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10 - Geheimagent Lennet und der Spinnenbaron

10 - Geheimagent Lennet und der Spinnenbaron

Titel: 10 - Geheimagent Lennet und der Spinnenbaron
Autoren: Vladimir Volkoff
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dies sicher nicht gewagt.«
    »Armer Dickie«, machte Mick und erhob sich auch. »Sie haben da etwas Böses angerichtet.« Lennet blieb als einziger seelenruhig sitzen.
    »Die Sitten sind in allen Ländern gleich. Wenn man keine Worte mehr hat, dann setzt man eben mit den Fäusten das Pünktchen aufs ,i'. Meine sind bereit, Monsieur.«
    Jules brach in ein sarkastisches Lachen aus.
    »Ihre Fäuste, Monsieur? Was soll ich damit? Ich bin ja schließlich kein Straßenjunge. Sie haben mich beleidigt, also werden Sie sich sofort entschuldigen. Wenn nicht…«
    »Gut, einverstanden«, erwiderte Lennet, um ihn zu ärgern. »Ich entschuldige mich untertänigst. Sind Sie zufrieden?«
    »Feigling«, zischte Lionette mit einer wegwerfenden Handbewegung.
    »Ich lehne Ihre Entschuldigung ab!« schrie Jules und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Die Beleidigung war zu stark. Wir werden uns schlagen. Ich bin der Beleidigte. Ich wähle Pistolen.«
    »Sie meinen, wir sollten uns duellieren?«
    »Gewiß, Monsieur.«
    »Das ist ja komplett verrückt«, rief Lennet und lachte laut.
    »Man duelliert sich doch schon seit hundert Jahren nicht mehr.«
    »Das kommt darauf an, in welcher Welt man lebt, Dickie«, berichtigte Mick. »In der französischen Aristokratie duelliert man sich jeden Tag.«
    »Mehrmals am Tag, wenn es sein muß«, fügte Lionette hinzu.
    Lennet beobachtete die ganze Szene wie von außen und dachte: Das ist nicht gut gespielt. Aber vermutlich ist das auch schon die hundertste Vorstellung. Er stellte sich naiv.
    »Wirklich?« fragte er. »Man duelliert sich immer noch?
    Nun, wenn es Sitte ist, dann mache ich eben mit. Doch warten Sie, es muß alles nach den Regeln gehen.«
    Er zog aus seiner Brieftasche eine Visitenkarte mit dem Namen »Richard F. Hogan jr.« und streckte sie Jules hin.
    Als Jules sie nehmen wollte, schlug er ihm mit dem Taschentuch ins Gesicht.
    »Tut mir leid«, sagte er, »aber ich habe nicht rechtzeitig an Handschuhe gedacht. Von jetzt ab werde ich immer welche in der Tasche haben.«
    Jules wollte ihm, rot vor Zorn, die Ohrfeige wiedergeben, doch Lennet blockte den Schlag geschickt ab.
    »He, Achtung!« schrie er. »Wir sind doch keine Straßenjungen!«
    »Monsieur Hogan«, sagte Lionette, indem sie nahe an ihn herantrat, »Sie betragen sich wie ein geborener Aristokrat. Ich hoffe, daß Sie nicht im letzten Augenblick noch umfallen.«
    »Jetzt die Zeugen«, meinte Lennet lässig und spielte das schlechte Theaterstück mit. »Ich nehme Mick.«
    »Und ich nehme Baron Neuwasser«, sagte Jules und deutete auf den Spinnenbaron, der gerade in diesem Augenblick den Salon betrat.
    »Monsieur Hogan, was für eine Freude, Sie wiederzusehen«, rief der Baron und machte mit seinen Gummiarmen sonderbare Bewegungen.
    »Nur zwei Zeugen?« fragte Lennet. »Das entspricht aber nicht den Regeln.«
    »Oh, es gibt ein Duell?« bemerkte der Baron wie nebenbei. »Sehr gut, dann werde ich gleich das Beerdigungsinstitut anrufen.«
    »Da ja Monsieur Hogan morgen abfahren muß, schlage ich vor, daß sich jeder mit einem Zeugen begnügt«, meinte Jules.
    »Ich nehme den Vorschlag von Monsieur Unverschämt an«, nickte Hogan. »Ich nehme alle Bedingungen an, die Monsieur Unverschämt vorschlägt. Und ich wette, daß ich erheblich besser schieße als Monsieur Unverschämt.«
    Die beiden Sekundanten gingen in den kleinen Salon und kamen schon wenige Augenblicke später wieder zurück, während Jules und Dickie sich in zwei entgegengesetzte Ecken des großen Salons zurückzogen.
    »Messieurs«, verkündete Neuwasser feierlich, »die Bedingungen sehen folgendermaßen aus: Das Duell findet der größeren Diskretion willen heute um Mitternacht im Park des Schlosses statt. Es ist mondklar, also ist die Sicht ausreichend. Die Gegner nehmen im Abstand von zwanzig Schritt die Grundstellung ein. Dann gehen sie auf ein Kommando aufeinander zu und feuern nach Belieben einen Schuß ab. Wer gibt das Kommando?«
    »Ich fordere, daß Mademoiselle es macht«, sagte Lennet.
    »Eine Frau? Das entspricht nicht der Regel«, protestierte der Baron.
    »Gewiß, aber das regt mich an. Wenn es Monsieur Unverschämt nicht anregt…«
    »Ich habe keine Einwände!« Jules Stimme klang gleichgültig.
    »Gut, meine Herren«, schloß Lionette. »Ich nehme die Ehre an. Von jetzt an wollen wir uns betragen, als sei nichts geschehen. Ich hoffe, das Essen ist gut. Für einen unter ihnen wird es ja das letzte sein.«
    Sie wandte sich zu Lennet. »Kommen sie,
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