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1140 - Der Rächer des Engels

1140 - Der Rächer des Engels

Titel: 1140 - Der Rächer des Engels
Autoren: Jason Dark
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beruhte einzig und allein auf der Macht des Erzengels, dem auch schon die Jungfrau von Orléans ihr Vertrauen geschenkt hatte.
    Der Körper vor mir hüllte sich in eine Nebelwolke ein, die einfach innen hochstieg und sich sehr schnell ausbreitete. Sie nahm mir die Sicht auf den eigentlichen Vorgang, der sich im Innern des Nebels abspielte. Trotzdem bekam ich mit, wie sich die dünnen »Drähte« zurückzogen und sich dabei auflösten. Der äußere Nebel, auch weiterhin eine formlose Gestalt, bildete in seinem Innern einen Umriss hervor, den ich als den eines Menschen akzeptierte.
    Der Umriss bewegte sich. Er drückte sich in die Höhe. Aus den letzten Nebelresten trat eine dunkel gekleidete Gestalt hervor, die mir bekannt war.
    Dean McMurdock!
    Wir standen uns gegenüber, denn auch ich hatte mich aufgerichtet. Wir schauten uns an, und keiner von uns war in der Lage, auch nur ein Wort zu sprechen. Es mussten die Erinnerungen sein, die uns beide noch in ihren Fängen hielten. Der Schotte schwankte etwas, doch er hielt sich auf den Beinen und brauchte auch keine Stütze.
    Er hatte den Mund geöffnet, um tief Atem zu holen. Sein Blick war gegen die Decke gerichtet, die für ihn so etwas wie ein Himmel sein mochte, an dem er die oder den Engel suchte.
    Als er vorging, hatte er an mir kein Interesse. Er ging mit schleppenden Schritten und hielt den Kopf gesenkt, um auf seine Schuhe zu schauen. Ich entdeckte auf dem Gesicht eine zweite Haut, und sicherlich hatte er stark mit den Erinnerungen zu kämpfen. Bis zu einem Sessel ging er vor, um sich dort an der Kante der Rückenlehne abzustützen.
    Nach seiner Rückverwandlung hatte er noch kein Wort gesprochen, und das blieb auch so. Um seine Waffen kümmerte er sich nicht. Er sah mich wohl nicht mehr als Feind an. Ich stellte fest, dass ich mein Kreuz noch immer festhielt. Es reagierte nicht mehr und verhielt sich völlig neutral.
    Er war so still. Schaute nur mit gesenktem Blick nach vorn und nach unten. Auch als ich hinter ihn trat und ihm eine Hand auf die Schulter legte, tat er nichts.
    »Möchtest du ein Glas Wasser?« fragte ich ihn und sah, dass er nickte.
    »Gut, warte.« Ich ging in die Küche, und auch ich stand nach wie vor unter dem Eindruck des Erlebten. Hier hatte eine andere Welt eingegriffen, eine fremde Sphäre, die sich normalerweise nicht offenbarte. Aber was war bei mir schon normal?
    Ich wusste es nicht mehr, und ich musste selbst lachen. Die Dinge des Alltags waren es, aber sie kamen mir manchmal wie eine Staffage vor, durch die ich mich bewegte. Mal mit sicheren, mal mit unsicheren Bewegungen so wie heute.
    Ich holte die Flasche aus dem Kühlschrank und schenkte dann zwei Gläser voll. Dabei traf mein Blick das Fenster. Ich dachte wieder daran, dass der Besucher durch das Fenster zu mir in die Wohnung geklettert war, obwohl ich im zehnten Stock wohnte. Für einen normalen Menschen war es nicht möglich. Wohl aber für eine Person, die mit ungewöhnlichen Kräften ausgestattet war.
    Ich kehrte mit den gefüllten Gläsern zurück ins Wohnzimmer. McMurdock hatte sich wieder erholt. Er saß jetzt im Sessel. Auch seine beiden Revolver lagen nicht mehr auf dem Boden. Er musste sie wieder an sich genommen haben, was mich nicht weiter störte.
    Als ich das Glas vor ihn auf den Tisch stellte, drehte er den Kopf und blickte mich an.
    »Trink«, sagte ich nur und nahm ebenfalls Platz. Ich saß ihm jetzt gegenüber. Er tank das Wasser in kleinen Schlucken. Es war ihm nicht anzusehen, ob es ihn erfrischte oder er sich wohl fühlte. Sein Blick kam mir wie nach innen gerichtet vor, als wollte er in seine Seele schauen.
    Ruckartig stellte er das Glas zurück auf den Tisch. Es war so etwas wie ein Zeichen, dass er wieder in die Normalität zurückgefunden hatte. Als er mich anschaute, runzelte er die Stirn und schob dann seine Hand über den Tisch hinweg. Er drehte sie, so dass die Fläche nach oben zeigte.
    Ich hatte mein Glas zur Hälfte geleert. Die kleinen Blasen der Kohlensäure stiegen der Oberfläche entgegen, wo sie zerplatzten.
    Ich wollte McMurdock das erste Wort überlassen. Er rang danach. Es war deutlich zu erkennen, denn in seinem Gesicht zuckten die Wangen. »Jetzt weißt du, wer ich bin«, sagte er mit leise Stimme.
    »Beinahe.«
    »Ich gehörte nicht zu ihnen.«
    »Das ist mir klar.«
    »Aber sie haben für mich eine Aufgabe. Ich will und muss das Herz finden. Wenn nicht, wird es mich nicht mehr geben. Dann ist mein Leben, das nichts anderes als die
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