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1041 - Der Rächer

1041 - Der Rächer

Titel: 1041 - Der Rächer
Autoren: Jason Dark
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Dieser Brandstifter war jemand anderer gewesen, aber auch einer aus der Kaste.
    Kaste!
    Jawohl, diese Bezeichnung kam ihm in den Sinn. Er hatte den Begriff Glaubensgemeinschaft aus seinem Repertoire gestrichen. Für ihn gab es jetzt nur die Kaste, und sie hatte einen sehr, sehr negativen Klang. Er würde dafür sorgen, daß man sich an ihn erinnerte, und er würde ebenso grausam zurückschlagen.
    Mit diesem Gedanken stieg er aus dem Wagen. Zuvor hatte er noch kurz an der Filiale einer Bank gestoppt und das meiste Geld von den beiden Sparkonten geholt. Viel war es nicht, aber er konnte damit einige Zeit leben. Außerdem war er bescheiden.
    Es war kälter geworden. Auch der Dunst war zurückgekehrt und klebte über dem Land. Er ließ die Häuser schwammig aussehen, als wollte er sie in den dunklen Erdboden hineindrücken.
    Innerlich erregt, aber nach außen hin mit ruhigen Schritten ging der Lehrer auf die Haustür zu und schloß sie auf.
    Er betrat das Haus.
    Sein Haus roch trotzdem fremd.
    Noch gestern war er hier mit Frau und seinen Kindern glücklich gewesen. Eine Familie beinahe wie aus dem Bilderbuch. Das aber war jetzt vorbei. Ein endgültiges Aus, denn Frau und Kinder existierten nicht mehr. Sie waren zu dunklen, formlosen Körpern verbrannt und würden bald der Erde übergeben werden. Dieser traurigen Feier würde er allerdings fernbleiben, das stand für ihn längst fest.
    Hinter ihm fiel die Tür zu. Es gab die Familie nicht mehr, aber sie war trotzdem zu spüren. An der Garderobe hing noch die Kleidung seiner Frau, und er streichelte sie, wobei er anfing zu weinen. Weinend betrat er auch das Schlafzimmer, in dem sich die Koffer befanden. Sie lagen auf dem Schrank. Er brauchte nur einen.
    Shannon legte den Koffer auf das Bett, bevor er zum Schrank ging und Kleidungsstücke aussortierte. Er griff wahllos hinein. Die Sachen seiner Frau ließ er hängen. Sie waren mit zu starken Erinnerungen verbunden, und er zwang sich, sie nicht anzuschauen.
    Der Koffer war bald gefüllt. Patrick drückte ihn zu, verschloß ihn und stellte das Gepäckstück in den Flur.
    Dann ging er die Treppe hoch.
    Leere Kinderzimmer, aber noch immer so, wie Linda und Wayne sie verlassen hatten. Er durchschritt sie. Jede Bewegung drückte die Erinnerung in ihm hoch. Er hörte die Stimmen. Er hörte, wie sie lachten und sich stritten. Er sah sie vor sich. In den Ferien, bei den Geburtstagen, zu Weihnachten mit leuchtenden Augen…
    »Neeiinnn…!« Es kam über ihn wie eine Woge. Der Lehrer konnte sich nicht mehr beherrschen. Nach einer Drehung warf er sich auf das Bett seines Sohnes und vergrub das Gesicht im Kopfkissen.
    Unmöglich! Wahnsinn! Er konnte es nicht fassen. Aber sie waren tot, auch wenn das Kissen noch nach Wayne roch. Er küßte es, und seine Schreie wurden von ihm erstickt.
    Irgendwann setzte er sich wieder hin. Der Kopf schmerzte, die Wunde tuckerte. Er würde sie noch einige Zeit spüren. Das war jedoch nichts zu dem, was er anderen zu spüren geben würde. Sie hatten nicht nur seine Familie ausgelöscht, sie hatten auch ihren Glauben und damit ihn verraten. Bei ihm war ein Bruch eingetreten.
    Das Leben, wie er es kannte, war nicht mehr vorhanden.
    Glaube, Liebe, Hoffnung – er hatte mal darauf vertraut, aber jetzt nicht mehr. Das war vorbei. Aus der Traum. Es gab nicht nur die eine Seite. Die Welt war ein duales System, und darauf würde er seine Zukunft aufbauen. Diesmal war die andere Seite an der Reihe, nicht das Licht, sondern die Dunkelheit, die er früher – erst gestern noch – bekämpft hatte. Nun dachte er anders darüber. Er würde in den Schatten eintreten und ihn für sich nutzen.
    »Ihr sollt nicht grundlos gestorben sein«, flüsterte er in die leeren Kinderzimmer hinein und betrat anschließend das Bad, um dort einige Dinge in seine Kulturtasche zu packen. Es war gewissermaßen der Schluß, das bittere Ende. Zugleich auch ein Anfang, ein Neubeginn, der die Welt in Angst und Schrecken versetzen sollte.
    Er war nicht nur Rächer, sondern auch Jäger. Er würde denjenigen jagen, der ihm die Familie genommen hatte. Das Bild hatte er sich genau gemerkt. Nie mehr würde es aus seinem Gedächtnis verschwinden, das stand für ihn fest.
    Irgendwann würde ihm der Killer über den Weg laufen. Nein, sogar laufen müssen, weil er die entsprechenden Spuren legen würde.
    Es gab für den Lehrer der Religion und der Geschichte keinen Gott mehr, es gab nur noch einen Götzen mit zwei Namen.
    Tod und Rache!
    Er löschte
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