Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1044 - Die Braut des Engels

1044 - Die Braut des Engels

Titel: 1044 - Die Braut des Engels
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
des Körpers hatte ich mich rasch abgefunden und ich konzentrierte mich deshalb auf das Gesicht. Es war sehr wichtig für mich. Noch immer ging ich davon aus, es mit einem Engel zu tun zu haben, wie auch immer. Ich kannte Engel. Angefangen von den Geistererscheinungen der Erzengel, bis hin zu Raniel, dem Gerechten, der halb Engel und halb Mensch war.
    Und dieser hier?
    Er war nicht halb Engel, halb Mensch. Für mich war er zur einen Hälfte gut und zur anderen böse. Die helle Hälfte, diese Lichtseite, vermittelte mir das Strahlen einer großen Zufriedenheit. Auch der Ausdruck des Auges sagte mir dies. Er war einfach so lieb, so weich, verzeihend und sehr gütig. Der Rest der Gestalt war vorhanden, aber nicht stofflich, denn ich entdeckte bei genauerem Hinsehen das leichte Flimmern oder die zuckenden Bewegungen.
    Und die andere Seite?
    Nicht dunkel, sondern pechschwarz. Wie verbrannt wirkend und dabei leicht glänzend, als wäre diese verbrannte Hälfte später noch mit Öl bestrichen worden. War das Auge auf der rechten Seite so gütig und auch strahlend gewesen, so wies es auf der linken, einen kalten, einen bösen und düsteren Ausdruck auf. Keine helle Pupille, sondern Düsternis in der Dunkelheit. Ein unheimliches Auge mit einem sehr unheimlichen Blick der mich durchbohren sollte.
    Ich schauderte zusammen, als ich davon getroffen wurde. Über meinen Rücken rann ein Schauer, der wie Leim auf meiner Haut klebenblieb. Ich merkte den Streß, denn selbst ein Mensch wie ich kam damit nicht so leicht zurecht.
    Mein Gefühlsleben war aufgewühlt. Ich spürte hinter meiner Stirn das Hämmern. Ich wußte auch, daß sich meine Haut gerötet hatte.
    Das waren einfach nur Kleinigkeiten im Vergleich zu den anderen Gefühlen, die mich durchrasten. Die Zeit war zweitrangig geworden. Ich stand in einem Vakuum und wußte allerdings, daß ich etwas unternehmen mußte.
    Angegriffen wurde ich nicht. Ich selbst wollte es auch nicht tun, aber ich mußte mich einfach auf einen Test verlassen und dachte wieder an mein Kreuz.
    Dieser Gedanke riß mich wieder voll aus dem Schock oder der Erstarrung. Es tat mir gut, mich bewegen zu können, und ich hob auch die Hand mit dem Kreuz an.
    Noch war es verdeckt. Ich hielt meine Faust darum geschlossen.
    Aber ich wollte die Erscheinung mit den beiden unterschiedlichen Augen mit dem Anblick meines Kreuzes konfrontieren.
    Wir standen uns gegenüber. In unterschiedlicher Haltung. Wie unversöhnliche Feinde.
    Das Kreuz schimmerte.
    Es erwärmte sich.
    Dann war es auf einmal eiskalt!
    Nein, ich befand mich nicht in einem Irrenhaus. Aber dieses Erlebnis reichte für einen Schock, obwohl ich schon einmal die Kälte des Kreuzes gespürt hatte.
    Hier war es anders.
    Hier wechselten sich Wärme und Kälte ab, und das in sehr schnellen Abständen. Es waren nur die Ränder des Kreuzes, an denen die vier Zeichen der Erzengel hinterlassen waren. Sie strahlten Hitze ab und im nächsten Augenblick wieder eine schon böse Kälte. Beides erwischte mich schockartig und übergangslos, so daß ich damit im ersten Moment nicht zurechtkam.
    Nicht allein der Wechsel ließ mich schaudern, es war die Tatsache, daß es ihn überhaupt gab. Und daß es dort passierte, wo sich die Buchstaben abmalten. Eine Tatsache, die beinahe ein Weltbild in mir zusammenbrechen ließ. Ja, ich hatte schon erlebt, daß auch mein Kreuz von der anderen Seite manipuliert worden war, doch ein derartiges Wechselspiel war mir völlig neu. Mein Kreuz schien sich in diesen Augenblicken nicht entscheiden zu können, zu welcher Seite hin es tendieren sollte. Zum Bösen oder zum Guten.
    Ich war in diesen Augenblicken völlig überfordert. Es fiel mir deshalb nicht leicht, mich auf das Kreuz zu konzentrieren. Und ebenfalls nicht auf die Gestalt vor mir.
    Der Geruch war geblieben. Ihn nahm ich am Rande wahr. Er kümmert mich nicht mehr. Beim ersten Anblick hatte ich mich wie gelähmt gefühlt, auch ein Zeichen des Schocks. Allmählich fand ich wieder zu mir selbst und konnte auch nachdenken.
    Ich wollte an die Gestalt heran. Ich wollte sie anfassen, mit ihr Kontakt aufnehmen. Besonders mit der rechten Seite, die so überirdisch hell strahlte.
    Der erste Schritt fiel mir schwer. Ich kam mir vor wie jemand, der erst eine Barriere überwinden mußte. Der zweite Schritt brachte mich noch näher an die Gestalt heran, die sich nicht bewegte. Ich suchte im Gesicht nach einem bestimmten Ausdruck. Ein Lächeln auf der positiven, ein Grinsen auf der negativen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher