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1129 - Das Blutmesser

1129 - Das Blutmesser

Titel: 1129 - Das Blutmesser
Autoren: Jason Dark
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hielt sich tapfer, und sie versuchte auch, über ihre Blicke mit mir zu reden, aber meine Augen blieben ausdruckslos. Ich sah aus wie jemand, der sich in sein Schicksal gefügt hatte.
    Das Kreuz hatte sich von Michelles Körper entfernt. Die Kette war halb über den Kopf gezogen. In dieser Haltung zögerte sie und versuchte es noch einmal. »Reicht es nicht, wenn ich mit dir gehe? Willst du John wirklich töten?«
    »Habe ich das gesagt? Du bist mir wichtig, Schwester. Aber ich werde ihn töten, wenn du das Kreuz noch länger festhältst. Ich will nicht mehr warten.«
    »Ja, ich habe verstanden.« Michelle zitterte plötzlich. Der Schauer schüttelte sie durch, und sie hob die Arme wieder an, um die Kette über die Flut der Haare streifen zu können.
    Sie hatte sich nicht beeilt. Trotzdem kam mir alles einfach zu schnell vor.
    Wenig später lag das Kreuz auf ihrer rechten Handfläche, wo es schon einmal seinen Platz gehabt hatte.
    »Ist es jetzt recht, Bruder?« fragte Michelle.
    »Nein.«
    »Was soll ich denn noch tun?« schrie sie.
    »Wirf es weg!«
    »Wohin?«
    »Frag nicht dumm. Auf den Boden damit. Ich will nicht, daß du noch länger Kontakt hast.«
    Ich »nickte« ihr mit den Augen zu.
    »Ja, dann…«, sagte sie und drückte ihre rechte Hand zur Seite. Sie hob sie kurz an, das Kreuz machte einen Hüpfer und fiel schließlich zu Boden. Der Aufprall hallte noch etwas nach, dann lag es dort wirklich wie weggeworfen.
    Alain lachte. Er war der Sieger. Er hatte alles gewonnen und würde nun so handeln, wie er es für richtig hielt.
    »Bist du zufrieden?« flüsterte Michelle unter Tränen.
    »Ja.«
    »Gut, dann komm. Ich will es nicht, aber ich bin trotzdem bereit, das alte Versprechen einzuhalten.«
    »Es bleibt dir auch nichts anderes übrig, Schwester. Aber da gibt es noch ein Hindernis.«
    »Wieso denn? Ich habe alles getan…«
    »Ich meine nicht dich, sondern Sinclair. Er wird sterben, aber er wird nicht in den gleichen Genuß kommen wie du. Er ist ja kein Selbstmörder, so wie du es werden wirst. Ich bringe ihn um und…«
    »Du bist ein mieses Schwein, Alain!« schrie sie. »Du hast es versprochen und dein Versprechen gebrochen.«
    »Ich habe nichts versprochen. Im Gegensatz zu dir damals. Vergiß das nicht, Schwesterherz.«
    »Darf ich etwas sagen?« meldete ich mich.
    »Ja, darfst du!« flüsterte Alain. »Aber glaube nicht, daß es etwas hilft, wenn du mich anflehst.«
    »Ein jeder Delinquent hat das Recht, einen letzten Wunsch auszusprechen.«
    Alain Maron überlegte. »Was willst du?«
    »Nur einen Satz!«
    »Ein Abschied?«
    Ein paar kleine Tropfen rannen meinen Hals entlang nach unten. »Ja, so etwas wie ein Abschied. Danach bin ich dann wohl tot und werde nie mehr sprechen können.«
    Es schien ihm jetzt Spaß zu machen, mich noch länger zu quälen. »Du meinst meine Schwester, wie? Sie gefällt dir wohl?«
    »Das auch.«
    »Was willst du ihr sagen? Daß du sie liebst? Daß du gern mit ihr zusammengeblieben wärst?«
    »Nein, nicht das.«
    »Dann sag es!«
    Ich hatte mir den Plan und auch die Worte schon längst zurechtgelegt.
    Auch wenn Alain sie nicht begriff, so hoffte ich auf das Moment der Überraschung.
    Und dann sprach ich die alles entscheidenden Worte. »Terra pestem teneto - salus hic maneto!«
    ***
    Das Kreuz, mein Talisman, reagierte. Es ließ mich nicht im Stich. Und es reagierte wie ich es erhofft hatte, denn plötzlich strahlte von ihm das grelle Licht in verschiedene Richtungen hin ab.
    Das Kreuz war die Insel in dieser veränderten Welt, und es hatte auch eine Grenze geöffnet oder eine Barriere zur Seite geschafft. Seine Kraft riß die andere Macht zu sich heran. Mein Kreuz ließ es nicht zu, daß sich hier zwei unterschiedliche Kräfte breitmachten. Es war nur Platz für eine, und meine Hoffnung erhielt neue Nahrung, als sich der schwache Druck des Blutmessers von meiner Kehle löste. Ich war wieder in der Lage, mich frei und normal zu bewegen, nutzte es aus und warf mich zur Seite.
    Noch während ich fiel, sah ich, was passierte.
    Alain Maron hatte sich nicht mehr auf seinem Platz halten können. Er hatte auch alles vergessen, denn er mußte jetzt nur an sich denken und daran, daß er sich der anderen Kraft mit aller Macht entgegenstemmte.
    Ich sah ihn jetzt deutlich. Seine Gestalt erinnerte mich an eine feinstoffliche Substanz, die mit kaltem Fett gefüllt war. Eine nackte Figur tanzte vor und zurück, stand dabei auf der Stelle und hielt noch immer das Messer fest.
    Das Kreuz
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