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1103 - Das Azteken-Ritual

1103 - Das Azteken-Ritual

Titel: 1103 - Das Azteken-Ritual
Autoren: Jason Dark
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cooler als ich geblieben war.
    »Findest du, Bruder? Ich glaube nicht. Hier.« Er streckte den linken Arm vor und ließ die Finger dabei lang. Die rechte Hand krümmte er leicht. Für einen Moment schwebten die Nägel über dem linken Handballen, dann führte er sie dem Fleisch entgegen und strich darüber hinweg, wobei er einen leichten Druck gab.
    Drei dünne rote Fäden entstanden auf seinem Handballen. Blut drängte aus den Wunden, und wir hörten das heftige Kichern des Mannes. Er hob schließlich die leicht verletzte Hand an und führte sie bis an seine Lippen.
    Die Zunge schlug hervor, und dann leckte er blitzschnell über seine Wunden hinweg. Er schmatzte leise, schluckte das Blut und sah sehr zufrieden aus.
    »Sie brechen nicht«, flüsterte er. »Es sind meine Hände. Es sind besondere. Ich pflege sie immer.«
    »Mordhände!« sagte ich.
    Er lächelte und öffnete die Augen weit. »Ich brauche Herzen für die Götter.«
    »Damals«, sagte Suko.
    »Es ist nie beendet.«
    »Wer hat das neue Herz geraubt? Wer hat den Menschen getötet, dem es gehörte?«
    »Ich?« er lachte übermütig. »Schaut euch um, ihr Narren. Ich komme hier nicht raus.«
    »Es stimmt!« erklärte Gomez fröhlich. »Es ist unmöglich. Ich muß hier zwischen den Wänden bleiben. Ich gehe hin und her, her und hin und bin gefangen.«
    »Mit dem Körper«, sagte Suko.
    »Ja.«
    »Was ist mit dem Geist?«
    Gomez hob einen Arm und lachte. »Der ist frei. Der ist wunderbar. Was ist schon ein Körper? Ein Nichts. Der Geist ist wichtig. Er kann das, was ein Körper nicht kann.«
    »Zum Beispiel?«
    »Kontakte knüpfen und sie pflegen.« Mehr sagte Gomez nicht. Er überraschte uns, als er mit einer geschmeidigen Bewegung aufstand. Angreifen wollte er uns nicht. Er ging nur zum Fenster, stellte sich dorthin, legte den Kopf schief, um den Himmel sehen zu können, schob den Mund vor, spitzte ihn und zog dabei seine Wange nach innen, so daß dort regelrechte Beulen entstanden.
    Im nächsten Moment fing er an zu pfeifen, zu trällern und zu schreien. Da mischte sich einiges zusammen. Wir alle hatten derartige Laute oder Geräusche noch nie zuvor gehört. Sie waren auch nicht kurz. Er blieb vor dem Fenster stehen. Sein Körper zuckte, der Kopf ebenfalls, der zudem rot anlief.
    Dann war es vorbei.
    Er sackte plötzlich zusammen.
    Es sah so aus, als wollte er sich auf den Boden legen, doch er ging zurück zu seinem Bett und setzte sich. Sein Gesicht zeigte jetzt einen dünnen Schweißfilm, den er mit dem Handrücken wegwischte.
    Kalte Augen starrten uns an, die Frage folgte automatisch. »Habt ihr nun alles gesehen?«
    »Was war es?«
    »Körper und Geist«, flüsterte er. »Sie gehören zusammen. Sie sind eine Einheit, obwohl man sie immer trennt. Aber die meisten Menschen sind dumm. Ich habe gelernt, auf die Natur zu achten, denn sie gibt mir viel, sehr viel.«
    »Wollten Sie das demonstrieren?«
    »Warten Sie es ab.«
    Gomez tat, als wären wir nicht mehr vorhanden. Er lehnte sich zurück, dann ließ er sich fallen und blieb auf der Pritsche liegen, die Hände hinter dem Kopf verschränkt.
    Wir waren plötzlich uninteressant für ihn geworden. Seine Tat konnten wir nicht begreifen. Das gleiche galt für Pembroke. Er fühlte sich unwohl, räusperte sich und fragte, ob wir noch länger bleiben wollten.
    »Es wäre besser«, sagte ich.
    »Und warum?«
    »Gomez hat etwas getan. Er hat nicht nur gepfiffen, er hat Kontakt aufgenommen. Es war ein Zeichen, verstehen Sie?«
    »Nein.«
    »Nicht mit Menschen«, sagte ich. »Er hat seine Freunde kontaktiert. Es sind keine Menschen, nehme ich an. Da müssen Sie schon umdenken, Mr. Pembroke.«
    »Lieber nicht.«
    Gomez lag noch immer auf seiner Pritsche und amüsierte sich. Er konnte in seiner Lage nicht nur gegen die Decke schauen, sondern auch das Fenster sehen, das er wieder geschlossen hatte. Es drang keine frische Luft mehr durch die Gitterstäbe.
    Lange brauchten wir nicht zu warten. Gomez beantwortete uns auch keine Fragen mehr. Wir sahen nur die Schatten, die draußen am Fenster vorbeisegelten.
    Es waren Vögel.
    Sie huschten weg.
    Sie kreisten. Sie stiegen hoch, kamen zurück, sie krallten sich fest, sie hackten mit den Schnäbeln gegen die Gitterstäbe und gaben uns so die Gelegenheit, sie zu identifizieren.
    Geier, Adler oder Bussarde waren es nicht. Die Vögel, die hier auftauchten, gehörten zu den heimischen… Elstern und Krähen. Nicht eben die kleinen wie Spatzen oder Meisen.
    Immer wieder
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