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1091 - Das Geschöpf

1091 - Das Geschöpf

Titel: 1091 - Das Geschöpf
Autoren: Jason Dark
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Stichstraße waren die Kollegen nach rechts gefahren. Wir nahmen den linken Weg und fuhren wieder hinein in die breite leere Gasse, die wie ein Tunnel vor uns lag. Die einsame Laterne an der Rückseite des Heims hätte man sich sparen können. Vielleicht war sie nur als Hinweis gedacht.
    Es hatte sich nichts verändert. Bis auf die Tatsache, daß der Musiker verschwunden war. Sicherlich saß er in einer der zahlreichen Kneipen hier und spielte den Leuten was vor.
    Ich stoppte ungefähr dort, wo wir die Schläge gegen den Rover gehört hatten.
    »Und jetzt?« fragte Suko.
    »Steigen wir aus.«
    »Willst du die Wand untersuchen?«
    »Ja.«
    »Wir müßten sie eigentlich aufhacken.«
    »Unsinn.« Suko war heute zum Scherzen aufgelegt, ich weniger. Vielleicht war es bei ihm auch nur der Frust darüber, daß wir vor einem Problem standen, das sich zu einem verdammten Rätsel entwickelt hatte.
    Suko ging an der Mauer einige Schritte auf und ab. Sein Gesicht hatte er der Mauer zugedreht, als wollte er jeden Stein einzeln kontrollieren.
    Ich war vor der Kühlerhaube stehengeblieben und wartete auf ihn. »Es ist nichts, John. Zumindest habe ich nichts herausfinden können. Man sieht nur die Mauer.«
    »Die sahen wir auf der Herfahrt auch. Trotzdem hat etwas gegen unseren Wagen geschlagen.«
    Er zuckte die Achseln. »Ich habe mir nicht nur die Mauer angeschaut, sondern auch den Boden. Da habe ich ebenfalls nichts entdecken können. Es ist völlig normal. Alles ist hier normal. Das Pflaster, die Kälte, der Gully, der Dampf…«
    »Und der Gegner.«
    »Der Feind in der Mauer - oder?«
    Ich hob die Schultern und ging jetzt direkt auf die Mauer zu. Allerdings spazierte ich nicht daran entlang, sondern blieb an einer bestimmten Stelle stehen. Ich ging davon aus, daß wir auf dieser Höhe die Schläge gegen den Rover erlebt hatten. Aus welchen Gründen auch immer.
    Wenn ich den Kopf in den Nacken legte und an der Mauer hochschaute, schien sie in die Dunkelheit des Himmels zu wachsen. Jedenfalls war das Dach nicht zu erkennen. Da hätte ich mir schon den Kopf verrenken müssen.
    Ich berührte sie mit den Handflächen. Die Steine waren eiskalt, als wollten sie meine Haut an sich festfrieren. Ich bewegte sie, atmete gegen die Mauer, bewegte auch meinen Kopf, suchte nach Lücken. Wenn mich jetzt ein Fremder beobachtet hätte, der hätte wohl die Männer mit den weißen Kitteln angerufen.
    »Erfolg, John?«
    »Hör auf.« Nach einigen Sekunden trat ich wieder zurück. »Eine normale Mauer. Und trotzdem sind wir angegriffen worden. Da kann nur sie im Spiel gewesen sein. Wir sind an ihr entlanggefahren. Wir haben niemand gesehen. Aber wir wissen, daß es uns erwischte. Und dieser Angriff muß aus der Mauer gekommen sein.«
    »Nicht vom Boden her?«
    »Nein, das denke ich nicht.«
    Suko staunte, als er sah, daß ich noch einmal vortrat. Diesmal legte ich mein Ohr gegen die Mauer.
    Es war ein Versuch, und ich rechnete nicht mit einem Erfolg, und es überraschte mich, etwas zu hören.
    Geräusche, die mir komisch vorkamen. So nahm ich sie erst einmal hin. Es war irgendein Singen oder Schnaufen in meinem Ohr. Es konnte auch von mir stammen und war so etwas wie eine Spiegelung meiner inneren Erregung. Jedenfalls waren die Geräusche da. Mal heller, mal dunkler. Mal leise, dann wieder lauter.
    Ich trat von der Mauer zurück.
    Sofort verstummten die ungewöhnlichen Mischlaute. Suko sah mir an, daß ich etwas entdeckt hatte.
    »He, was ist mit dir los? Du siehst irgendwie verändert aus.«
    »So fühle ich mich auch.«
    »Komm, rück raus damit.«
    Ich schaute die Mauer an und dann ihn. »Es ist komisch, Suko, aber ich habe etwas gehört.«
    Er lachte mich nicht aus, sondern fragte nur: »Stimmen vielleicht?«
    »Nein, das nicht. So klar war das Geräusch nicht. Ein fernes Brausen, ein Singen, was weiß ich. Jedenfalls lief es in diese Richtung. Das wunderte mich schon.«
    Mein Freund wartete nicht lange. Jetzt trat er nahe an die Hauswand heran, drehte den Kopf und neigte sein Ohr dagegen.
    Ich schaute ihm zu und achtete auf die Regung in seinem Gesicht. Sie würde sich zeigen, wenn er etwas spürte, aber Sukos Gesicht blieb ohne Ausdruck. Kopfschüttelnd trat er dann wieder zurück.
    »Du kannst sagen, was du willst, John, aber ich habe nichts gehört. Tut mir leid.«
    Ich trat noch einmal an die Mauer heran. Wieder ließ ich die Kälte an meinem Ohr zu. Kaum war der Kontakt entstanden, da hörte ich die Geräusche abermals. Diesmal war ich
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