen. Hat zumindest der Wettermann behauptet.«
    »Da möchte ich wieder in London
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