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1011 - Laurins Totenwelt

1011 - Laurins Totenwelt

Titel: 1011 - Laurins Totenwelt
Autoren: Jason Dark
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er hatte es getan. Das glaubte ich ihm auch, denn niemand konnte so schauspielern. Er bereute die Tat, aber zugleich wurde er von einer furchtbaren Angst gepeinigt. Aber es war auch der Mann, der mich weiterbringen konnte. Nur wollte ich ihn nicht auf der Straße befragen. Einige Schritte weiter gab es einen kleinen Laden, in dem man auch etwas trinken und essen konnte. Es war wichtig, daß der Mann einen Schluck bekam, und ich faßte ihn kurzerhand unter.
    »Kommen Sie mit!«
    Er folgte mir willig wie ein kleines Kind. Ich spürte, wie sehr er zitterte. Dieser Mensch stand kurz vor einem Zusammenbruch. Seine schlurfenden Schritte wirkten kraftlos. Mehr als einmal wäre er gefallen, hätte ich ihn nicht gehalten.
    In diesem Dorf war man unter sich. Hier schloß auch niemand etwas ab. Alle Türen konnten geöffnet werden, auch die der Trattoria, in die wir hineingingen.
    Es war kein großer Raum. An der linken Seite stapelten sich die Lebensmittel in den Regalen, hinter der schmalen Theke ebenfalls.
    Unter den vielen Getränken würde ich schon das Richtige finden.
    Ich drückte den Mann gegen die Theke und bedeutete ihm, dort stehenzubleiben. Er nickte nur, während ich eine Klappe anhob und mich hinter die Theke stellte.
    Mein Blick glitt über die Flaschen hinweg. Ich konnte unter einigen Getränken auswählen und entdeckte einen italienischen Weinbrand. Nicht nur der Mann konnte einen Schluck vertragen, ich hatte ihn ebenfalls nötig. Deshalb füllte ich zwei Gläser, schob ihm eines zu und blieb hinter der Theke stehen.
    »Trinken Sie!«
    Er hob den Kopf und blickte mich aus rot umränderten Augen an.
    »Na los, Sie müssen trinken!«
    »Si, danke.« Er griff mit beiden Händen nach dem Glas und führte es vorsichtig an seine Lippen. Dann kippte er das Zeug mit einem Ruck in seinen Hals, während mir ein kleiner Schluck zunächst reichte.
    Der Mann blickte mich an, aber er schaute trotzdem ins Leere und schüttelte sich.
    »Geht es Ihnen jetzt besser?«
    Er hob die Schultern.
    Ich wollte wissen, mit wem ich es zu tun hatte, und ich erkundigte mich nach seinem Namen.
    »Ich bin Cesare Caprio«, sagte er leise. Die nächsten Worte wurden von einem kratzigen Lachen begleitet. »Ich bin derjenige gewesen, der ihr die beiden Hände abgehackt hat.« Er schlug die Hände vor sein Gesicht, deshalb klangen die nachfolgenden Worte dumpfer. »Ja, ich habe mein Beil genommen und sie abgehackt. Beide Hände. Sie lag auf dem Rücken. Flavio hat sie festgehalten, und ich habe ihr mit der Axt die Hände abgehackt!«
    »Warum taten Sie es?« Während der Frage füllte ich sein Glas wieder nach.
    Mit der Antwort ließ er sich Zeit. Seine Hände blieben auch vor dem Gesicht.
    »Trinken Sie noch mal.«
    Er nahm eine Hand nach unten. Die Linke ließ er noch vor dem Gesicht, als wollte er eine verunstaltete Stelle schützen. »Es mußte so sein. Ja, es mußte so sein.«
    »Wirklich?«, fragte ich.
    Sein Gesicht war wieder frei. »Ja, zum Teufel, ja. Es ging nicht anders. Der alte Fluch, die alte Legende. Sie muß erfüllt werden, verstehen Sie? Erfüllt werden.«
    »Warum?«
    Beinahe traurig schaute er mich an. »Weil es eben so ist. Wir können uns nicht wehren.« Dann trank er sein Glas leer, schüttelte sich und legte den Kopf zurück.
    »Untreuen Frauen werden die Hände abgehackt, sagte man.«
    »So ist es.«
    »Aber doch heute nicht mehr!« hielt ich ihm vor.
    »Doch. Gerade heute. Das Mittelalter hat uns noch nicht verlassen. Wir müssen dafür sorgen, daß die alten Regeln eingehalten werden, aber das werden Sie als Fremder nicht begreifen können.«
    »Starten Sie einen Versuch.«
    »Warum?«
    »Erzählen Sie mir mehr darüber. Was glauben Sie, weshalb meine Freunde und ich hier erschienen sind?«
    »Keine Ahnung.«
    »Weil ich diesen verdammten Fall aufklären will. Weil nicht sein darf, daß alte Flüche…«
    Er ließ mich nicht ausreden und schlug mit seiner flachen Hand auf den Tresen. »Glauben Sie denn wirklich, daß Sie gegen eine mächtige Gestalt wie den Zwergenkönig Laurin ankommen? Glauben Sie das? Glauben Sie überhaupt an ihn?«
    »Sicher.«
    Meine Antwort brachte ihn aus der Fassung. »Wieso? Wieso denn? Wieso glauben Sie das? Sie sind doch ein Fremder.«
    »Ich hatte vor Jahren schon einmal mit ihm zu tun. Laurin ist mir deshalb ein Begriff.«
    »Ach ja?«
    »Sie können es mir glauben. Aber ich möchte Sie auch bitten, mir zu helfen.«
    Es sah so aus, als wollte er mich anlachen, dann schüttelte er den
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