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0991 - Der Kopf des Vaters

0991 - Der Kopf des Vaters

Titel: 0991 - Der Kopf des Vaters
Autoren: Jason Dark
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zusammengepreßt worden.
    Der Kopf schwebte vor ihr!
    Er stand tatsächlich zwischen Decke und Fußboden, ohne daß er an einem der beiden befestigt worden wäre.
    Beim Anblick der Leiche und auch bei der Tat selbst hatte Carina nicht so viel Furcht verspürt wie in dieser Szene. Sie kam nicht mehr damit zurecht. Der unheimliche Besuch hatte sie aus der Fassung gebracht, aber sie spürte in ihrem Innern ein Gefühl, das sie bisher kaum kennengelernt hatte.
    Angst!
    Eine schleichende und gleichzeitig bohrende Angst, verbunden mit einem noch kräftigeren Schlagen des Herzens. Die Echos hallten in ihrem Kopf wider. Diese Schläge machten sie für die nächsten Sekunden zunächst benommen. Sie fühlte sich taumelig und hatte den Eindruck, als würde der Schädel vor ihren Augen verschwimmen.
    Plötzlich schwitzte sie. Sie fror auch. Etwas stürmte auf sie ein, das der in der Luft stehende Kopf abstrahlte. Etwas Grauenhaftes, Böses, in der Hölle geboren, teuflisch und zugleich unmenschlich.
    Die ersten Sekunden des Schocks gingen vorbei, und ihr gelang es, sich wieder zu fangen. Der Blick klärte sich. Sie nahm die Konturen so wahr, wie sie waren. Nicht mehr verschwommen, dafür scharf abgegrenzt. Sie schüttelte den Kopf. Dabei stöhnte sie. Die Hände hatte sie gegen ihren Magen gepreßt.
    Wer war der Kopf?
    Es war ein bräunlich-gelb schimmernder Skelettschädel mit leeren Augenhöhlen, mit leeren Nasenlöchern, mit einem grinsenden Gebiß, mit einer hohen Stirn, über der die Schädelplatte lag. Aber genau sie war das Besondere an dem Kopf, denn aus ihr wuchsen die beiden Hörner hervor, die sich zu verschiedenen Seiten hin wegbogen. Sie waren dunkler als das Gebein das Schädels, auch nicht glatt. Sie sahen so aus, als wäre bei ihnen ein Teil auf das andere gesetzt worden, aber sie bogen sich nach außen hin weg und bildeten zwei gefährliche Spitzen.
    Carina Sargasso wußte nicht, was sie noch unternehmen sollte. Sie hatte sich vor einem Mord nicht gefürchtet, auch nicht vor der kopflosen Leiche ihres Mannes hier unten, aber dieser Schädel jagte ihr eine schreckliche Furcht ein.
    Wer war er? Und warum war er gerade zu ihr gekommen? Was hatte ihn zu diesem Besuch getrieben? Dafür mußte es doch einen Grund geben.
    Es gab ihn, das wußte sie, und Carina konnte sich zudem denken, wer dieser Skelettkopf war oder wem er einmal gehört hatte. Aber sie wollte es nicht wahrhaben. Sie hatte durch den Mord an ihrem Mann einen Schlußstrich unter das verpfuschte Leben gezogen, und sie wollte nicht noch einmal in dieses teuflische Netzwerk hineingeraten.
    Aber sie war auf der anderen Seite auch Realistin genug, um sich mit Tatsachen abzufinden, und dieser Kopf war eine Tatsache. Er war zurückgekehrt. Ja, sie wehrte sich jetzt nicht mehr gegen diesen Gedanken. Der Kopf war zu ihr zurückgekehrt, nur eben anders, als sie ihn in Erinnerung hatte. Da gab es weder Haut, Lippen, noch Nase, auch keine Augen, nur den Kopf. Das blanke Gebein, das grinsende Maul, ein totes Stück Materie, das in Wirklichkeit nicht tot war. Der Schädel war hier in den Felsenkeller eingedrungen, obwohl der einzige Zugang abgesperrt war. Carina dachte einen Schritt weiter und kam zu dem Ergebnis, daß der Schädel in der Lage war, feste Hindernisse zu durchschweben. Für ihn waren die Dimensionsgrenzen einfach aufgehoben.
    Das machte ihr zu schaffen. Wenn dieser Kopf nicht wollte, daß sie den Keller verließ, dann kam sie auch nicht mehr raus, denn er war erschienen, um sich zu rächen.
    Sie haßte es, Angst zu haben. Sie haßte es auch, wie eine Greisin zu zittern.
    Jetzt kam bei ihr beides zusammen. Die Angst und das Zittern. Die Angst war der immense Druck, der immer höher stieg und mittlerweile schon die Kehle erreicht hatte. Und das Zittern verstärkte sich, als würde sie von einer Maschine durchgeschüttelt werden.
    Carina spürte den Druck hinter den Augen, als würden die Pupillen gleich aus den Höhlen gedrängt werden.
    Sie holte mit offenem Mund Luft und suchte dabei nach den richtigen Worten. Wie sollte sie beginnen? Was sollte sie anfangen? Was sollte sie ihm sagen?
    Ihr fehlten die Worte. Sie fühlte sich so schrecklich eingeengt.
    Unsichtbare Gitterstäbe hielten den Körper fest und drückten immer härter gegen ihn.
    Der Schädel stand da. Er bewegte sich um keinen Millimeter zur Seite.
    Trotz der tiefen und leeren Augenhöhlen kam es der Frau vor, als würde sie genau von ihm angeschaut und beobachtet. Nur ihr selbst gegenüber
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