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1035 - Die Totenkammer

1035 - Die Totenkammer

Titel: 1035 - Die Totenkammer
Autoren: Jason Dark
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stehen, abwarten und darauf hoffen, daß ihr das Schicksal trotzdem günstig gesinnt war.
    Die Tritte näherten sich der anderen Seite des Tisches. Mandy war klar, daß er wußte, wo sie stand, auch wenn die Lichtinsel entfernt schimmerte. Der andere hatte alles im Griff, auch sie, das mußte sich Mandy eingestehen.
    Die Schritte verstummten.
    Nicht in ihrer Nähe. Sie drehte sich leicht nach links und bewegte dabei nur ihren Körper und nicht die Beine. Dafür allerdings die Augen, so daß es ihr gelang, dorthin zu schielen, wo sich die andere Person aufhalten mußte.
    Sie sah den Schatten. Direkt gegenüber der Lampe malte er sich ab und floß sogar über den Tisch.
    Mandy atmete nicht mehr. Sie spürte den Druck, der sich in ihrer Brust ausbreitete und hörte im gleichen Moment die Flüsterstimme des Mannes.
    »Dreh dich um, Mandy!«
    Die wenigen Worte waren nur leise gesprochen worden. Sie erreichten die Studentin mit der Schärfe eines Seziermessers. Sie spürte diesen grellen Schmerz durch ihr Gehirn schneiden und wußte endgültig, daß der Moment der Wahrheit gekommen war.
    Sie hatte diesen Augenblick herbeigesehnt und sich auch damit gedanklich beschäftigt. Nun waren diese Gedanken dahin. Alle Vorstellungen, die sie sich gemacht hatte, konnte sie über Bord werfen, die brutale Realität hielt sie umfangen.
    Sie mußte gehorchen, so schwer es ihr auch fiel. Aber Mandy ging nicht auf den Mann zu, der seinen Platz ebenfalls nicht verlassen hatte. Er wartete noch auf der gegenüberliegenden Seite des Lesetisches auf sie, wobei sein Gesicht und auch der Körper im Dunkeln lagen, weil das Lampenlicht sich nur auf eine Tischseite konzentrierte.
    »Komm her!«
    »Ja!« hauchte sie.
    Diese Flüsterstimme war deshalb so schlimm, weil sie auch eine gewisse Gewalt über Mandy bekommen hatte. Auch wenn sie es versucht hätte, es wäre ihr nicht möglich gewesen, sich gegen diese Befehle zu wehren. Aber sie blieb auf der anderen Seite des Lesetisches, so gab es zwischen ihr und ihm noch die Breite des Tisches.
    Kein unbedingtes Hindernis. Mandy griff in ihrer Lage nach jedem Strohhalm.
    Sie ging mit sehr langsamen Schritten und überlegte dabei, daß aus diesem Mann ein Monstrum hätte geworden sein können. Ein Killer, ein Psychopath, der sein wahres Gesicht bisher versteckt gehalten hatte, jetzt aber zeigte.
    Genau das war die Gefahr, deren Umklammerung sich immer mehr schloß. Mandy hörte nur sich selbst. Sie wagte es auch nicht, nach rechts zu schauen, wo er stand und auf sie wartete. Die Strecke kam ihr viel kürzer vor, als sie es in der Wirklichkeit war. Es hatte keinen Sinn, sich weit weg zu wünschen. Das war sowieso nicht möglich.
    »Halt!«
    Der Mann hatte nicht laut zu sprechen brauchen. Beinahe wie von allein blieb Mandy stehen.
    Sie stand ihm jetzt gegenüber, wobei sie ihm ihr Profil zudrehte.
    Sie wollte ihn nicht anschauen, nicht freiwillig. Sie wußte ja, wer er war, aber in ihrer Phantasie stellte sich Mandy die schrecklichsten Dinge vor. Sie glaubte an eine Verwandlung. Daß er sich verändert hatte. Er war zu einer Mutation geworden. Zu einem Alien. Oder zu einem Wesen halb Mensch und halb Tier.
    »Schau her!«
    Die dünnen Beine zahlreicher Spinnen krochen über Mandys Rücken hinweg. Durch die Nase saugte sie wieder die Luft ein, und dann drehte sie sich langsam um.
    Er stand im Licht. Und er stand so günstig, daß sie auch sein Gesicht teilweise sehen konnte. Zumindest das Kinn und die nach unten verzogenen Lippen. Mandy ging davon aus, daß dieser Ausdruck nichts Gutes bedeutete.
    Der Mann bewegte seinen rechten Arm. Zuerst erschien die Hand im Schein der Lampe. Zwischen den Fingern schaute etwas Glänzendes hervor, auf dem sich das Licht brach.
    Es war ein Foto!
    In Farbe natürlich und gestochen scharf. Der Mann brachte seine Hand noch weiter vor, bis das Foto voll im Licht lag. Dann erst ließ er es los. Es lag mit dem Motiv nach oben.
    »Schau es dir an, Mandy! Schau es dir genau an…«
    »Ja, ja«, gab sie flüsternd zurück. Sie drückte sich dabei nach rechts und beugte sich auch vor.
    Das Bild zeigte eine Frau.
    Eine blonde aparte Person, die auf einem Felsen saß, ein Bein angewinkelt und den Kopf leicht zurückgelegt hatte. Sie lachte in die Kamera hinein. Ihre Augen glänzten, und im Hintergrund brandete unter einem mit weißen Wolken bedeckten Himmel das Meer gegen den Strand. Die Frau trug ein weißes Kleid, mit dem der Wind spielte und es an einigen Stellen gegen den Körper
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