Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
098 - Der Kerkermeister

098 - Der Kerkermeister

Titel: 098 - Der Kerkermeister
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
beiden Männer mir gegenüber waren etwa drei Meter entfernt. Ich hob das Schwert höher, biß die Zähne zusammen und spannte die Muskeln.
    Der Herrscher hob beide Hände. Sein Gesicht war plötzlich in mattes rotes Licht getaucht. Er sagte etwas, das ich nicht verstand. Doch es hörte sich wie eine Beschwörung oder ein Gebet an.
    Er ließ die Hände sinken und kam einen Schritt näher. Ich atmete tief durch.
    „Hör mir zu, Michele da Mosto", sagte er und kam noch näher.
    Das war die Chance, auf die ich gewartet hatte. Ich wandte ihm den Kopf zu und…

    Gegenwart.
    Der Dämonenkiller bäumte sich auf und stieß einen schrillen Schrei aus. Sein Gesicht war schweiß- überströmt. Seine Augen waren glasig.
    „Erzählen Sie weiter, Hunter!" drängte Olivaro. „Aber die Wahrheit. Lösen Sie die Sperre, Hunter. Sie müssen sich daran erinnern. Was geschah dann?"
    „Laß ihn in Ruhe, Olivaro", sagte Coco heftig. Sie griff nach einem Tuch und wischte Dorian den Schweiß von der Stirn. Dann reichte sie ihm ein Glas Wasser.
    „Ich lasse ihn erst in Ruhe, wenn er sich erinnert", knurrte Olivaro. „Der Kokuo sprach zu Ihnen, und Sie sahen ihn an. Weiter! Sprechen Sie schon weiter, Hunter! Erinnern Sie sich endlich!"
    Der Dämonenkiller schloß die Augen. Seine Lider zitterten. Er öffnete den Mund und strich sich mit der Zunge über die trockenen Lippen.
    „Ich sprang auf!" stieß er hervor. „Ja, so war es. Ich sprang auf, Franca kam näher. Ich stürzte auf den Herrscher zu, Marzi warf sich dazwischen. Mir blieb keine andere Wahl. Ich köpfte Franca." Dorian keuchte. „Ja, so war es. Ich packte den Herrscher, setzte ihm das Schwert an die Kehle und schrie ihm zu, daß er seinen Männern befehlen solle, sich zurückzuziehen. Sonst würde ich ihm die Kehle durchschneiden."
    „Und dann?" fragte Olivaro.
    Dorian stöhnte. „Ja, der Herrscher gehorchte. Die Krieger zogen sich zurück. O-Yuki schenkte einem Knaben das Leben. Ich befahl dem Herrscher, zwei Pferde bringen zu lassen. Wieder gehorchte er. Das neugeborene Kind mußten wir zurücklassen. Wir bestiegen die Pferde. Dem Herrscher hatte O-Yuki die Hände gebunden. Er lag vor mir auf dem Sattel. Wir ritten los und verließen den Palast. Nach wenigen hundert Metern kamen uns Samurai-Krieger entgegen, die unter dem Befehl des Daimyo Minamoto standen. Er war gekommen, um den Tod seiner sechs Krieger zu rächen. Ich übergab ihm den Kokuo. Dann erfolgte der Angriff auf die Burg. Minamotos Samurais gewannen die Schlacht. Der Kokuo wurde von Minamoto geköpft. Wir fuhren nach Nagasaki. Ich blieb zusammen mit O-Yuki, und wir zogen ihren Sohn auf. Sie störte mein fürchterliches Aussehen nicht. Ich lebte mit ihr zusammen, bis ich 1610 starb. So war es."
    Olivaro lachte durchdringend. „Diesen Blödsinn glauben Sie doch selbst nicht, Hunter! Ihre Erzählung ist richtig - bis zu dem Zeitpunkt, da Sie auf den Kokuo losstürmten. Von da an lügen Sie. Sehen Sie endlich der Wahrheit ins Gesicht, Hunter. Sie machen sich selbst etwas vor. Versuchen Sie, sich an Einzelheiten zu erinnern. Sie werden sehen, daß es Ihnen nicht gelingen wird. Das alles haben Sie sich eingeredet. Sie wollen Ihre Erinnerung an das, was wirklich geschehen ist, verdrängen. Wollen Sie die Wahrheit hören, Hunter? Die reine Wahrheit?"
    „Nein", sagte Dorian leise. „Nein, ich will sie nicht hören."
    „Überlegen Sie es sich, Hunter. Ich ziehe mich jetzt zurück, doch ich werde mich wieder bei Ihnen melden. Erinnern Sie sich endlich. Es ist wichtig. Sie bekommen Besuch, Hunter. Ihr Steinzeitfreund ist unterwegs. Bei ihm sind noch Fred Archer und Abi Flindt."
    „Aber wie haben sie Dorians Aufenthaltsort gefunden?" fragte Coco verwundert. „Ich hypnotisierte den Arzt, den Fahrer und die beiden Sanitäter."
    „Der Steinzeitmensch scheint recht tüchtig zu sein", stellte Olivaro fest. „Bis später."
    Der Dämonenkiller schloß die Augen. Im Augenblick nahm er seine Umgebung nicht wahr. Er hing seinen Gedanken nach. Hatte Olivaro tatsächlich recht, und versuchte er, die Erinnerung an die Vergangenheit zu verdrängen? Wieder versuchte er, sich zu erinnern. Alles stand plastisch vor seinem geistigen Auge.
    Deutlich hörte er die Stimme des Herrschers.
    „Hör mir zu, Michele da Mosto."
    Aber alles, was danach geschehen war, verwischte sich - als würde er einen schlecht belichteten Film sehen. Und alles lief im Zeitraffertempo ab. Alles war verschwommen und unwirklich.
    Olivaro hatte offenbar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher