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100 Prozent Anders

100 Prozent Anders

Titel: 100 Prozent Anders
Autoren: Thomas Anders
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der Bestsellerliste stand, hatte er meines Erachtens die Lust verloren. An Modern Talking und an mir. Das fühlte ich. Dieter tickt ganz simpel, wahrscheinlich hat er sich gedacht: Wieso das Geld mit anderen teilen, wenn er doch alles für sich haben könnte. Warum sollte er sich einem musikalischen Partner anpassen, wenn er doch auch als Patriarch, von oben herab, alleine die Dinge bestimmen konnte?
    Das Schöne am Älterwerden sind die Erfahrungen, die man macht. Man ignoriert nicht mehr die kleinen Zeichen des Schicksals, die man in der Jugend voller Überschwang gar nicht sieht. Ich kannte Dieter mittlerweile in- und auswendig. Daher wusste ich, dass der große Knall und somit unser Ende als Duo unmittelbar bevorstand.
    ***
    Im Herbst 2002 hatte Modern Talking zum ersten Mal eine Anfrage für Shows in New York und Atlantic City erhalten. Wie cool! Wir gaben zwar jedes Jahr viele Shows im Rahmen einer Tournee oder von privaten Gala-Veranstaltungen im europäischen Raum, aber Amerika war noch nie dabei gewesen. Ich war mir ziemlich sicher, dass Dieter dies „hammermäßig“ finden und wie üblich zu seinen Freunden der Bild-Zeitung rennen und prahlen würde: „Ey, wie geil. Ich hab jetzt die USA klargemacht.“ Doch da hatte ich mich gründlich geirrt.
    Wir bekamen die Anfrage über unsere Booking-Agentur Lutz-Rainer Seidel aus Berlin, die unsere Auftritte organisierte. Lutz hatte Unterschriftsvollmacht für die Verträge, sicherte sich bei uns aber, aus gutem Grund, per Fax stets ab. Ein Fax ging an Dieter raus, eines an mich, und wir bestätigten beide per Unterschrift. Als die USA-Anfrage kam, sprach Dieter mich bei einem Treffen darauf an. „Du, Thomas, wie findest du das? Ist das geil da? Ich meine ja nur. Eigentlich hab ich gar keine Zeit, weißt du, ich muss ja die DSDS-Jury machen und so und muss ja unser neues Album noch machen und so – und dann noch den Sieger von DSDS produzieren. Sollen wir das nicht in den Februar verlegen?“ „Ja. Für mich ist das kein Problem“, sagte ich, „nur, du weißt schon, dass wir immer mal in den USA auftreten wollten. Diese Chance sollten wir uns nicht entgehen lassen. Aber ich spreche mit Lutz. Er soll den Termin beim US-Veranstalter auf Februar 2003 verlegen.“
    Einige Zeit später wurde uns aus den USA ein neues Angebot unterbreitet. Dieselben Städte, nur für Ende Februar terminiert. Also: Lutz schickte wieder die beiden Faxe an uns raus, damit wir bestätigen konnten. Nach ein paar Tagen kam die Antwort von Dieter: „Kann nicht! DB.“ Aha, was war das? Ich war alarmiert. Da war es wieder, dieses mulmige Gefühl im Magen. Ich kannte Dieter gut genug, um zu wissen, dass er niemals ein Geschäft ausschlagen würde, wenn er nicht längst ein besseres in petto gehabt hätte. Trotzdem konnte ich seine Absage nicht einfach so hinnehmen. Ich griff zum Telefonhörer und rief Götz Kiso an. Götz war unser gemeinsamer Anwalt für die Belange von Modern Talking und auch der ehemalige Chef von Dieter. Doch dazu komme ich später.
    Götz war immer der Vermittler zwischen uns beiden. Er nahm sich Dieter zur Brust, wenn dieser bei seinen Höhenflügen mal wieder nicht mehr zu stoppen war, und er bat mich oft um Erklärungen in schwierigen Situationen. Ich erzählte Götz von der Amerika-Sache.
    Ich hatte nichts dagegen, dass Dieter Bohlen sich bei DSDS verwirklichen wollte oder in seinem Buch sein Leben als Comic illustrierte. Aber ich hatte etwas dagegen, wenn man Modern Talking und mich im Regen stehen ließ. Ich fragte Götz, was ich tun solle. Denn ich liebe es, auf der Bühne zu stehen, und ich verdiene schließlich mein Geld damit. „Ich werde jetzt unsere US-Shows zum zweiten Mal absagen. Wann ist denn der beste Zeitpunkt für einen Alternativtermin?“, fragte ich Götz. „Ich kann es dir nicht sagen“, war seine lapidare Antwort. „Aber ich kann doch nicht darauf warten, bis Dieter irgendwann mal wieder Lust darauf hat, mit Modern Talking aufzutreten“, erwiderte ich. Ich werde die Antwort von Götz nie vergessen: „Thomas, ich gebe dir den guten Rat, nimm mit, was du kriegen kannst.“ Diese Botschaft war für mich eindeutig! Der „große Meister“ hatte keinen Bock mehr auf Modern Talking, wusste aber noch nicht, wie er das Ende für sich medial nutzen konnte.
    Ich schrieb daraufhin Dieter ein Fax, dass ich seine Absage zwar nicht verstehe, als Alternative könne ich aber noch mal versuchen, die USA-Termine in den Mai zu legen. Ich sei auch gewillt,
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