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1108 - Leichengasse 13

1108 - Leichengasse 13

Titel: 1108 - Leichengasse 13
Autoren: Jason Dark
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hartes Zucken, sondern mehr ein weiches Huschen, wie von geheimnisvollen Schatten hinterlassen, die über die Haut huschten.
    »Lassen Sie mich mal sehen!«
    Mein Wunsch alarmierte und erschreckte ihn. Mit einem Sprung brachte er sich aus meiner Reichweite. Er sagte auch nichts mehr und schüttelte nur den Kopf.
    »Warum?« rief ich. »Es ist alles ganz harmlos und normal. Was haben Sie zu verbergen?«
    Er ging weiter. Er streckte mir dabei die Arme entgegen. Eine Warnung für mich, um mich von einem weiteren Tun abzuhalten. Auf keinen Fall sollte ich ihn verfolgen.
    Mit einem langen Schritt hatte ich den Gully überquert. Das war genau der Schritt zuviel für den anderen gewesen, denn er wirbelte herum, drehte mir den Rücken zu und rannte weg.
    Er war verdammt schnell, und er nutzte auch die Gunst des Augenblicks. Ich wollte ihm nach, doch er fand sich in der Dunkelheit besser zurecht. Bevor ich mich richtig auf den Weg machen konnte, hatte ihn die Dunkelheit der Gasse schon verschluckt. Aber die Stille war nicht mehr da. Ich hörte ihn. Er jammerte, er flehte um Hilfe, und ich hetzte tiefer in die verdammte Gasse hinein. Die Lampe ließ ich eingeschaltet. Der Strahl hüpfte im Rhythmus meiner Bewegungen. Mal tanzte er in die Höhe, dann wieder strich er über den Boden hinweg.
    Der Fremde kämpfte. Ich sah ihn plötzlich. Er schlug um sich und verteidigte sich dabei gegen etwas, das ihn angegriffen hatte und aus dem Boden gekommen sein mußte. Es war mir unmöglich, es zu erkennen, ich sah nur einen dicken Klumpen, aus dem Hände und Arme wie Schatten hervorwuchsen.
    Bevor ich den Ort des Schreckens erreicht hatte, war alles vorbei. Es gab den Mann nicht mehr. Es gab auch keine Schatten, es waren nur bestimmte Geräusche zu hören. Dumpf erstickt und schmatzend. Einfach schrecklich, und sie drangen aus einer Ebene, die unter meinen Füßen lag.
    Ich wurde fast verrückt.
    Ich sah nichts.
    Nur den Gully…
    Aber er war geschlossen, und die unheimlichen Laute hörte ich nur deshalb, weil auch er an den Seiten die entsprechenden Öffnungen besaß. Dort unten steckte der Mann mit den hochgekämmten Haaren. Und wer war noch bei ihm?
    Es gab keine Antwort für mich auf diese Frage. Ich hatte auch nicht viel gesehen. Eben nur diesen Schatten, der seine zuckenden Arme immer wieder in die Höhe gestreckt hatte.
    Die Leichengasse hatte ihn geholt.
    Ich stand da und wußte nicht, was ich unternehmen sollte. Ich war wieder allein. Die Unterwelt zu meinen Füßen mußte vibrieren. Sie war zu einer kleinen Hölle geworden, zu der ich leider keinen Zutritt hatte, denn mir war es nicht möglich, den Deckel anzuheben.
    Einen Schritt ging ich zurück, um mich zu drehen. Ich wollte dabei nicht unbedingt auf dem Deckel des Gullys stehenbleiben. Die Stille kam mir jetzt noch tiefer vor. Alles hatte die verdammte Dunkelheit verschluckt wie ein gewaltiges Tintenfaß.
    Nur meine Lampe funktionierte. Ihr kleiner Lichtkreis blieb auf einer Hauswand kleben. Ich sah die Tür. Die blinden Fenster. Die abgeknickte Laterne, die nicht brannte. Ein Abflußrohr reichte vom Dach her wie ein starrer Arm nach unten, dem man die Hand an seinem Ende einfach abgeschnitten hatte.
    Es war Zufall, daß der kleine Lichtkreis der Lampe haargenau die Hausnummer traf.
    Eine Zahl.
    Die Dreizehn!
    Ein Omen? Hatte mich das Schicksal genau an dieses Haus herangeführt, damit ich es betreten sollte? Gab es diese Fügung aus dem Hintergrund, daß dort jemand saß und mich wie ferngelenkt steuerte?
    Es reizte mich natürlich, das Haus zu betreten. Ich hoffte, daß die Tür nicht verschlossen war. Langsam bewegte sich der Lichtschein nach unten, strich auch über die Tür hinweg, die sich genau in diesem Moment öffnete.
    Zum erstenmal nach einer gewissen Zeit wurde die Stille wieder unterbrochen. Das Kratzen ließ eine leichte Gänsehaut auf meinem Körper entstehen, und nach wenigen Herzschlägen leuchtete ich die Gestalt an, die die Tür geöffnet hatte.
    Es war eine Frau!
    ***
    Mein Leben und meine Arbeit waren gespickt mit Überraschungen. Immer wieder wunderte ich mich über völlig neue Perspektiven, und genau das war hier auch der Fall.
    Ich stand noch immer unter dem Eindruck des Erlebten und versuchte, gewisse Dinge nachzuvollziehen, besonders das schnelle Verschwinden des Mannes mit den hochgekämmten Haaren, und jetzt stand da diese Person. Krasser konnte der Gegensatz nicht sein.
    Ja, es war eine Frau, aber nicht irgendeine. Man konnte sie ohne weiteres
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