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0982 - Die Kinder der Zeitsäufer

0982 - Die Kinder der Zeitsäufer

Titel: 0982 - Die Kinder der Zeitsäufer
Autoren: Oliver Fröhlich
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bist du?«
    Erneut erklang die Antwort des Hundes. Genauso leise wie vorhin.
    »Was macht der denn?«, fragte Javier, der angekeucht kam. »Jagt der aufgescheuchte Kaninchen?«
    Araminta zuckte mit den Schultern. »Komm weiter!«
    Sie rannte den Wanderweg entlang. Nach einigen Metern erreichte sie eine Abzweigung. Ein schmaler Pfad bog von der Wanderroute ab und führte in ein lichtes Wäldchen am Fuß einer steilen Felswand.
    »Arlo?«
    Diesmal klang das Bellen lauter.
    »Hier entlang!« Sie hetzte über einen Trampelpfad und Javier folgte ihr.
    Kaum hatten sie das Wäldchen betreten, hörten sie Arlo zum nächsten Mal. Sein Bellen ging in ein dauerndes heiseres Kläffen über.
    Araminta blieb wie angewurzelt stehen. »Das kommt von da drüben!«
    Sie deutete in Richtung der Felswand. Im gleichen Augenblick verwandelte sich das Kläffen in ein jämmerliches Jaulen und brach kurz darauf ab.
    »Was hat er nur?«, fragte der Junge.
    Erneut bestand Aramintas Antwort aus einem Schulterzucken. Dann rannte sie weiter. Dicht gefolgt von Javier, hetzte sie zwischen den Bäumen durch, umkurvte dorniges Gestrüpp und verharrte so plötzlich, dass ihr Freund sie beinahe umrannte.
    Mit ungläubigem Blick starrte sie den Spalt im Fels an, der ihnen entgegengähnte. Araminta kannte die Wanderwege der Umgebung, die Wiesen und Wälder so gut wie den Inhalt ihres Kleiderschranks. Sie kannte die Bäume, wusste, auf welche man gefahrlos klettern konnte, wusste, wo welche Blumen blühten, und sie kannte die Felswand, vor der sie standen.
    Der Spalt allerdings war ihr neu.
    Er ragte etwa drei Meter in die Höhe. Oben nur wenige Zentimeter schmal, klaffte er unten breit genug, dass zwei Menschen bequem nebeneinander hindurchgehen konnten.
    Sie sah ihren Freund an. »Hast du den schon mal gesehen?«
    »Nein.«
    »Ob der gerade erst beim Erdbeben entstanden ist?«
    »Möglich.«
    Da ertönte wieder Arlos Bellen. Diesmal klang es hektisch und aggressiv.
    »Das kommt aus dem Spalt!«, brachte Araminta hervor. »Wir müssen rein.«
    »Was? Das ist viel zu gefährlich! Du weißt doch nicht, was dich dahinter erwartet. Wenn er erst entstanden ist, können Brocken von der Decke fallen oder was weiß ich für Dinge passieren.«
    Sie machte einen Schritt auf den Felsriss zu. »Doch, ich weiß, was mich erwartet: Arlo! Mit ihm stimmt etwas nicht. Kannst du das nicht hören?«
    »Aber da drin ist es dunkel. Lass uns ins Dorf gehen und Hilfe holen.«
    »Und meinem Vater erklären, was ich mit dir hier gemacht habe?«
    Sie sah sich einen Augenblick um und überlegte.
    »Schau mal, ob du einen stabilen Ast findest.«
    Javier seufzte. »Von mir aus.«
    Kaum hatte er sich abgewandt, zog Araminta erst die Jacke und dann ihr T-Shirt aus. Danach schlüpfte sie zurück in die Jacke und zog den Reißverschluss zu.
    »Reicht der?«, fragte der Junge, als er aus dem Wald zurückkam. In der Hand hielt er einen armlangen Ast.
    Sie nickte, nahm den Ast entgegen und wickelte das Shirt um das obere Ende. Aus der Jackentasche kramte sie eine Schachtel Fortuna-Zigaretten, aus der sie ein Feuerzeug fischte.
    »Du rauchst?«
    Araminta verdrehte die Augen. »Ist das jetzt wichtig? Komm, wir müssen Arlo suchen!«
    Ohne ihre Behelfsfackel bereits anzuzünden, trat sie durch den Spalt.
    Ihr Freund zögerte noch einen Moment, dann folgte er ihr ins Verderben.
    ***
    Die Zeilen auf dem Monitor vor Dylan McMour verschwammen. Buchstaben tanzten durcheinander, Artikel, Bilder, Foreneinträge - alles bildete einen einzigen Mischmasch.
    Der Schotte lehnte sich stöhnend im Schreibtischstuhl zurück und streckte sich. Die linke Schulter fühlte sich an wie eingerostet.
    Verspannungen! Kein Wunder nach den Stunden vor dem Bildschirm.
    Und trotzdem: Lieber plagte er sich mit zu Stein verhärteten Muskeln, als ständig von den geistigen Bildern heimgesucht zu werden. Allein die kleine Pause, die er gerade einlegte, reichte seinem Bewusstsein aus, ihm immer die letzten Minuten in Leon Kerths Lagerhalle vorzuspielen. Ein Erinnerungsfilm in Dauerschleife.
    Er, festgebunden. Auf einer Pritsche? In einem Gestell? Dieses Details konnte er sich nicht mehr entsinnen. Dafür sah er den Gosh-Dämon umso klarer vor sich. Dieses widerliche, bleiche Wesen mit seiner fast transparenten Haut. Darunter pulsierten schwarze Adern, pumpten die Bosheit durch den Dämonenleib.
    Am deutlichsten aber erinnerte er sich an den Mund. Dieses starre Loch, die wulstigen Lippen, die nadelspitzen Zähne in den
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