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097 - Das Dämonenbuch

097 - Das Dämonenbuch

Titel: 097 - Das Dämonenbuch
Autoren: Frank deLorca
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einem inneren Feuer zum düsteren Glimmen gebracht.
    Der Geschäftsmann zuckte zurück, als hätte ihn ein Insekt gestochen. Rückwärts stolperte er zurück ins Zimmer, fiel über die Schwelle und stürzte zu Boden.
    Kaum am Boden, rappelte er sich schon wieder auf und warf seine schmächtige Gestalt gegen den Türrahmen. Er atmete keuchend auf, als er den Hebel wieder in Ausgangsposition gebracht hatte.
    Sheller hatte sich nicht getäuscht. Da draußen war etwas. Etwas Schreckliches.
    Er hatte es nicht genau erkennen können, er wusste nur, dass eine tödliche Gefahr von diesem riesenhaften Etwas ausging, das wie ein überdimensionierter Kondor auf der Brüstung seines Balkons saß.
    Kondor – ja, das war es. Sheller war einmal in den südamerikanischen Anden gewesen. Er hatte dort Vögel dieser Art gesehen, eineinhalb Meter hoch und mit einer Spannweite von mehr als drei Metern.
    Das Gebilde dort draußen erinnerte ihn an diese Vögel. Nur – wie kam ein Kondor in die Londoner City?
    Emanuel Sheller hastete zum Telefon. Er war sich jetzt seiner Sache sicher. Die Angst schnürte ihm fast die Kehle zu. Er musste etwas tun, bevor sie seinen Verstand und damit seine Handlungsfähigkeit lähmte.
    Er wählte, drückte den Hörer ans Ohr.
    Nichts.
    Die Leitung war tot.
    »Ausgerechnet jetzt!« fluchte Sheller und warf den Hörer auf die Gabel zurück, rannte zur Tür.
    Er drückte vergeblich auf die Klinke.
    »Verdammt«, zischte er. »Ich habe doch nicht abgeschlossen.«
    Panik überspülte ihn wie eine Flutwelle, aber er erkannte, dass er eingesperrt war.
    Und die Balkontür hatte eine Glasfüllung. Aus Doppelglas – ja, aber eben nur Glas.
    Mit einer fahrigen Bewegung wischte sich der Geschäftsmann über die Stirn. Der Handrücken wurde nass vom kalten Schweiß, der aus allen Poren brach und in kleinen Rinnsalen über die Schläfen einen Weg durch die Krähenfalten suchte.
    Sheller sah zum Fenster und erstarrte.
    Das war kein Kondor. Nirgends auf der Welt waren sie rot. Die Andenvögel waren hässlich. Dieser hier war schön. Er war von einer grauenvollen, bizarren Schönheit.
    Auf einem Schwanenhals, der wie ein Schlangenkörper suchend hin und her schwang, saß ein blutroter Schwanenkopf.
    Doch der Schnabel war nicht flach, sondern gekrümmt und scharf wie der eines Geiers.
    Auch haben Vögel keine Zähne. Dieser hatte welche. Zwei violette Reißzähne ragten neben dem scharfen Schnabel gefährlich blitzend abwärts.
    Doch die Ähnlichkeit mit einem Vogel blieb. Schwingen tauchten über den Rand des Fensters. Schwingen mit ausgestellten Krallen daran, rot schillernd gefiedert, irisierend im Schein der Zimmerbeleuchtung.
    Diese Krallen, der Schnabel und die spitzen Zähne – damit würde dieser Vogel ihn bei lebendigem Leibe in Stücke reißen, ihn zerfetzen können, das wurde Sheller klar.
    Die Vorstellung, lebendig zerfleischt zu werden, war grauenhaft.
    Die Schwingen verschwanden, tauchten vor der Tür wieder auf.
    Dann dieser Kopf mit den gelb glimmenden Augen, die nicht an der Seite des Schädels waren, sondern nach vorn starrten.
    Das Apartment bestand aus zwei Räumen. Das Zimmer nebenan war zum Schlafen bestimmt. Emanuel Sheller sprang beim ersten Schnabelhieb gegen die Scheibe darauf zu. Er wollte schreien, doch kein Ton löste sich von seinen Lippen.
    Gott sei Dank! Die Tür zum Schlafraum ließ sich öffnen.
    Er warf sie hinter sich zu, drehte den Schlüssel im Schloss.
    Es war dunkel. Er getraute sich nicht, Licht zu machen.
    Dann ein Bersten und Krachen im anderen Zimmer. Das Splittern von Glas, Krallen, die über den Boden kratzten. Pochende Schläge an der verschlossenen Tür.
    Emanuel Sheller spürte sein Herz rasen, fühlte den Puls pumpend und dröhnend laut in den Schläfen pochen.
    Er sank auf das Bett zurück, stützte sich auf seine Ellenbogen.
    Mit einer Hand griff er sich an den Hals. Er wollte den Kragen öffnen. Er bekam plötzlich keine Luft mehr.
    Schwarze Dunkelheit vor seinen weit aufgerissenen Augen.
    Seine Finger tasteten heftig zitternd zum Lichtschalter der Nachttischlampe, fanden ihn nicht. Es war, als würde sich eine tonnenschwere Last auf seine Brust senken.
    Dann war plötzlich Licht in diesem Krachen an der Tür. Ein kleines, ausgesplittertes Loch, in das ein gieriger Schnabel hämmerte, um es zu vergrößern.
    Der grausam schöne Kopf wurde sichtbar.
    Der gekrümmte Geierschnabel hackte in das Holz, und die Öffnung wurde rasch größer.
    »Zu Hilfe!« schrie Emanuel
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