1051 - Als Verfluchte grüßen...
die Kehle aufgeschlitzt.«
Der Weißkittel schüttelte sich. »Keine Freude, so etwas zu erleben.«
»Beileibe nicht.«
»Ich schaue mal nach dem anderen.«
Während er das tat, legte ich dem Koloß noch zusätzlich Handschellen an. Ich traute ihm überhaupt nicht. Wenn er mal wieder richtig zu sich kam, konnte er leicht durchdrehen. Niederlagen einzustecken, war er nicht gewohnt.
Der Sultan jammerte vor sich hin. Seine Worte allerdings erinnerten mich mehr an Verwünschungen, auch wenn sie in einer mir fremden Sprache gesprochen wurden.
Als er sah, daß ich mich für ihn interessierte, sprach er mich an.
»Du hast nicht gewonnen, Sinclair, glaube das nur nicht. Unsere Pläne kann niemand stören. Ich bin nur eine Vorhut gewesen. Ich habe für die Bedingungen gesorgt. Alles weitere wird sich trotzdem nicht aufhalten lassen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Verdammt noch mal, es geht hier um Kinder. Stört Sie das nicht? Belastet das nicht Ihr Gewissen?«
»Es geht um Baal!«
»Er ist ein Götze!« sagte ich.
»Nein, er ist ein Gott!« flüsterte der Sultan ehrfürchtig.
Ich schüttelte den Kopf. Mit diesen Aussagen kam ich nicht zurecht. Das war nicht meine Welt. Man mußte schon verdammt abgebrüht sein, um den Weg des Sultans akzeptieren zu können. Am liebsten hätte ich ihn irgendwo hingeschossen. Leider brauchte ich ihn noch. Ich würde auf ihn zurückgreifen müssen. Nur er konnte mir die weiteren Informationen geben. Und wir würden ihn verhören, das stand fest. So schlimm war seine Verletzung nicht.
Außerdem drängte die Zeit. Irgendwo in Tunesien – wahrscheinlich in der Nähe alter Ausgrabungsstätten – spielte sich ein Drama ab, an dem unschuldige Kinder beteiligt waren. Ihr Leben sollte dort in der Wüste weggeworfen werden, nur um den Götzen Baal gütig zu stimmen.
Ich wollte jetzt nicht weiter darüber nachdenken, sonst verlor ich noch meinen Rest an Objektivität. Außerdem unterbrach mich die Stimme des Arztes. Er hatte dem Sultan einen Verband angelegt.
»Die Kugel muß natürlich herausoperiert werden. Wie auch bei dem anderen.«
»Stimmt. Allerdings später, denn der Mann hier…«
»Was sagen Sie da?« unterbrach er mich und fuhr zu mir herum.
»Später, Sinclair? Wie kommen Sie darauf? Das können Sie nicht verantworten, und ich auch nicht.«
»Er ist ein sehr wichtiger Zeuge.«
»Trotzdem. Seine Gesundheit hat Vorrang. Das kann ich nicht verantworten.«
»Diesmal müssen Sie über Ihren eigenen Schatten springen, Doktor. Es ist wichtig. Es geht um das Leben zahlreicher Kinder. Das habe ich nicht so dahingesagt. Es kommt auf die Aussagen dieses Mannes an, ob die Kinder überleben oder nicht. Je früher er damit anfängt, um so besser ist es für ihn.«
Der Arzt schwieg. Ich wußte nicht, ob er in seiner medizinischen Ehre gekränkt war. Das interessierte mich auch nicht. Ich hatte mich wieder dem Sultan zugewandt, der verbunden worden war. Er saß noch immer auf seinem Stuhl hinter dem Schreibtisch. Sein Gesicht sah blaß aus, trotz der dunkleren Hautfarbe. Die Lippen hielt er fest zusammengepreßt. Der verletzte Arm lag frei. Weiß schimmerte der Verband. Jacken- und Hemdärmel waren abgeschnitten worden.
Den Blick hielt er gesenkt. Seine Augen waren nicht geschlossen.
Er hatte uns genau beobachtet und auch zugehört. Ich blieb dicht vor ihm stehen.
»Du hast alles mitbekommen, Sultan. Es kommt jetzt auf dich an, wie es mit dir weitergeht. Wenn du den Mund aufmachst und uns Informationen gibst, hast du alles schnell hinter dir. Weigerst du dich aber, bleibt die Kugel länger drin.«
Er blickte mich an. Dabei verzog er die Mundwinkel, als wollte er mich angrinsen. »Du hast keine Chance, Polizist, keine. Baal wird es richten. Baal ist stärker. Er steht nicht allein, denn er hat gute Freunde und Helfer.«
»Warum wollt ihr die Kinder töten?« fuhr ich ihn an. Ich merkte, daß ich mich wieder aufregte. »Verdammt noch mal, warum?«
»Frag ihn. Frag Baal.«
»Nein, ich frage dich!«
»Kein Kommentar, Sinclair. Ich werde nichts, aber auch gar nichts sagen.«
Ich ließ ihn sitzen. Zwei Polizisten standen noch im Raum. »Schaffen Sie ihn weg!« sagte ich. »Und den anderen auch!«
»Wo sollen sie denn hin?« fragte der Arzt.
»In eine Klinik natürlich.«
»Haben Sie bestimmte Vorstellungen?«
»Nein. Das überlasse ich Ihnen, Doktor.«
Ich wies die Polizisten an, noch zwei Kollegen zu holen, die beim Abtransport dabei waren. Der Bodyguard lag am Boden und
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