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100 Prozent Anders

100 Prozent Anders

Titel: 100 Prozent Anders
Autoren: Thomas Anders
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die Auftritte für mich alleine durchzuziehen, erklärte ich ihm. Ich bekam nie eine Antwort von Dieter.
    Zwischenzeitlich hatte Lutz-Rainer Seidel immer wieder Kontakt mit unserem Agenten für die Amerika-Jobs. Lutz erklärte ihm, dass Dieter Bohlen keine Zusage für die Konzerte in den USA geben würde. Über dessen Antwort muss ich auch heute noch, nach so vielen Jahren, schmunzeln: Er fragte einfach, wo denn das Problem sei? „Dann soll Thomas Anders eben ohne seinen Gitarristen auftreten.“
    Zwei Wochen später erfuhr ich über Dritte des Rätsels Lösung. Dieter hatte schon lange für eine Tournee mit den Teilnehmern der DSDS-Staffel im Mai 2003 unterschrieben und deshalb keine Zeit mehr für die Auftritte mit Modern Talking. Ich rief sofort Lutz an und sagte: „Unterschreibe bitte für die Shows in den USA. Ich mache es allein.“
    ***
    Nach rund zweieinhalb Stunden Fahrt kamen wir in Rostock vor der Konzerthalle an. Ich ging direkt in meine Garderobe. Ich wusste nicht, ob Dieter schon da war. Ich hatte aber auch nicht das dringende Bedürfnis, ihn freundlich zu begrüßen. Ich sagte „Hallo“ zu meinen Musikern, und wir stimmten uns auf die Show ein. Es ist immer etwas Besonderes vor der Eröffnungsshow einer Tour. Das Programm ist noch nicht hundertprozentig eingespielt, man singt neue Songs, man ist einfach etwas nervöser als sonst.
    Mittlerweile waren auch Dieter und seine damalige Lebensabschnittsgefährtin Estefania (die eigentlich Ingrid Stefanie heißt) eingetrudelt. Wir nickten uns kurz zu. Minuten vor der Show bat Dieter mich in seine Garderobe, und da wusste ich, es drohte mal wieder Ärger. Wir standen uns gegenüber. Er sah mich missmutig an und fragte: „Bist du in Amerika aufgetreten?“ „Jetzt tu doch nicht so, als wüsstest du das nicht. Es ist schließlich schon einige Wochen her“, antwortete ich. „Damit das klar ist“, fauchte er, „ich verbiete dir mit Modern-Talking-Songs aufzutreten.“ „Du kannst es mir nicht verbieten“, gab ich scharf zurück. „Und ob ich das kann! Ich verbiete dir, mit meinen Songs aufzutreten. (Aha dachte ich, es sind also seine Songs.) Ich bin der Produzent und der Schreiber der Songs.“ Meine Freunde wissen, wie süffisant ich sein kann, wenn jemand unverschämt wird. Ich antwortete mit einem eiskalten Lächeln: „Verbieten kann es mir nur die Plattenfirma, denn sie besitzt die Rechte an den Titeln. Jedoch auch nur dann, wenn ich die originalen Produktionen benutze. Tue ich aber nicht. Zudem bist nicht du im Besitz der Rechte an den Produktionen, sondern die Schallplattenfirma. Und da ich die Songs alle neu vertone, kannst du mir gar nichts anhaben. Das weißt du genauso gut wie ich.“
    Auch wenn er sich in seinem Buch zu erinnern glaubt, „ganz ruhig“ gewesen zu sein, in Wahrheit schäumte Dieter vor Wut und schrie: „Das werden wir sehen!“ „Abgesehen davon“, sagte ich, „ich finde es mal wieder hervorragend, vor einer Show und zum Start einer Tournee mit dieser Stimmung auf die Bühne zu gehen.“ „Das ist mir scheißegal!“ „Klar ist dir das scheißegal. So wie alles. Hauptsache, du hast dein überzogenes Ego mal wieder raushängen lassen. Du bist und bleibst ein A…!“ Mit diesen Worten drehte ich mich um und ließ ihn allein zurück. Ich ging in meine Garderobe und war fassungslos. Was für ein niveauloser und egoistischer Typ dieser Bohlen doch war!
    Das Sahnehäubchen der Egomanie wurde mir dann auch prompt akustisch serviert. Als Opener für unsere Show wurde just in dem Moment der Sieger der damaligen DSDS-Staffel angekündigt: Alexander Klaws. Es ist überflüssig zu erwähnen, dass ich davon natürlich nichts wusste. Es brachte mir auch keine Genugtuung, dass er vom Publikum ausgebuht wurde. Die Fans wollten uns – und ich saß in meiner Garderobe und wusste, dass die letzten Minuten von Modern Talking eingeläutet waren.
    Ich war froh, dass Claudia nicht dabei war. Als hätte sie eine Vorahnung gehabt, dass an diesem Abend ein großes Kapitel Musikgeschichte und gleichzeitig ein wichtiges Kapitel meines Lebens zu Ende gehen sollte. Wäre Claudia hier gewesen, hätten wir mit hängenden Köpfen in meiner Garderobe gesessen und versucht, uns die Situation zu erklären und Dieters Gehabe zu analysieren. Wie so oft in den vergangenen Jahren. Claudia hätte sich nur ein weiteres Mal unnötig mit dem ganzen kindischen Bohlen-Kram belastet.
    Nein, es war gut so, wie es war.
    Unsere Show begann mit einem Instrumental
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