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1108 - Leichengasse 13

1108 - Leichengasse 13

Titel: 1108 - Leichengasse 13
Autoren: Jason Dark
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amüsieren.«
    »Das ist aber schade.«
    »Ja, kann sein. Möglich, daß ich etwas verpasse. Doch meine richtige Umgebung ist es nicht.« Ich zuckte die Achseln. »Weißt du, es ist eine Straße, wie ich sie nicht kenne.«
    »Wieso?«
    »Sie ist so leer und so dunkel.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Warum?«
    Fay hob ihr Glas und trank wieder. Sie lächelte schief, als sie sagte: »Wir können es nicht ändern.«
    »Was könnt ihr nicht ändern?«
    »Nichts. Das Schicksal. Wir nehmen es hin, verstehst du?«
    »Nein, das kann ich nicht verstehen. Das hier ist kein Schicksal. Es ist eine völlig andere Welt, denke ich mir. Und ich habe den Eindruck, als gäbe es hier nur wenige Menschen in der Straße. Niemand lebt hier und wenn, dann ist er seltsam oder benimmt sich so. Ich sah einen Mann auf der Straße. Er verschwand plötzlich. Es erschien ein Schatten, und dann war dieser Mann nicht mehr da.«
    »Ja, das ist möglich.«
    »Und was machst du hier, Fay?«
    Da ich nicht getrunken hatte, zog sie mein Glas zu sich heran. »Was soll ich dir sagen? Du siehst doch, was ich hier mache. Ich wohne hier, John.«
    »Wer lebt noch in diesem Haus? Es gibt eine Treppe, die nach oben führt…«
    »Ich weiß es nicht. Ich bin es einfach nicht gewohnt, mich um meine Mitbewohner zu kümmern. Jeder lebt für sich allein. Ich, die anderen und…«, sie schüttelte den Kopf und fügte kein Wort mehr hinzu, als hätte sie schon zuviel gesagt.
    »Wo sind die anderen jetzt? In ihren Häusern? In ihren Betten? Haben sie sich schlafen gelegt?«
    »Davon gehe ich doch aus, John.«
    »Aber man hört nichts. Es ist eine Nacht, wie ich sie nicht kenne. Eine ohne Geräusche, und deshalb kommt sie mir unheimlich vor. Ich will auch nichts groß beschwören, aber ich sage dir, daß sich ein normaler Mensch in dieser Umgebung nicht wohl fühlen kann.«
    Fay blickte mir aus ihren dunklen Augen direkt ins Gesicht. »Dann hältst du mich nicht für einen normalen Menschen, John?«
    »So habe ich das nicht gemeint. Du siehst normal aus, daran gibt es keinen Zweifel, aber du bist trotzdem anders als ich. Du lebst doch nicht richtig, denn du kommst mir vor wie eine Schauspielerin, die mir eine Normalität vorgaukeln will. Hier stimmt einiges nicht. Diese Straße ist nicht normal. Sie versteckt ein Geheimnis. In ihr lauern Rätsel. Verborgen in tiefen Winkeln und Ecken. Vielleicht unter der Erde. Möglicherweise auch in den alten Mauern. Für mich ist es wie ein Fluch, der diese Gasse unter Kontrolle hält. Man nennt sie Leichengasse - warum?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Du lügst, Fay. Wer hier lebt, der muß es wissen.«
    Sie senkte den Blick. Dann faßte sie mit beiden Händen um mein Glas, hob es an und kippte den Gin in ihre Kehle. Hörbar schluckte sie ihn herunter.
    »Und jetzt?« fragte ich leise.
    »Hatte ich dir nicht einen Vorschlag gemacht, John?«
    »Du meinst das Schlafzimmer?«
    »Ja.«
    Ich räusperte mich. »Ich denke nicht, daß ich dir folgen werde, Fay. Das hier ist keine Welt für mich und schon gar keine, um mit einer jungen Frau ins Bett zu gehen.«
    »Meinst du?« Sie ignorierte meine Einwände und stand auf. Dann schaute sie auf mich nieder. »Ich denke, daß du dich irrst. Es ist die Welt, in der ich lebe.«
    Mehr sagte sie nicht. Bevor ich nachfragen konnte, hatte Fay sich gedreht und schritt auf die Tür an der breiten Seite des Raumes zu. Sie sprach und schaute mich dabei nicht mehr an. Ich blickte auf ihren Rücken und verfolgte die lasziven Bewegungen. Ihre Hose saß mehr als eng.
    Jetzt erkannte ich, daß sie aus dünnem Jeansstoff bestand. An den Rändern hingen Fransen herab.
    Sie öffnete die Tür und machte Licht. Diesmal war es heller und auch rötlicher. Der Kitsch hatte eine Krone bekommen. Wie in einem Bordell. Die Lampe schwamm unter der Decke und sah aus wie ein großer flacher Teller.
    Die Tür schloß Fay nicht. Sie ließ sie so weit offen, daß ich in das Zimmer hineinschauen konnte und natürlich auch das große Bett sah, das den Mittelpunkt bildete.
    Ob noch andere Einrichtungsgegenstände vorhanden waren, nahm ich nicht wahr. Fay setzte sich auf die Bettkante und drehte sich so, daß sie in die Küche schauen und mich sehen konnte. Das Licht übergoß sie mit dem rötlichen Schein, aber es reichte nicht bis in alle Ecken und Winkel des Zimmers hinein. Vieles blieb im Dunkeln, vielleicht sogar bewußt, als müßte sich dort etwas verstecken.
    Ich sah auch die Schatten der Decke, die sich außerhalb des rötlichen
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